Wer in diesem "Winter" mit Öl heizt, ist klar im Vorteil. Die Preise sind 2015 eingebrochen. Für Gaskunden gab es dagegen trotz sinkender Weltmarktpreise kaum Ersparnisse. Bild: Imago/McPhoto
Energiepreise

Gas-Geschäft auf dem Rücken der Verbraucher

Energie war im zu Ende gehenden Jahr 2015 auf den Weltmärkten so günstig zu haben wie lange nicht. Die Verbraucher in Deutschland profitierten davon aber nur zum Teil. Während Benzin- und Heizölpreise abstürzten und so die Haushaltskassen entlasteten, blieben die Ausgaben für Gas und Strom trotz sinkender Weltmarktpreise stabil oder stiegen sogar an.

Wer sein Eigenheim mit Heizöl wärmt, gehört in diesem „Winter“ zu den klaren Gewinnern: „Der durchschnittliche Preis geht mit 45 Cent pro Liter Heizöl äußert günstig in das neue Jahr“, vermeldete an diesem Mittwoch die Total Mineralöl GmbH. Vor einem Jahr sah das noch ganz anders aus: Zum Jahreswechsel 2014/2015 kostete der Liter Heizöl noch knapp 60 Cent.

Gasversorger geben sinkende Importpreise nicht an Kunden weiter

Während viele Hausbesitzer also „zwischen den Jahren“ noch schnell ihre Öl-Tanks bis zum obersten Rand auffüllen, knirschen die Gaskunden mit den Zähnen. Sie zählen zu den großen Verlieren des Jahres, weil die Gas-Versorger die sinkenden Importpreise nicht an ihre Kunden weitergeben. Das hatte das Hamburger Forschungs- und Beratungsbüro „EnergyComment“ bereits vor einem Jahr bemängelt. Und wie sich jetzt herausstellte, hat sich an den Geschäftsgebaren der Konzerne nichts geändert.

Verbraucher zahlen zehn Prozent zu viel

Im Dezember 2014 war das Büro der Frage nachgegangen, wie sich die steil fallenden Importpreise für Erdgas auf die Verbrauchertarife ausgewirkt haben. Das Ergebnis war kurz und ernüchternd: „Überhaupt nicht“, lautete das Fazit von „EnergyComment“. Das Büro verwies damals auf Kommentare der Gaswirtschaft, „dass die Senkung der Gastarife wohl erst verzögert, also 2015 erfolgen wird“. Dass dies ein leeres Versprechen blieb, zeigte eine neuerliche Kurzstudie der Hamburger aus diesem Dezember: Im laufenden Jahr habe sich der unerfreuliche Trend fortgesetzt, heißt es. Die Kosten der deutschen Gasimporteure seien von durchschnittlich 2,95 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) im ersten Halbjahr 2012 auf 1,96 ct/kWh in der zweiten Jahreshälfte 2015 gefallen – mit weiter fallender Tendenz. So lagen die Preise an den deutschen „Gashubs“ am 16. Dezember bei nur noch 1,59 ct/kWh. Die Einsparungen beim Einkauf seien jedoch abermals nicht an die Verbraucher weitergegeben worden. Schon 2014 hätte der Tarif bei 6,07 ct/kWh liegen müssen, abgerechnet wurden stattdessen im Durchschnitt 6,52 Cent. In diesem Jahr war die Lücke noch größer: Das Büro errechnete einen möglichen Verbraucherpreis von 5,72 ct/kWh, „tatsächlich gaben die Preise nur geringfügig auf 6,38 ct/kWh nach“. Daraus ergebe sich für 2015 eine zusätzliche Belastung der Verbraucher von 0,66 ct/kWh, „also zehn Prozent des Preises“.

Gaswirtschaft verdient 1,3 Milliarden Euro mehr

Die bundesweite Hochrechnung der Studie verrät, dass sich die Gaswirtschaft so zusätzlich 1,3 Milliarden Euro in die Taschen steckt. Die privaten Kunden wurden dagegen auch wegen des Umsatzsteuereffektes mit 1,54 Milliarden Euro zusätzlich belastet. Ein Musterhaushalt, der rund 20.000 kWh jährlich verbraucht, kostete das demnach 132 Euro. Betroffen waren laut Studie beinahe alle Bundesländer außer Berlin. Nur in der Hauptstadt zahlten die Verbraucher zehn Euro weniger für ihr Gas. Bayern lag mit 132 Euro zu viel im Bundesdurchschnitt.

2016 sollen Tarife um 4,6 Prozent sinken

Immerhin: Anfang 2016 seien etwas stärkere und breitere Tarifsenkungen zu erwarten, heißt es. Etwa 22 Prozent der Anbieter wollen laut „EnergyComment“ ihre Tarife um durchschnittlich 4,6 Prozent senken. Für die Verbraucher wäre das aber nur ein schwacher Trost, denn auch so werde „nur ein kleiner Teil der Kostensenkungen an die Haushaltskunden weitergereicht“, heißt es. Dem Verbraucher bleibe nur der Weg, die Tarife der Anbieter sorgfältig zu vergleichen und sich nicht mit geringfügigen Tarifanpassungen zufrieden zu geben, raten die Verfasser der Studie. In jeder Region könnten sie zwischen 65 Anbietern wählen, die Preisunterschiede zwischen ihnen würden nicht selten über zehn Prozent liegen.

Strompreis geht weiter nach oben

Nach Angaben des Vergleichsportals „CHECK24.de“ werden zu Beginn 2016 insgesamt 181 Grundversorger ihre Gaspreise senken – im Schnitt um rund 4,5 Prozent. Mit den Strompreisen geht es dagegen langfristig weiter aufwärts. Laut „CHECK24.de“ wollen bereits im ersten Quartal 148 der knapp 900 Stromgrundversorger Preiserhöhungen von durchschnittlich 2,8 Prozent bekannt geben. Und das obwohl der Börsenpreis für Strom kontinuierlich sinkt. So kostete Strom in Deutschland im Dezember 2015 durchschnittlich 39 Prozent mehr als im Juli 2007, für eine Familie mit einem Verbrauch von 5000 kWh im Jahr seien das 390 Euro Mehrkosten, rechnet das Vergleichsportal vor.

Das Ausschreibungsdesign ist ein richtiger und wichtiger Schritt zu mehr Wettbewerb. Es wird dazu beitragen, den weiteren Ausbau der Erneuerbaren effizienter zu gestalten. Diesen Ansatz sehen wir positiv

vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt zur geplanten EEG-Reform

Haupttreiber des Strompreises in Deutschland ist bekanntlich die EEG-Umlage, mit der die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gefördert wird. Für 2016 plant die Bundesregierung eine neuerliche Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Die Novellierung begrüßt unter anderen die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Mit ihr wird die Förderung von Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen ab einem Megawatt Leistung zum Sommer 2016 umgestellt; statt festgezurrter Preise soll es künftig Ausschreibungen geben. „Das Ausschreibungsdesign ist ein richtiger und wichtiger Schritt zu mehr Wettbewerb“, sagt vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Es werde dazu beitragen, den weiteren Ausbau der Erneuerbaren effizienter zu gestalten. „Diesen Ansatz“ sieht die vbw positiv, die EEG-Umlage in ihrer Gesamtheit betrachtet die Vereinigung aber weiterhin mit großer Sorge. „2016 müssen die Stromkunden für die Förderung erneuerbarer Energien 23 Milliarden Euro aufbringen, das ist eine Milliarde Euro mehr als 2015“, so Brossardt. Finanziert werde dies über die EEG-Umlage, die zum 1. Januar 2016 um knapp drei Prozent auf 6,354 Cent pro Kilowattstunde erhöht und in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter auf acht Cent steigen werde.

Die Industriestrompreise in Deutschland haben eine kritische Höhe erreicht. Sie liegen innerhalb der EU mit an der Spitze. Von den wichtigsten Industrieländern haben nur Großbritannien und Italien höhere Preise, und im globalen Vergleich stehen wir noch schlechter da. Wenn die Politik nicht rasch handelt, wird es vermehrt Investitionsentscheidungen gegen den Standort Deutschland geben. Das zeigt: Eine Strompreisbremse ist unverzichtbar

Bertram Brossardt

Der vbw-Chef warnt einmal mehr vor den Folgen für die heimische Wirtschaft. „Die Industriestrompreise haben eine kritische Höhe erreicht. Sie liegen innerhalb der EU mit an der Spitze.“ Von den wichtigsten Industrieländern haben demnach nur Großbritannien und Italien höhere Preise, „und im globalen Vergleich stehen wir noch schlechter da“, moniert Brossardt. „Wenn die Politik nicht rasch handelt, wird es vermehrt Investitionsentscheidungen gegen den Standort Deutschland geben“, sagt der Hauptgeschäftsführer und fordert eine Strompreisbremse, die „unverzichtbar“ sei.