Endlich in Betrieb: Die „Thüringer Strombrücke“, hier bei Eisenach. (Foto: Imago/epd)
Stromtrassen

Strombrücke endlich in Betrieb

Nach zwei Jahren Verzögerung ist die „Thüringer Strombrücke“ heute in Betrieb gegangen: Eine Kostenbremse und ein wichtiger Lückenschluss, um Strom aus Ostdeutschland nach Süden zu bringen. Um den weiteren Netzausbau in Oberfranken gibt es Streit.

Die „Thüringer Strombrücke“ ist heute vollständig in Betrieb gegangen. Die 189 Kilometer lange Höchstspannungsleitung von Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) über Thüringen nach Redwitz (Landkreis Lichtenfels/Oberfranken) wird Strom aus Nord- und Ostdeutschland nach Bayern und Baden-Württemberg bringen. So wird vor allem der Windstrom, aber auch Braunkohle-Reserven aus dem Nordosten, besser angebunden und die Versorgung Bayerns für die nächsten Jahre gestärkt, erklärte Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU).

Die Thüringer Strombrücke wirkt einer weiteren Kostensteigerung entgegen. Vor allem aber erhöht der Lückenschluss die Versorgungssicherheit.

Ilse Aigner, Bayerns Wirtschaftsministerin

„Die Thüringer Strombrücke ist für eine sichere, bezahlbare und umweltfreundliche Energieversorgung von großer Bedeutung und damit ein wichtiger Beitrag für das Gelingen der Energiewende“, betont Ilse Aigner erfreut. „Bereits heute müssen Netzbetreiber etwa eine Milliarde Euro jährlich für Netzstabilisierungsmaßnahmen ausgeben. Die Thüringer Strombrücke wirkt hier einer weiteren Kostensteigerung entgegen. Vor allem aber erhöht der Lückenschluss die Versorgungssicherheit und schafft die Voraussetzung für einen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Um unser Ziel einer weitgehend auf Erneuerbaren basierenden Energieversorgung zu erreichen, müssen wir mit dem beschlossenen Netzausbau zügig voranschreiten“, so Aigner.

Bayern setzte Maßstäbe mit schnellem Ausbau

Der bayerische Teil der Strombrücke von der Thüringer Landesgrenze bis nach Redwitz war bereits Ende 2015 in Betrieb genommen worden. Die Bauzeit in Bayern betrug nur zwei Jahre ab Beginn des Planfeststellungverfahrens – damit setze Bayern eine „Benchmark“, also neue Maßstäbe, beim Ausbau, wie es in einer Erklärung des Wirtschaftsministeriums heißt. „Heute wird eines der wichtigsten Projekte des Stromnetzausbaus in Deutschland zum Abschluss gebracht und die Versorgung Bayerns für die nächsten Jahre gestärkt“, lobte Wirtschafts- und Energiestaatssekretär Franz Josef Pschierer (CSU).

Wir müssen beim notwendigen Netzausbau eine faire Lastenverteilung erreichen. Bayern kann die Last nicht überwiegend alleine schultern.

Franz-Josef Pschierer, Wirtschaftsstaatssekretär

Mit Blick auf die derzeitigen Diskussionen zu weiteren Stromleitungen von Thüringen nach Nordbayern sagt Pschierer: „Die energiepolitische Vereinbarung vom 1. Juli 2015 gilt nach wie vor.“ Der Netzknoten beim Kernkraftwerk Grafenrheinfeld bei Schweinfurt müsse gegenüber den ursprünglichen Netzausbauplanungen entlastet werden, betont Pschierer. „Wir müssen beim notwendigen Netzausbau eine faire Lastenverteilung erreichen. Bayern kann die Last nicht überwiegend alleine schultern.“

Bayerische Wirtschaft mahnt raschen Netzausbau an

Nicht ganz so euphorisch reagierte die bayerische Wirtschaft – ihre Repräsentanten verweisen vor allem auf die knapp zweijährige Verspätung des Lückenschlusses und die zehn Jahre Planungs- und Bauzeit, ehe die „Thüringer Strombrücke“ in Betrieb gehen konnte. „Für die bayerische Wirtschaft ist das kein Grund zur Euphorie, sondern vor allem ein ernstes Alarmzeichen. Mit dem dringend notwendigen Netzausbau für die Energiewende hat Bayern noch gar nicht angefangen“, sagte Peter Driessen, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIHK). Die „Thüringer Strombrücke“ sei schon weit vor der Energiewende als innerdeutscher Lückenschluss geplant worden, erläuterte der BIHK-Chef.

Der Netzausbau ist die Achillesferse der Energiewende.

BIHK-Chef Peter Driessen

Die Sorgen in der Wirtschaft über das schleppende Tempo des Netzausbaus seien deswegen groß, so Driessen. Da 2022 das letzte bayerische Kernkraftwerk abgeschaltet werden soll, sei der Freistaat in Zukunft dauerhaft auf Stromimporte angewiesen. Für diese seien aber ausreichenden Netzkapazitäten notwendig. „Die zwei dringend benötigten Gleichstromleitungen SüdLink und SüdostLink mit Endpunkten in Bayern haben insgesamt eine Länge von rund 1300 Kilometer. Beide Mammut-Projekte sollen ohnehin frühestens 2025 fertig sein, aber weitere Verzögerungen sind zu befürchten“, warnte Driessen. Laut Bundesnetzagentur könnten die jährlichen Kosten für Redispatch (Anpassungs-Anforderungen, um Netzüberlastung zu vermeiden) und Einspeisemanagement von zuletzt rund einer Milliarde Euro bis 2023 auf vier Milliarden Euro steigen. „Der Netzausbau ist die Achillesferse der Energiewende. Politik und Netzbetreiber müssen schnellstmöglich handeln“, forderte der BIHK-Chef.

Oberfranken: Weiter Protest gegen Trassenausbau

In Oberfranken indes formiert sich weiter Protest gegen den Trassenausbau – und zwar gegen alle auf dem Tisch liegenden Varianten. „Es herrscht Einigkeit in der Region: Der Bau weiterer Stromtrassen in den Landkreisen Lichtenfels, Kulmbach, Bamberg, Kronach, Hof und Forchheim wird vollumfänglich abgelehnt“, heißt es in einer Resolution von 37 Landräten, Oberbürgermeistern, Bürgermeistern und Landtagsabgeordneten aus sechs oberfränkischen Landkreisen, die die Kulmbacher CSU-Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner an einen Tisch gebracht hatte.

Gleichzeitig betont die Resolution: „Wir stehen weiter zu der Energiewende, aber unsere Region trägt mit dem Ostbayernring, der Frankenleitung und der 380-kV Leitung von Remptendorf nach Redwitz bereits einen erheblichen Teil zum Gelingen des Netzausbaus von Nord nach Süd bei. Wir werden nicht hinnehmen, dass – entgegen der fachlichen Bewertung – eine deutlich längere Trasse aus rein politischen Gründen die Landkreise Lichtenfels, Kulmbach, Bamberg, Kronach, Hof und Forchheim durchschneiden soll.“