In Bayerns Handwerks-Betrieben sind die Lehrlinge in die tägliche Auftrags-Arbeit mit eingebunden. Die ganzheitliche Ausbildung steht im Vordergrund, Teilqualifizierungen sind nicht vorgesehen. Bild: Imago/Rainer Unkel
Ausbildungsmarkt

Abwärtstrend im Handwerk vorerst gestoppt

Das Bayerische Handwerk atmet auf: Der Abwärtstrend auf dem Ausbildungsmarkt ist vorerst gestoppt. Ende Oktober des laufenden Jahres lag die Zahl der neu abgeschlossenen Lehrverträge auf dem Vorjahresniveau, vermeldet der Handwerkstag, der seine Kritik an Teilqualifizierungen für junge Asylbewerbern erneuert.

28.071 neue Ausbildungsverträge zählte der Bayerische Handwerkstag (BHT) Ende Oktober 2015, ein Jahr zuvor waren es noch 28.045. „Es ist erfreulich, dass wir das Vorjahresniveau halten konnten“, kommentierte Georg Schlagbauer die Zahlen. Der Präsident des Bayerischen Handwerkstages wies einmal mehr darauf hin, „dass wir seit mehreren Jahren gegen einen Abwärtstrend auf dem Ausbildungsstellenmarkt kämpfen“. In der Folge würden dem Handwerk Gesellen, Betriebsleiter und Unternehmensgründer fehlen.

Lehrlinge aus anderen Ländern gehören im Handwerk dazu

BHT-Präsident Georg Schlagbauer

Schlagbauer machte auch klar, dass für die Handwerksorganisationen nicht zähle, woher der Berufsnachwuchs komme, sondern wohin die potenziellen Auszubildenden wollen. Aus diesem Grund würden bei den Maßnahmen zur Nachwuchswerbung neben Mittelschülern, Realschülern und Abiturienten auch verstärkt Studienabbrecher, Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie junge Flüchtlinge angesprochen. „Lehrlinge aus anderen Ländern gehören im Handwerk dazu“, betonte der Handwerkspräsident. So seien bereits 2014 in den Betrieben des Freistaates junge Menschen aus 120 Nationen ausgebildet worden.

Wir brauchen Menschen mit fundierter Ausbildung und keine Teilqualifizierten, die nur eine einzige Maschine bedienen können

BHT-Präsident Georg Schlagbauer

Gleichzeitig erneuerte der BHT-Präsident aber seine Kritik an einer von verschiedenen Seiten ins Spiel gebrachten einjährigen „Lehre light“ für Flüchtlinge, die er ablehnt: „Es mangelt in Deutschland an Fachkräften. Daher brauchen wir Menschen mit fundierter Ausbildung und keine ,Teilqualifizierten‘, die nur eine einzige Maschine bedienen können.“ In einem Brief an Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hatten Schlagbauer und BHT-Hauptgeschäftsführer Lothar Semper jüngst vor dem „Irrweg“ gewarnt, für Flüchtlinge die Standards zu senken und vermehrt Teilqualifikationen anzubieten, um ihnen damit vorgeblich den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. „Teilqualifikationen müssen die Ausnahme in genau definierten Einzelfällen bleiben“, forderte der BHT in dem Schreiben. „Wir brauchen kein Heer von gering qualifizierten Billigkräften, wir brauchen ausgebildete Fachkräfte“, betonten Schlagbauer und Semper darin unisono. „Schließlich können wir die hochqualitativen Produkte, für die wir in aller Welt bekannt sind, nur mit hochqualifizierten Fachkräften erstellen.“ Diese seien im Handwerk wie in der gesamten übrigen Wirtschaft die unverzichtbare Grundlage des wirtschaftlichen Erfolgs und der wirtschaftlichen Zukunft des Landes.

Ganzheitliche Ausbildung in bayerischen Betrieben

Die bayerischen Handwerksbetriebe binden demnach ihre Lehrlinge immer in die täglichen Auftragsarbeiten mit ein und sorgen dabei für eine ganzheitliche Ausbildung. Teilqualifikationen zu vermitteln, sei im Ausbildungsverlauf nicht vorgesehen und mache auch wenig Sinn, erklären die BHT-Vertreter. Bei einem massiven und undifferenzierten Ausbau der Teilqualifikation würde auch die Gefahr bestehen, dass die Zahl der dualen Berufsausbildungen noch weiter zurückgehe, warnt der BHT. „Denn es ist nicht damit zu rechnen, dass die Teilqualifikationen dann nur auf die Qualifizierung von Flüchtlingen beschränkt bleiben.“