Der Gewinner der Wahlen in Österreich: Sebastian Kurz. (Bild: imago images / ZUMA/Omar Marques)
Österreich

Kurz gewinnt die Wahl

Sebastian Kurz hat die Wahl in Österreich gewonnen. Mit 38,4 Prozent ist seine ÖVP der klare Sieger. Die Koalitionsbildung im Nachbarland wird aber schwierig.

Die konservative ÖVP ist der große Sieger der Parlamentswahl in Österreich. Die ÖVP mit Parteichef Sebastian Kurz kam laut Hochrechnungen auf 38,4 Prozent der Stimmen und legte damit 6,9 Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl 2017 zu. Die Briefwahl fehlt allerdings noch.

Heute hat uns die Bevölkerung zurückgewählt!

Sebastian Kurz

Die Wahl zeigte eines deutlich: Die Österreicher wollen Sebastian Kurz erneut als Bundeskanzler. Kurz freute sich über „ein unfassbares Ergebnis“. Und weiter: „Wir sind überglücklich und wir werden alles tun, um respektvoll, demütig und vor allem mit großer Dankbarkeit gegenüber den Wählerinnen und Wählern mit diesem Vertrauen umzugehen.“ Bei der ÖVP brandete direkt nach der ersten Hochrechnung tosender Applaus auf – die „Kanzler Kurz“-Sprechchöre waren so laut, dass die TV-Interviewer kaum mehr zu hören waren.

Rekord der ÖVP

Der Abstand der ÖVP auf die zweitstärkste Kraft beträgt mehr als 15 Punkte – ein Rekordwert bei Nationalratswahlen in der Alpenrepublik. Am Sonntag waren 6,4 Millionen Österreicher zur Wahl aufgerufen. Da mehr als eine Million Stimmen von Briefwählern erst am Montag ausgezählt werden, wird am Sonntagabend von Seiten der Wahlleitung nur das Ergebnis der Urnenwahl verkündet. Die Hochrechnungen berücksichtigen aber bereits das voraussichtliche Ergebnis der Briefwahl. Die rund eine Million Briefwahlstimmen sollen im Laufe der Woche ausgezählt werden.

Mit Mut zu Haltung (…) und dem Willen zur politischen Führung ist ein beeindruckender Wahlerfolg für die Volkspartei gelungen.

Jens Spahn, CDU

Die Wahl war durch den Bruch der ÖVP-FPÖ-Koalition im Mai nötig geworden. Das Bündnis zerbrach wegen des Skandals um das Ibiza-Video, das den Ex-Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache massiv in Misskredit gebracht hatte und ihn anfällig für Korruption erscheinen lassen. Die Wahlbeteiligung lag laut vorläufigem Wahlergebnis bei 60,6 Prozent. Die Briefwähler werden den Angaben zufolge die Beteiligung aber noch stark anheben, Hochrechnungen zufolge auf knapp über 75 Prozent.

Damit wird Österreich stärker.

Markus Söder

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) twitterte: „Damit wird #Österreich stärker.“ Auch CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn twitterte: „Mit Mut zu Haltung (…) und dem Willen zur politischen Führung ist ein beeindruckender Wahlerfolg für die Volkspartei gelungen.“

FPÖ der große Verlierer

Die Verlierer der Wahl sind die rechte FPÖ und die Sozialdemokraten. Für die SPÖ von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner reichte es nur zu 21,5 Prozent – ein Minus von 5,3 Prozentpunkten und der historisch schlechteste Wert der SPÖ. Noch deutlicher fiel die Niederlage für die krisengebeutelte FPÖ aus, die nur 17,3 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte. Vor zwei Jahren erhielten die Rechtspopulisten noch 26,0 Prozent. Generalsekretär Harald Vilimsky deutete an, dass die FPÖ ihre Rolle künftig in der Opposition sieht. Die liberalen Neos verbesserten sich um 2,1 Prozentpunkte auf 7,4 Prozent, die Gruppe „Jetzt“ fällt mit nur noch 2,2 Prozent aus dem Parlament.

Die Grünen mit Spitzenkandidat Werner Kogler schafften auch dank der derzeitigen Klimahysterie mit 12,4 Prozent (+8,6 Prozent) den Wiedereinzug ins Parlament und stellten ihren Rekordwert von 2013 praktisch ein. Damit hätten ÖVP und Grüne überraschenderweise gemeinsam genügend Stimmen für ein Bündnis, liegen aber in wesentlichen Fragen wie Klima und Migration weit auseinander.

Die Sitzverteilung: ÖVP 73 (+11), SPÖ 41 (-11), FPÖ 32 (-19), Grüne 23 (+23) und Neos 14 (+4). Die Jetzt-Gruppe verliert ihre 8 Mandate.

Österreich modernisieren

Die ÖVP hatte den Wahlkampf ganz auf Ex-Kanzler Kurz zugeschnitten. Der 33-Jährige warb damit, dass er den Weg der Modernisierung des Standorts Österreich fortsetzen wolle. Viele Wähler – so ein Ergebnis der TV-Duelle – sprechen ihm hohe Wirtschaftskompetenz zu. Migrations- und Asylfragen spielten keine so dominante Rolle wie im Wahlkampf 2017, waren aber weiter von großer Bedeutung. So hat Kurz sein klarer Kurs einer Begrenzung der Migration ebenfalls geholfen.

Die FPÖ hatte für eine Fortsetzung der bisherigen ÖVP-FPÖ-Koalition geworben und vor einem Linksruck bei einer Koalition der ÖVP mit anderen Parteien gewarnt. Die SPÖ setzte auf Themen wie bezahlbares Wohnen, einen steuerfreien Mindestlohn von 1700 Euro und generell Menschlichkeit. Die Grünen fordern unter anderem eine CO2-Steuer, günstige Tickets für den Nahverkehr und eine flächendeckende Lkw-Maut.

Ibiza und seine Folgen

Das von Spiegel und Süddeutscher Zeitung veröffentliche Ibiza-Video von 2017 hatte eine Kettenreaktion ausgelöst. Nach dem Rücktritt Straches von allen Ämtern kündigte Kurz auch die Koalition auf. Wenige Tage später folgte ein Misstrauensvotum, mit dem Kurz als Kanzler vom Nationalrat gestürzt wurde. Seitdem regiert ein Expertenkabinett unter Kanzlerin Brigitte Bierlein das Land. Es bleibt bis zur Bildung einer neuen Regierung im Amt.

Der Wahlkampf war zuletzt auch geprägt von Vorwürfen, dass der Ex-FPÖ-Chef Strache über ein üppiges Spesenkonto verfügt haben und bei der Abrechnung von Belegen nicht korrekt vorgegangen sein soll. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen den 50-Jährigen wegen des Verdachts der Untreue. Strache weist die Vorwürfe vehement zurück.

Wähler wollen ÖVP-FPÖ-Koalition

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky interpretierte die Wahlniederlage als „Auftrag für einen Neustart“. „Wir interpretieren das nicht als unser Ziel, hier in Regierungsverhandlungen eintreten zu wollen. Dafür hat uns der Wähler nicht stark gemacht“, sagte Vilimsky.

Kurz hat sich bisher bedeckt gehalten, mit welchem Partner er weiter regieren möchte. „Es gilt, was ich vor der Wahl gesagt habe: Wir werden mit allen Parteien sprechen“, so der ÖVP-Politiker. Eine Fortsetzung der ÖVP-FPÖ-Koalition wurde bisher laut Umfragen von vielen Wählern am meisten gewünscht. Viele politische Beobachter rechnen aber mit zähen Verhandlungen und einer Regierungsbildung erst rund um den Jahreswechsel.

(dpa)