Ein schwieriger Partner: Griechenland streitet mit der EU über den künftigen Kurs. (Bild: Fotolia/PAK Design)
Finanzkrise

IWF zweifelt an Athen

Zwischen der griechischen Regierung und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) kriselt es. Grund ist eine offenbar abgehörte Telefonkonferenz. Die Mitschrift deutet auf erhebliche Zweifel des IWFs am Willen Athens hin, die Finanzkrise mithilfe der im Sommer 2015 vereinbarten Reformen zu überwinden. Die IWF-Chefin versuchte, in einer offiziellen Stellungnahme die Wogen zu glätten.

Experten der Gläubiger Griechenlands prüfen derzeit in Athen, wie weit die Regierung bei der Sanierung der Finanzen vorangekommen ist. Doch derzeit ist die Beziehung zwischen Athen und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) gespannt. Auf der Enthüllungsplattform Wikileaks wurde die Mitschrift einer Telefonkonferenz veröffentlicht. Darin diskutieren der Chef der IWF-Europaabteilung, Poul Thomsen, die Leiterin der IWF-Delegation in Athen, Delia Velculescu, und eine weitere IWF-Mitarbeiterin über die Verhandlungsstrategie des IWFs in den weiteren Gesprächen mit Athen.

Zweifel an Wille zu Reformen

Die Verhandlungsstrategie des IWF will angeblich einen Schuldenschnitt für Griechenland. Aus der Mitschrift lassen sich erhebliche Zweifel des IWFs an der Bereitschaft der griechischen Regierung ablesen, die im vergangenen Sommer vereinbarten Reformen zu verwirklichen. Es gehe nicht nur um „technische“ Kleinigkeiten, sondern die Regierung müsse vielmehr politische Entscheidungen treffen und sie vom Parlament billigen lassen. Die Telefonkonferenz fand laut Mitschrift am 19. März statt und wurde offenbar abgehört. Der IWF äußerte sich nicht zum Inhalt, dementierte ihn aber auch nicht. Aus der Mitschrift geht laut Frankfurter Allgemeinen Zeitung ebenfalls hervor, dass es wesentliche inhaltliche Differenzen zwischen IWF, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank gäbe. Außerdem wisse die griechische Regierung, dass die EU-Kommission viel kompromissbereiter sei als der IWF. Deshalb habe sie keinen Anreiz, Reformen zu beschließen.

IWF fordert Schuldennachlässe

Die Empörung aus Athen bezieht sich besonders auf eine Aussage von Poul Thomsen. Die Erfahrung aus dem vergangen Jahr lehre, dass in Athen nur dann Entscheidungen fielen, wenn dem griechischen Staat die Zahlungsunfähigkeit drohe. Das werde nicht vor Juli der Fall sein. Deshalb fordert der IWF auch Schuldennachlässe von Europa, weil er nicht glaubt, dass Griechenland das vereinbarte Ziel erreicht. Es sieht bis 2018 einen positiven Haushaltssaldo unter Vernachlässigung der Zinsverpflichtungen vor. Ministerpräsident Alexis Tsipras forderte daraufhin die IWF-Chefin Christine Lagarde auf, eine offizielle Position bezüglich der Verhandlungsstrategie des IWFs zu beziehen.

IWF-Chefin fordert raschen Abschluss

Lagarde antworte in einem Brief, sie habe immer wieder betont, „dass wir nur ein Programm unterstützen können, das glaubwürdig ist und auf realistischen Voraussetzungen basiert“. Das war deutlich. Eine Reaktion dazu gab es in Athen zunächst nicht. „Die Verhandlung muss sofort und ohne unrealistische neue Forderungen abgeschlossen werden“, berichtete das Staatsfernsehen unter Berufung auf Regierungskreise. Ziel müsse es sein, „Griechenland auf einen robusten Wachstumspfad zu bringen und zugleich seine Schuldentragfähigkeit wiederherzustellen“, schrieb Lagarde. Andernfalls könne es kein Vertrauen wiederherstellen und bald wieder gezwungen sein, weitere fiskalische Maßnahmen zu treffen. „Im Interesse des griechischen Volkes müssen wir diese Verhandlungen zu einem raschen Abschluss bringen“, betonte die IWF-Chefin.

Erst Reformen, dann Geld

Erst wenn sich beide Seiten auf die notwendigen Maßnahmen verständigen und die griechische Regierung das Reformpaket durchs Parlament bringt, kann das pleitebedrohte Land mit weiteren Hilfsgeldern der internationalen Geldgeber rechnen. Allerdings steht bei wichtigen Themen noch eine Einigung aus. Dazu gehören laut griechischer Finanzpresse eine Rentenreform, Regelungen für die sogenannten „faulen Kredite“ und Steuererhöhungen.

Bei den Verhandlungen geht es um ein weiteres Hilfsprogramm in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro. Ohne diese Finanzhilfe droht Griechenland bis zum Sommer erneut die Zahlungsunfähigkeit. Die erste Überprüfung der griechischen Reformen war ursprünglich schon im Oktober 2015 vorgesehen.

CSU rechnet mit IWF-Beteiligung

Der finanzpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Bartholomäus Kalb, rechnet mit einer IWF-Beteiligung an neuen Finanzhilfen für Griechenland. „Ich bin fest davon überzeugt, dass der IWF wieder dabei sein wird“, sagte Kalb der Nachrichtenagentur Reuters. „Der geforderte Schuldenschnitt für Griechenland ist jetzt auch gar nicht die zentrale Frage.“ Er wisse, dass einige Akteure beim Internationalen Währungsfonds (IWF) dies anders sähen, setze aber darauf, dass wie bei den letzten Runden eine gemeinsame Lösung gefunden werde. „Es gibt einen vereinbarten Zeitplan, dem auch Griechenland zugestimmt hat“, sagte das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn am Rande des CDU-Präsidiums zu Reuters. „Erst kommt die offizielle Überprüfung des griechischen ESM-Programms, danach wird das Ob und Wie von Schuldenerleichterungen diskutiert“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. CDU und CSU hatten bisher betont, dass sie nur weiteren Hilfen zustimmen würden, wenn der IWF an Bord bleibe.

(dpa/FAZ/AS)