Neustart bei den Nachbarn
Mit einem "Neustart" der Koalition und einem umfangreichen Maßnahmenpaket will die österreichische Regierung wieder beim Wähler punkten. Besonders in der Asylpolitik ziehen Bundeskanzler Kern und seine sozialdemokratisch-konservative Regierung die Zügel deutlich an.
Wien

Neustart bei den Nachbarn

Mit einem "Neustart" der Koalition und einem umfangreichen Maßnahmenpaket will die österreichische Regierung wieder beim Wähler punkten. Besonders in der Asylpolitik ziehen Bundeskanzler Kern und seine sozialdemokratisch-konservative Regierung die Zügel deutlich an.

Die österreichische Bundesregierung will mit einer noch schärferen Asylpolitik und einem Beschäftigungsprogramm beim Wähler punkten. Das sind zentrale Punkte eines vereinbarten Paktes, auf den sich die rot-schwarze Koalition aus SPÖ und ÖVP nach fünftägigen Verhandlungen als Grundlage ihres „Neustarts“ geeinigt hat.

Das 35-seitige Dokument umfasst Maßnahmen, die rund vier Milliarden Euro kosten. Die Gegenfinanzierung soll durch Einsparungen und Umschichtungen in Höhe von 2,8 Milliarden Euro sowie durch erwartete Konjunktur- und Beschäftigungseffekte von 1,2 Milliarden Euro erfolgen. Mit dem Papier wollen die Koalitionäre ihre seit Monaten schwelende Krise beiseite legen.

Empfindliche Strafen für unwillige Ausreisepflichtige

Die Regierung will die Zahl der in Österreich ankommenden und sich rechtswidrig im Land aufhaltenden Migranten massiv reduzieren. Abgelehnte Asylbewerber, die nicht ausreisen, erwartet eine Verwaltungsstrafe von bis zu 15.000 Euro oder ersatzweise sechs Wochen Haft. Mögliche Gefährder, die aus dem Einsatz für die Terrormiliz IS zurückkehren, müssen zumindest mit einer elektronischen Fußfessel rechnen. Außerdem hat die SPÖ dem Drängen von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) nach einem Vollverschleierungsverbot im öffentlichen Raum nachgegeben.

Verpflichtendes Integrationsjahr

Im Sinne der Eingliederung von Migranten wird ein verpflichtendes Integrationsjahr für Asylbewerber mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit eingeführt. Die Halbierung der Obergrenze für Asylverfahren, wie sie von der ÖVP gefordert wurde, ist dagegen zunächst vom Tisch.

Die wichtigste Verpflichtung ist, unsere Bevölkerung zu schützen.

Christian Kern, Österreichischer Bundeskanzler

„Die wichtigste Verpflichtung ist, unsere Bevölkerung zu schützen“, meinte Kern mit Blick auf die neue Gefährdungslage. Das Sicherheitspaket umfasst auch eine stärkere Überwachung der Grenzen – unter anderem mittels Kennzeichenerfassung.

Konjunkturprogramm soll 20.000 Jobs schaffen

Auf dem Arbeitsmarkt sollen ältere Langzeitarbeitlose wieder eine bessere Chance bekommen. Dazu sollen in einem Pilotprojekt mit 200 Millionen Euro 20.000 Jobs geschaffen werden. Einen „Beschäftigungsbonus“ verspricht die Regierung allen Unternehmen, die zusätzliche Jobs schaffen. Außerdem soll ein zweites verpflichtendes Gratiskindergartenjahr eingeführt werden. „Wir haben uns verständigt, dass wir schneller und klarer arbeiten müssen“, sagte Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. Zumindest in Sachen Einigkeit ist der „Neustart“ der Regierung in Wien vorerst gelungen: Bei der Sondersitzung zur Verabschiedung des Papiers bekannten sich alle Minister zu der Vereinbarung.

(dos/dpa)