Bundesentwicklungsminister Gerd Müller beim Besuch einer vom Bund unterstützten Kinder- und Familienschutzzone für syrische Flüchtlinge in Jordanien. (Bild: Imago/epd)
Cash-for-Work

Beschäftigungsoffensive im Nahen Osten

Der soziale Frieden in den Ländern bleibt gewahrt und die Flüchtlinge schöpfen Hoffnung auf eine bessere Zukunft: Mit so genannten Cash-for-Work-Projekten hat das Bundesentwicklungsministerium im Nahen Osten eine Beschäftigungsoffensive gestartet. Mit Erfolg, 34.000 Jobs wurden bereits geschaffen. Ein banger Blick richtet sich aber nach Afrika.

Nicht nur in Deutschland wächst in großen Teilen der Bevölkerung der Unmut über die umstrittene Frage, wie viele Flüchtlinge ein Land verkraften kann. Vor allem in den Nachbarländern Syriens wächst die Angst vor Spannungen zwischen Migranten und Einheimischen. „Ich habe Verständnis dafür, wenn die Regierung sagt, wir können nicht noch mehr Flüchtlinge aufnehmen“, sagt Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU), der in dieser Woche zu Gesprächen in Jordanien war. Das Land hat seit Ausbruch der Kämpfe in Syrien 2011 bereits 1,4 Millionen Menschen aufgenommen.

Bis Ende 2016 werden wir mindestens 50.000 Jobs schaffen.

Aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

Dank der Initiative der Bundesregierung schöpfen viele der in die Türkei, den Libanon und nach Jordanien geflohenen Syrer jetzt wieder mehr Hoffnung. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bringt sie schnell und unbürokratisch in Arbeit. Zugleich hilft Deutschland dabei, die Lebensbedingungen durch den Aufbau von Infrastruktur in den Ländern zu verbessern. Bei der Syrienkonferenz am 4. Februar war die „Beschäftigungsoffensive Nahost“ gestartet worden, und sie trägt bereits Früchte: „Bis Ende 2016 werden wir mindestens 50.000 Jobs schaffen“, heißt es aus dem BMZ. 30.000 Menschen habe man bereits in Beschäftigung gebracht. „Betrachtet man auch die Familienangehörigen der Arbeiterinnen und Arbeiter, dann unterstützen wir 2016 rund 250.000 Menschen dabei, die Zeit bis zum Ende der Krise besser zu überbrücken“, so das BMZ.

Flüchtlinge erhalten lokalen Mindestlohn

Die Beschäftigten erhalten für die Jobs kein Taschengeld, sondern den lokalen Mindestlohn, mit dem sie die Kosten für Wohnung, Gesundheitsversorgung und Kleidung aus eigener Kraft decken. Und damit der soziale Frieden gewahrt bleibt, stehen die Jobs nicht nur Flüchtlingen offen, sondern der gesamten Bevölkerung. In den Gemeinden im Norden Jordaniens, in denen sich die Einwohnerzahl seit Beginn der Syrienkrise verdoppelt hat, kommt das gut an: Laut BMZ werden dort im Rahmen des „Cash-for-Work“-Vorhabens (zu Deutsch „Bargeld gegen Arbeit“) bis Ende des Jahres 6000 syrische Flüchtlinge und sozial schwache Jordanier eingestellt. Sie sammeln Abfall ein und recyceln ihn. Dabei greifen die Arbeiter den Kommunen unter die Arme, die aufgrund des Bevölkerungszuwachses vor einem großen Problem bei der Abfallentsorgung stehen. Das BMZ baut überdies Wertstoffhöfe auf, durch die dauerhaft 560 Arbeitsplätze entstehen. „Rechnet man die Familienangehörigen hinzu, unterstützen wir so allein mit diesem Vorhaben insgesamt 30.000 Menschen in Jordanien“, so die Verantwortlichen im BMZ.

8000 Stellen für Lehrer und Betreuer

Als weitere Beispiele nennt das Ministerium den Irak und die Türkei: Im Nordirak reparieren im Rahmen von „Cash-for-Work“ viele vor dem „Islamischen Staat“ geflüchtete Menschen Dächer oder bessern Straßen aus. 15.000 Menschen werden dabei vom BMZ unterstützt. Für alleinerziehende Witwen, Kriegsversehrte und Senioren, die keinen aktiven Beitrag leisten können, sind überdies Sozialtransfers vorgesehen. In der Türkei liegt ein großes Augenmerk darauf, in Flüchtlingslagern und Aufnahmeeinrichtungen möglichst viele syrische Kinder zu unterrichten. Dazu schafft das BMZ für das Schuljahr 2016/2017 im „Cash-for-Work“-Programm 8000 Stellen für Lehrer und Betreuer. Das ermöglicht 160.000 Mädchen und Buben den Schulbesuch.

Wir brauchen einen Marshall-Plan für Afrika.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU)

Allein in diesem Jahr leistet das Entwicklungsministerium eine Anschubfinanzierung von 200 Millionen Euro für das „Cash-for-Work“ Programm, das den Flüchtlingen eine Bleibe- und Rückkehr-Perspektive bietet.

In Afrika fehlen hunderte Millionen Jobs

Entwicklungsminister Müller richtet seinen Blick derweil aber auch auf den afrikanischen Kontinent, dem die Bundesregierung allein in Zukunft sicher nicht helfen kann: „Der Migrationsdruck wird in den nächsten Jahren dramatisch zunehmen, wenn wir es nicht schaffen, wirtschaftliche Perspektiven in den afrikanischen Ländern zu schaffen“, warnte der CSU-Politiker in dieser Woche in in einem Reuters-Interview. Das vor allem mit Blick auf die Bevölkerungsexplosion: Die Zahl der Menschen auf dem Kontinent wird sich in den kommenden 30 Jahren auf mehr als zwei Milliarden verdoppeln. Hunderte Millionen Jobs für eine Bevölkerung mit einem Durchschnittsalter von unter 20 Jahren würden gebraucht, weiß Müller: „Das kann der afrikanische Kontinent nicht alleine lösen.“ Wie schon Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert der Entwicklungsminister ein verstärktes Engagement deutscher Unternehmen in Afrika: „Wir brauchen einen Marshall-Plan für Afrika mit sicher hundert verschiedenen Elementen; von der Außen- und Entwicklungspolitik über die Bildungs-, Agrar-, Wirtschafts-, Umwelt- bis zur Energiepolitik.“