Noch immer ist der Völkermord an den Armeniern ein Thema, das die internationalen Beziehungen der Türkei belastet. Bild Fotolia xtock
Türkischer Wahlkampf

Unfassbar…

Kommentar Kaum jemand hat Notiz genommen von den unverschämten Äußerungen des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu bei seinem Wahlkampfauftritt in Deutschland. Im Gegenteil: Deutsche Politiker standen daneben und widersprachen nicht...

Kaum jemand hat Notiz genommen von den unverschämten Äußerungen des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu bei seinem Wahlkampfauftritt in Deutschland. Ganz im Gegenteil, Nordrhein-Westfalens rote Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Düsseldorfs roter OB Thomas Geisel standen auch noch begeistert daneben, als der Türke bei der Eröffnung des neuen türkischen Generalkonsulats in Düsseldorf die Deutschtürken mal wieder vor „Assimilierung“ warnte. Sein Vorgänger Erdogan hatte dies 2008 gar als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ qualifiziert. Unsinn wird durch Wiederholung nicht besser.

Später, in der Dortmunder Westfalenhalle, kündigte Davutoglu wahlkampfwirksam vor 15000 frenetischen AKP-Anhängern zehn Maßnahmen für Auslandstürken an, darunter billigere Wehrdienstbefreiung und Reisepässe sowie ein Geburtsgeld für Türkinnen im Ausland. So weit, so üblich. Aber Wahlkreise für die 1,4 Millionen wahlberechtigten türkischen Staatsbürger oder Doppelpass-Besitzer in Deutschland einzurichten? In Deutschland entstehen Wahlkreise der Türkei, das ist gewöhnungsbedürftig. Davutoglus Versprechen, jedem Auslands­türken Koran, Nationalfahne und Wörterbuch zu schicken, ist auch kein Meisterstück der Integrationsförderung. Dass er den Völkermord seines Landes an den Armeniern 1915 erneut öffentlich leugnete, ist schändlich für ihn und die Türkei. Mit „Dritten“ werde man nicht darüber diskutieren, so der Ministerpräsident des von Rot-Grün zum EU- Beitrittskandidaten beförderten Landes. Welch demokratische Gesinnung!

Dass er den Völkermord seines Landes an den Armeniern 1915 erneut öffentlich leugnete, ist schändlich für ihn und die Türkei.

Andreas von Delhaes-Guenther

Und dann noch Türken aufzurufen, gegen deutsche Lehrbücher mit entsprechendem Inhalt vorzugehen, grenzt an Volksverhetzung – schlimmer, es ist eine Kriegserklärung an Deutschland mit seinen Werten. „Niemand kann unsere Kinder mit Lehrplänen behelligen, die unsere Geschichte beleidigen. Und wenn dies jemand versucht, dann, meine Brüder und Schwestern, ist eure Aufgabe, diese Lehrpläne zu verhindern“, so der unfassbare Wortlaut laut Presseberichten. In letzter Konsequenz kann dies den Einsatz von Gewalt bedeuten. Dass er Deutschland noch beschuldigte, sich seiner „eigenen Vergangenheit nicht zu stellen“, lässt an seinem Verstand zweifeln.

Jetzt sollte man sich in Deutschland endlich einmal fragen, wie ablehnend die vielen Türken unserem Staat gegenüber stehen, die hierzulande die islamistische AKP und deren Sonnenkönig Erdogan wählen und unterstützen. Bezeichnend ist das Schweigen unserer türkischen Verbände über Davutoglus Äußerungen. Statt dessen kritisieren sie, dass das deutsch-türkische Verhältnis nur durch den deutschen Völkermordvorwurf belastet werde. Verkehrte Welt.