Der Klimawandel führt zu immer mehr Dürren. Hier: Vertrockneter Baum in Südafrika. (Bild: imago/Dieter Mendzigall)
USA

Klimaschutz ade?

Die USA kündigt das Pariser Klimaschutzabkommen auf und zieht damit weltweite Kritik auf sich. Doch geht Trumps Plan auf, mit solchen Entscheidungen endlich die Beliebtheit als Präsident der Amerikaner zu erlangen, die ihm so wichtig ist?

US-Präsident Donald Trump hat verkündet, dass sich die USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen zurückziehen werden. Der Vertrag sei nicht gut und „auf höchster Ebene ungerecht“ für die USA. Die Vereinbarung bedeute eine massive Umverteilung des Vermögens der Vereinigten Staaten an andere Länder. Sein Motto sei aber „America first“, Amerika zuerst. Trump kritisierte außerdem, dass jetzige Abkommen lade die Kosten bei den amerikanischen Bürgern ab. Er sei gewählt worden, um „Pittsburgh zu repräsentieren, nicht Paris“. Er hatte im Wahlkampf versprochen, Arbeitsplätze in der Kohleindustrie erhalten und neue schaffen zu wollen.

Ich wurde gewählt, um Pittsburgh zu repräsentieren, nicht Paris.

Donald Trump

Man wolle nun sofort mit Verhandlungen für ein besseres Abkommen beginnen, sagte Trump. Es müsse klar sein, dass ein neuer Vertrag besser für die amerikanischen Arbeiter sei. Mit diesem Schritt stellt er die USA weltweit ziemlich allein, nur noch Nicaragua und Syrien lehnen den Pariser Vertrag ab. Dennoch behauptete Trump: „Der Rückzug liegt im ökonomischen Interesse und wird für das Klima keine Rolle spielen.“

Trump hofft auf Rückenwind

Der Republikaner löste mit dem Ausstieg ein zentrales Wahlkampfversprechen ein und setzt seine harte Linie unter der Devise „Amerika zuerst“ fort. Der wegen der Russland-Affäre schwer angeschlagene Präsident verspricht sich von seiner Ankündigung auch innenpolitischen Rückenwind.

Es ist seine bislang folgenschwerste Entscheidung. Der Klimapakt von Paris sieht vor, die Erderwärmung in den kommenden Jahrzehnten zu bremsen – und damit auch dramatische Folgen wie Dürren und einen Anstieg der Weltmeere. Das Abkommen gilt als historisch, weil sich erstmals fast alle Länder beteiligen wollen. Die USA sind weltweit nach China zweitgrößter Produzent von Treibhausgasen.

Pittsburgh spielt nicht mit

Der Bürgermeister von Pittsburgh, der Demokrat Bill Peduto, wies die Vereinnahmung durch Trump gleich von sich: „Ich bin entsetzt, dass der Präsident meine Stadt benutzt, um seine inakzeptable Entscheidung zu rechtfertigen, so wie viele andere Pittsburgher hier.“

Ich bin entsetzt, dass der Präsident meine Stadt benutzt, um seine inakzeptable Entscheidung zu rechtfertigen.

Bill Peduto, Bürgermeister von Pittsburgh

Die Sympathien seiner Stadt gelten eher Paris als Washington, twitterte Peduto, jedenfalls wenn es um den Kampf gegen den Klimawandel gehe. „Ich war einer der Bürgermeister der Länder, die nach Paris gingen, um für das Abkommen zu kämpfen“, fügte der Demokrat noch hinzu. „Meine Stadt, die sich von Jahrzehnten des industriellen Blutvergießens endlich erholt hat, wird alles Mögliche tun, um für unsere eigenen Umweltstandards zu werben.“ Er könne versichern, dass seine Stadt den Richtlinien des Pariser Abkommens folgen werde, „für unsere Menschen, unsere Wirtschaft und unsere Zukunft“.

Umgehender Widerstand

Da hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem italienischen Regierungschef Paolo Gentiloni längst eine Erklärung herausgegeben. Tenor: Neuverhandlungen kommen überhaupt nicht infrage. „Wir brauchen dieses Pariser Abkommen, um unsere Schöpfung zu bewahren, nichts kann und wird uns dabei aufhalten“, sagte Merkel. Deutschland werde seine eingegangenen Verpflichtungen erfüllen. Das Abkommen werde zu einem Erfolg führen, auch wenn der Weg steinig sei.

Beim Klima gibt es keinen Plan B, weil es keinen Planeten B gibt.

Emmanuel Macron, Frankreichs Präsident

Merkel hat die Weltgemeinschaft hinter sich. „Ich sage Ihnen heute Abend mit viel Kraft: Wir werden keinen weniger ehrgeizigen Vertrag neuverhandeln. In keinem Fall“, betonte auch Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron. „Beim Klima gibt es keinen Plan B, weil es keinen Planeten B gibt.“ Er lud amerikanische Wissenschaftler und Unternehmer ein, wenn sie von Trumps Entscheidung enttäuscht seien, doch nach Frankreich zu kommen, um gemeinsam an Lösungen für das Klima zu arbeiten.

Trump hingegen hat sich aber nicht nur von Europa, sondern auch von lange gepflegten engen Partnerschaften mit Ländern wie Kanada, Japan oder Australien entfernt. Nun sei es umso wichtiger, dass andere „Hauptakteure“ wie die EU, China und Indien gemeinsam voranschreiten, um die Ziele des Abkommens dennoch umzusetzen, kommentierte die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete Trumps Ankündigung als „große Enttäuschung“.

Obama verurteilt Austritt

Trump sicherte Merkel sowie anderen Staats- und Regierungschefs in Telefonaten zwar auch weiterhin eine führende Rolle seines Landes im Umweltschutz zu. Amerika sehe sich weiter der transatlantischen Partnerschaft verpflichtet und werde unter Trumps Ägide das sauberste und umweltfreundlichste Land der Erde sein, hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses.

Innenpolitisch zeigte sich einmal mehr der tiefe Spalt zwischen den beiden Parteien in den USA. Trumps Republikaner begrüßten die Ankündigung fast geschlossen. Die Demokraten kritisierten sie scharf. Auch Trumps Vorgänger Barack Obama äußerte sich deutlich. „Diese Regierung schließt sich einer kleinen Handvoll Nationen an, die die Zukunft verleugnen“, hieß es in einer Stellungnahme.

Viele Unternehmen gegen Trump

Auch Hunderte US-Unternehmen haben in einem offenen Brief den US-Präsidenten für seine Entscheidung kritisiert. Technologiefirmen wie Intel, Hewlett-Packard und Tesla sowie große Lebensmittelkonzerne und Kleidungsunternehmen unterzeichneten. Die Firmen betonten, sie fühlten sich dem Klimaschutz weiterhin „zutiefst verpflichtet“. Ihr Ziel sei eine energieeffiziente und wenig Treibhausgase ausstoßende US-Wirtschaft. „Sich vom Ziel einer emissionsarmen Wirtschaft zu verabschieden, setzt den amerikanischen Wohlstand aufs Spiel“, heißt es weiter. Der Chef des Unterhaltungskonzerns Walt Disney will nicht länger als Berater von Präsident Donald Trump herhalten. Er ziehe sich aus dem Beratergremium des Präsidenten zurück, schrieb Robert Iger im Kurznachrichtendienst Twitter. Zuvor hatte sich schon der Chef des Elektroautobauers Tesla, Elon Musk, zu diesem Schritt entschlossen.

Das Ausscheren der USA aus dem globalen Klimaschutz schadet nach Ansicht der deutschen Maschinenbau-Industrie der Weltwirtschaft. „Die Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen kann Hand in Hand gehen mit wirtschaftlichem Wachstum, wenn Unternehmen Planungssicherheit für Investitionen in effiziente Technologien haben“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands VDMA, Thilo Brodtmann, in Frankfurt.

Aufschwung für den Klimaschutz?

Doch geht Trumps Plan überhaupt auf, mit Schritten wie dem Paris-Rückzug seine eigene Wählerbasis zu befrieden? Endlich die Beliebtheit als Präsident der Amerikaner zu erlangen, die ihm so wichtig ist und für die er fast alles opfert? Wirtschaftsführer, Gewerkschaften, Ökonomen – sie alle sagen praktisch einmütig, Trump liege falsch. Der Schritt wird auch wegen zu beachtender Fristen zunächst einmal so gut wie keine Auswirkungen haben. Die Bürgermeister von 50 US-Städten kündigten noch am 1. Juni an, sie würden sich weiter an den Klimakompromiss und die Vorgaben aus Paris halten. Viele Bundesstaaten haben ähnliches schon im Vorfeld angekündigt.

Kanzleramtsminister Peter Altmaier kann der Entscheidung Trumps gar etwas Positives abgewinnen. „Die Regierung hat entschieden, das ist traurig und ist enttäuschend. Aber ich bin überzeugt, dass die Diskussion über Klimaschutz weltweit einen großen Aufschwung erleben wird“, sagte der CDU-Politiker im ARD-Morgenmagazin.

Auch Anja Weisgerber, Berichterstatterin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Klimaschutz, hofft, dass die Weltgemeinschaft durch den Austritt der USA noch enger beim Klimaschutz zusammenrücke. In einer Pressemitteilung sagte sie: „Die Weltgemeinschaft wird weiterhin das Ziel verfolgen, die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu beschränken. Im November wird bei der 23. Weltklimakonferenz in Bonn weiter an der Umsetzung des Abkommens gearbeitet.“

(dpa/AS)