Der hochmoderne Hafen von Hongkong dient der Hafenhinterlandkonferenz in Nürnberg als Logo-Motiv. (Foto: Wolfram Göll)
Export

Auf allen Wegen in die Welt

Bayerns Exportwirtschaft hängt entscheidend von leistungsfähigen Seehäfen ab, umgekehrt leben die Häfen von den Exporteuren. Wie diese Umschlagplätze am besten in eine Logistikkette eingebunden werden können, war Thema einer Konferenz in Nürnberg.

Die wirtschaftliche Stärke Bayerns beruht zu einem wesentlichen Teil auf dem Export. Die Unternehmen aus dem Freistaat sind international erfolgreich. Im vergangenen Jahr lieferten sie Waren im Wert von mehr als 190 Milliarden Euro in alle Welt. Damit die Produkte aus Bayern auch die Kunden erreichen, braucht es eine optimale Anbindung an die internationalen Handelswege, vor allem an die großen Seehäfen in Hamburg, Bremen, Rotterdam, Amsterdam und Antwerpen. Wie diese Umschlagplätze am besten in eine Logistikkette eingebunden werden können, damit beschäftigte sich jetzt die zweite Hafenhinterlandkonferenz in Nürnberg. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Leistungsfähigkeit des Bahntransports, dessen Verbesserung und die Verzahnung mit anderen Transportarten, dem sogenannten „Kombinierten Verkehr“. Rund 100 geladene Gäste, darunter hochrangige Vertreter von Exporteuren, Logistikern und Betreibern der Seehäfen nahmen an der Konferenz in Nürnberg teil.

Das Stichwort „trimodal“ fiel bei der Konferenz häufig. Damit ist die Verzahnung der drei „Transport-Modi“ Binnenschiff, Lkw und Bahn gemeint. An dieser Stelle sind die Bayernhäfen, vor allem der Nürnberger Hafen mit seinem hocheffizienten trimodalen Umschlagzentrum, führend in Süddeutschland. Stolze sieben Prozent Zuwachs pro Jahr verzeichnet der Nürnberger Hafen. Er ist mittlerweile ein großer internationaler Player. Doch die Konkurrenz schläft nicht: Etwa das im Bau befindliche „Gateway Basel-Nord“ in der Schweiz, wird ebenfalls um Geschäfte mit süddeutschen Exporteuren werben.

62 Prozent der Güter werden per Bahn transportiert

Entgegen anderslautender Berichte läuft der Exportverkehr von den Fabriken zu den Seehäfen und umgekehrt bereits zum größten Teil über die Bahn: Der Bahn-Anteil liegt bei 62 Prozent. Der Hamburger Hafen hat, um diesen Anteil weiter zu steigern, das Projekt „Hafen Hamburg 62 plus“ gestartet. Die Aussichten sind gut: Schon für die nächsten Jahre sind 67 Prozent angepeilt.

Doch zunächst muss die Ware vom Produzenten zur Bahn, und dafür wird meistens der Lkw gebraucht. Manche Güter oder Container müssen dafür mehrmals umgeladen werden. Ein Sonderlob erhielt der Freistaat Bayern, der sinnvolle Projekte in dem Bereich der besseren Verzahnung zwischen Bahn und Lkw fördert, etwa das Projekt „Future Trailer“ mit 15 Einzelmaßnahmen.

Eine neue Technik, mit der sich der Bahnanteil am Transport erhöhen lässt, ist das Verladesystem NIKRASA. Mit seiner Hilfe lassen sich Sattelauflieger, die bisher als „nicht kranbar“ galten, mitsamt Fahrgestell auf Züge hiefen, berichtete Marko Just vom LKZ Prien. Er mahnte weitere Investitionen an, damit die Bahn noch konkurrenzfähiger wird. Am Brenner beispielsweise müssten bislang die E-Loks der Güterzüge per Diesellok mit Anlauf in das jeweils andere Stromnetz „geschubst“ werden, so Just. Derweil setzten die Lkw auf der benachbarten Brenner-Autobahn einfach ihre Fahrt fort – ohne Zeitverzug. Ein sichtbarer Nachteil für die Schiene.

Weit entfernt von „Logistik 4.0“

In der Logistik könne noch lange nicht von einem digitalen Standard „4.0“ gesprochen werden, kritisierte Leonhard Heinisch von der Studiengesellschaft für den Kombinierten Verkehr (SGKV) in Berlin. Meistens gelte im Transportgewerbe nach wie vor der Papierstandard: Der Fahrer komme mit seinen Ladungspapieren an, die würden abgetippt, ausgedruckt und wieder in Papierform abgelegt. Ein Projekt der SGKV umfasse mehr als 20 Einzelmaßnahmen, an deren Ende der „Elektronische Handschlag“ stehe, der viel Zeit, Geld und Papier sparen werde.

Gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Normung habe man dafür die Spezifikation „DIN SPEC 91073“ entwickelt. Die Daten müssten dafür schnell verfügbar sein, einheitlichen Standards folgen, aber auch sicher sein vor Manipulationen, sagte Heinisch. Ein weiteres Projekt namens „Syslog“ berate Exporteure, welcher Weg auf welchem Verkehrsträger von der eigenen Fabrik beispielsweise zu den Seehäfen Hamburg oder Rotterdam für welche Güter am sinnvollsten ist – im Hinblick auf Kosten, Dauer, CO2-Ausstoß und so weiter.

Kostspielige Engpässe

Holger Bochow vom Baseler Logistikdienstleister Contargo AG beleuchtete die schwieriger werdenden Ramenbedingungen des Transportgewerbes: Die mehrwöchige Sperrung des Bahnverkehrs Rheintals bei Rastatt, das jüngste anhaltende Niedrigwasser im Rhein, zunehmende Stürme sowie der Mangel an Lkw-Fahrern zeige allen die „Endlichkeit“ des Wachstums, wenn man in den bisherigen Schemata weitermache. Die erzwungene Umladung wegen solcher Pannen koste ernorm viel und dauere lang, kritisierte er.