Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) hat auch Deutschland im Blick. Ob der Attentäter von Würzburg allerdings wirklich Teil des IS war oder sich selbst radikalisiert hat, ist bislang unklar. (Fotomontage: Ralph Peters/imago)
Terror von Würzburg

Radikalisierte sich der Täter selbst?

Der sogenannte Islamische Staat beansprucht das Attentat von Würzburg für sich - bisherige Ermittlungen sehen aber keine direkte Verbindung des Täters zum IS. Wesentlich wahrscheinlicher ist die Theorie, dass sich der 17-jährige Afghane selbst radikalisiert hat.

Bei dem Axt-Angriff in einem Regionalzug bei Würzburg sieht Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bisher keine Hinweise für eine direkte Verbindung des Attentäters zur Terrormiliz IS. Der IS hatte die Tat mit fünf Verletzten am Morgen nach dem Anschlag für sich beansprucht. Herrmann teilte hingegen mit, die Ermittler hätten am Wohn- und Tatort bislang „keinerlei Indizien“ für eine Vernetzung des 17 Jahre alten Angreifers mit islamistischen Organisationen gefunden.

Drei Menschen in Lebensgefahr

Der junge Afghane, der im März als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland gekommen war, war am Montagabend mit einer Axt und einem Messer auf Fahrgäste in einem Regionalzug in Heidingsfeld bei Würzburg losgegangen. Er verletzte vier Menschen schwer und einen leicht. Drei Menschen schweben laut Würzburger Uniklinik in Lebensgefahr. Auch eine Passantin wurde bei der Attacke verletzt.

Suche nach Motiven läuft auf Hochtouren

Die Suche nach den Motiven des 17-Jährigen läuft indes auf Hochtouren. Bei dem Angreifer sei ein Text gefunden worden, der darauf hindeutet, dass sich der 17-Jährige „in letzter Zeit selbst radikalisiert hat“, sagte Herrmann. Der Innenminister sagte aber auch, dass „noch nichts erwiesen“ sei. Der gefundene Text drehe sich um das Leben der Muslime, wonach diese sich zur Wehr setzen müssten. Bei der Polizei hatte ein Zeuge angegeben, er habe den Täter „Allahu Akbar“ rufen hören. Zudem wurde im Zimmer des 17-Jährigen im Haus seiner Pflegefamilie, bei der er seit wenigen Wochen gewohnt hatte, eine handgemalte IS-Flagge gefunden.

Täter „nicht jede Woche in der Moschee“

Der Innenminister teilte mit, für alle Menschen, die in den vergangen Monaten in Kontakt mit dem jungen Mann waren, sei diese Tat jedoch „völlig unbegreiflich“. Der 17-Jährige sei als ruhiger und ausgeglichener Mensch geschildert worden. Er sei zwar ein „gläubiger Muslim“ gewesen, doch „nur zu wichtigen Feiertagen in der Moschee“ gewesen und „nicht jede Woche“.

Herrmann sagte, es müsse nun dringend geklärt werden, wie es sein könne, „dass jemand, der nach Wahrnehmung seiner Mitmenschen bislang eigentlich eher unauffällig war und auf keinen Fall als radikal erschien, sich mutmaßlich in kurzer Zeit plötzlich umorientiert“.

Jugendlicher war Praktikant in einer Bäckerei

Der Jugendliche hatte ein Praktikum in einer Bäckerei gemacht – mit der Aussicht auf eine Lehrstelle. Er sei im Rahmen der Jugendhilfe intensiv betreut worden, sagte Sozialministerin Emilia Müller (CSU) nach Angaben einer Sprecherin. Auch die Ministerin betonte, man müsse jetzt „sehr genau analysieren, wie es trotz dieser guten Voraussetzungen dennoch zu dieser Gewalttat kommen konnte.“ Möglicherweise hat der Täter einen Abschiedsbrief hinterlassen. Es gebe ein Schriftstück, das nach erster Durchsicht als „Abschiedstext an den Vater“ interpretiert werden könnte, sagte Herrmann.

Seehofer zeigt sich „sehr betroffen“

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sprach den Opfern sein Mitgefühl aus. „Die Brutalität und hemmungslose Gewaltbereitschaft, die aus dieser Tat spricht, macht mich sehr betroffen“, sagte Seehofer einer Pressemeldung zufolge. Zugleich stellte er sich hinter die Polizeibeamten, die den Täter erschossen: „Der Polizei danke ich ausdrücklich für ihr entschlossenes und schnelles Handeln bei der Bewältigung dieser schwierigen Situation.“

(dos/dpa)