Ungleicher Kampf mit Fernost: China macht sich nicht nur in der deutschen Wirtschaft breit. (Bild: Imago/China Foto Press)
China

Europäische Firmen schützen

Die EU-Kommission will staatlich geförderte Firmenkäufe aus China strenger prüfen. Nach mehreren Übernahmen durch chinesische Investoren hatten Deutschland, Frankreich und Italien ein stärkeres Vetorecht zum Schutz von Hightech-Firmen gefordert. Auch zahlreiche chinesische Produktfälschungen verärgern die Industrie.

„Wir müssen einen fairen Wettbewerb gewährleisten“, sagte Jyrki Katainen, der für Wachstum und Investitionen verantwortliche Vize-Präsident der EU-Kommission, dem Handelsblatt. „Deshalb wollen wir sicherstellen, dass Investoren aus Drittstaaten Akquisitionen in der EU nicht mit staatlichen Subventionen finanzieren.“ Nach zahlreichen Firmenübernahmen durch chinesische Investoren hatten Deutschland, Frankreich und Italien ein stärkeres Vetorecht in Europa zum Schutz von Hightech-Firmen gefordert. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries hatte Anfang Februar in einem gemeinsamen Brief mit ihren Amtskollegen aus Frankreich und Italien die Kommission aufgefordert, entsprechende Vorschläge auszuarbeiten.

Deshalb wollen wir sicherstellen, dass Investoren aus Drittstaaten Akquisitionen in der EU nicht mit staatlichen Subventionen finanzieren.

Jyrki Katainen, EU-Kommissar

Auf bayerischen Antrag hatte sich der Bundesrat jüngst in einer Entschließung für einen besseren Schutz deutscher Technologien gegen unerwünschte ausländische Firmenübernahmen ausgesprochen. Die Bundesregierung kann nach dem Außenwirtschaftsgesetz in bestimmten Fällen Firmenübernahmen durch ausländische Investoren verbieten, vor allem wenn es um Militär- und Sicherheitstechnik geht. „Im letzten Jahr hat sich gezeigt, dass die bestehenden Möglichkeiten nicht ausreichen“, hieß es aber in einem Papier des Wirtschaftsministeriums. Es habe zahlreiche Übernahmen durch chinesische Käufer gegeben, die sich von den bislang üblichen Aufkäufen unterschieden hätten, weil Peking Geld und Einfluss geltend gemacht habe. So kaufte der chinesische Midea-Konzern trotz Bedenken der Politik den Roboterhersteller Kuka.

Kein fairer Wettbewerb

China ist keine freie Marktwirtschaft, da in dem kommunistischen Land Preise staatlich vorgeschrieben sind und Firmen staatlich massiv subventioniert werden. Mit staatlichen Krediten werden Firmenaufkäufe im Westen finanziert, oft mit stark überhöhten Angeboten, bei denen kein anderer Investor mithalten kann oder will. Seit langem wird auch gefordert, dass EU-Unternehmen den gleichen Marktzugang in China haben sollten, wie chinesische Unternehmen auf dem europäischen Markt. Weiter sollten Europas Firmen ebenso Zugang haben zu staatlichen Förderprogrammen wie chinesische Unternehmen. Auch der Zwang zu Joint Ventures, also zur Kooperation mit chinesischen Unternehmen, soll sich nach dem Willen der Europäer endlich reduzieren.

Auch gefälschte Produkte im Visier

Deutsche Industrieunternehmen beklagen zudem wachsende Probleme mit chinesischen Produktfälschungen. Zu einem großen Vertriebskanal haben sich nach Angaben mehrerer Unternehmen und des Maschinenbau-Verbands VDMA in den vergangenen Jahren Online-Handelsplattformen wie der chinesische E-Commerce-Riese Alibaba entwickelt. Einer VDMA-Umfrage aus dem vergangenen Jahr zufolge entdeckten 28 Prozent der betroffenen deutschen Maschinen- und Anlagenbauer Fälschungen auf Handelsplattformen für Unternehmen. Beispiel Siemens: „Das Problem von Fälschungen hat in den letzten Jahren stark zugenommen“, sagte ein Sprecher des Technologiekonzerns. Der Kugellagerhersteller SKF nahm kein Blatt vor den Mund: „Alibaba ist bekannt für den hohen Anteil an gefälschten Produkten, die dort angeboten werden“, hieß es dort.

Das Problem von Fälschungen hat in den letzten Jahren stark zugenommen.

Sprecher des Siemens-Konzerns

Für Alibaba ist das unangenehm: „Alibaba hat eine sehr starke Haltung gegen Fälschungen und Urheberrechtsverletzungen“, erklärt die deutsche Niederlassung des Unternehmens in München. „Unser Erfolg basiert auf Vertrauen, deswegen nehmen wir die Herausforderung durch Fälschungen sehr ernst.“ Alibaba habe mehrere Initiativen und Softwareprogramme, um Fälschungen zu identifizieren. Das Spektrum der Fälschungen reicht von Markenrechtsverletzungen bis zu unsicheren Bauteilen und komplett kopierten Maschinen. Diese können lebensgefährlich sein.

Neben dem Umsatz, der Unternehmen durch nachgemachte Zulieferteile verloren geht, schaden qualitativ minderwertige Kopien dem Ansehen der Originalmarke.

Holger Engelmann, Vorstandschef des Automobilzulieferers Webasto

Holger Engelmann, Vorstandschef des Automobilzulieferers Webasto, sagt: „Produktpiraterie ist in der Automobilbranche – wie in fast allen Industriezweigen – ein ernstes Thema. Neben dem Umsatz, der Unternehmen durch nachgemachte Zulieferteile verloren geht, schaden qualitativ minderwertige Kopien dem Ansehen der Originalmarke.“ In der deutschen Wirtschaft wird registriert, dass die chinesischen Behörden inzwischen schneller auf Beschwerden reagieren. VDMA-Rechtsanwalt Daniel van Geerenstein: „China ist immer noch Hauptherkunftsland für gefälschte Güter, aber die Zusammenarbeit mit den chinesischen Behörden hat sich verbessert.“ Einen grundsätzlichen Durchbruch beim Schutz der Urheberrechte hat es in China aber bislang nicht gegeben.

Kopieren wird toleriert

Manche deutschen Mittelständler berichten nach schlechten Erfahrungen, dass das Kopieren nach wie toleriert werde. Doch für die deutschen Strafverfolgungsbehörden ist die Produktpiraterie ebenfalls ein schwieriges Thema: Fälschungen sind oft schwer zu identifizieren, insbesondere, wenn es sich um Bauteile handelt. Und es ist so gut wie unmöglich, die chinesischen Hintermänner dingfest zu machen. Das ist nach Ansicht etwa von Siemens aber essenziell. „Dafür arbeiten wir mit Internetplattformen wie Alibaba und den chinesischen Behörden sehr eng zusammen“, sagt ein Sprecher. Einen Erfolg konnten die Münchner verbuchen: Siemens gelang es 2016, in China 150.000 gefälschte Steckdosen und gefälschte Steuerungen im Wert von mehreren Millionen Euro sicherstellen lassen. (dpa/avd)