Schwieriges Verhältnis: Griechenland und die EU. (Bild: Fotolia/PAK Design)
Ausland

Bei der Sondersitzung am Freitag erteilten letztlich aber 439 Parlamentarier der schwarz-roten Bundesregierung ein Mandat für Gespräche der Geldgeber mit der Athener Regierung über ein drittes Hilfspaket sowie für eine kurzfristige Brückenfinanzierung. Das Hilfspaket soll nach bisherigen Planungen bis zu 86 Milliarden Euro für drei Jahre umfassen. Der Großteil soll aus dem Euro-Rettungsfonds ESM kommen, […]

Bei der Sondersitzung am Freitag erteilten letztlich aber 439 Parlamentarier der schwarz-roten Bundesregierung ein Mandat für Gespräche der Geldgeber mit der Athener Regierung über ein drittes Hilfspaket sowie für eine kurzfristige Brückenfinanzierung. Das Hilfspaket soll nach bisherigen Planungen bis zu 86 Milliarden Euro für drei Jahre umfassen. Der Großteil soll aus dem Euro-Rettungsfonds ESM kommen, ein weiterer Anteil vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Bis zum Abschluss der Verhandlungen erhält Griechenland bis Mitte August zunächst sieben Milliarden Euro Brückenfinanzierung. Das ausgehandelte Hilfspaket bedarf dann erneut der Zustimmung des Bundestags – womöglich schon in wenigen Wochen während der parlamentarischen Sommerpause.

Wir würden grob fahrlässig, ja unverantwortlich handeln, wenn wir diesen Weg nicht wenigstens versuchen würden.

Angela Merkel

Merkel nannte den Kompromiss vom vorigen Montag hart für die Griechen, aber auch für die Euro-Partner. Die im Raum stehenden Finanzhilfe sei eine nie gekannte europäische Solidarität. Zur Frage, ob die Vorteile der Einigung die Nachteile überwiegen, sagte sie: „Meine Antwort lautet aus voller Überzeugung: Ja.“ Merkel fügte hinzu: „Wir würden grob fahrlässig, ja unverantwortlich handeln, wenn wir diesen Weg nicht wenigstens versuchen würden.“ Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach von einem letzten Versuch, um das extrem schwierige Schulden-Problem Griechenlands zu lösen: „Ich bin davon überzeugt, dass diese Lösung funktionieren kann.“ Er wandte sich gegen „verzerrende Polemik“. Hintergrund ist Schäubles Vorschlag für ein zeitweises Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro („Grexit“) als eine Option, um die Schuldenlast zu senken.

Widerstand größer als erwartet

Bei der namentlichen Abstimmung nach mehr als dreistündiger Debatte stimmten 119 Abgeordnete mit Nein, 40 enthielten sich. Abgegeben wurden 598 Stimmen, insgesamt hat der Bundestag 631 Sitze. Der Widerstand in der Union war größer als erwartet: 60 Abgeordnete von CDU und CSU stimmten gegen das von der Regierung vorgelegte Maßnahmenpaket, 5 enthielten sich. Nach der Fraktionssitzung vom Donnerstagabend war die Union noch von 48 Abweichlern ausgegangen. Die SPD-Fraktion stellte sich nahezu geschlossen hinter die Pläne. Prominente Nein-Stimmen der Union kamen unter anderem von Wolfgang Bosbach (CDU), Klaus-Peter Willsch (CDU), dem Vorsitzenden der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung, Carsten Linnemann (CDU), und dem Unternehmer Christian Freiherr von Stetten (CDU). Aus der CSU waren es unter anderem Peter Ramsauer, Finanzausschuss-Obmann Hans Michelbach und die ehemalige wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Dagmar Wöhrl. Insgesamt 241 CDU/CSU-Abgeordnete stimmten mit Ja.

Weitere Reformen stehen an

Nach monatelanger Hängepartie kann Griechenland ab sofort mit seinen Geldgebern über neue Milliardenhilfen verhandeln. Auch die Euro-Finanzminister billigten den Start neuer Gespräche. In Athen warf Ministerpräsident Alexis Tsipras seine schärfsten Kritiker aus dem Kabinett. Bei der Regierungsumbildung wurden Energie- und Umweltminister Panagiotis Lafazanis und der stellvertretende Minister für Sozialthemen, Dimitris Stratoulis, geschasst. Die beiden gelten als Anführer des linken Flügels der regierenden Syriza-Partei.

Die wegen der Finanzkrise seit drei Wochen geschlossenen Banken in Griechenland werden am Montag wieder öffnen. Der entsprechende Erlass soll noch heute unterzeichnet worden, hieß es in Athen. Allerdings werden die meisten Kapitalverkehrskontrollen in Kraft bleiben. Im Moment können die Griechen pro Tag höchstens 60 Euro von ihren Konten abheben. Überweisungen ins Ausland sind nur nach einer Genehmigung der Zentralbank und des Finanzministeriums möglich. Und ebenfalls am Montag soll Griechenland auch einen ersten Vorschlag zur Modernisierung der Verwaltung vorlegen. Deren Ineffizienz gilt als eines der größten Hindernisse bei der Umsetzung von Reformen. Am 22. Juli soll Athen beschließen, die Gerichtsverfahren zu beschleunigen und die Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken umsetzen.

(dpa/avd)