Vertreter von Schaeffler und IBM setzen auf eine gewinnbringende Partnerschaft. (Bild: Schaeffler/fkn)
Digitalisierung

Schöne smarte Welt

Die Kfz- und die IT-Branche wächst immer mehr zusammen - ab sofort kooperiert Schaeffler mit dem IT-Riesen IBM. Mithilfe von Datenanalyse sollen Abläufe effizienter werden und neue Geschäftsmodelle entstehen. Bereits ab Oktober steht eine Cloud für erste Anwendungen bereit.

Die Milch ist aus. Butter gibt es auch keine mehr. Der intelligente Kühlschrank bemerkte das und bestellt neue Lebensmittel im Supermarkt. Ein typisches Beispiel für das „Internet der Dinge“. So kommunizieren bald nicht nur Menschen im Internet miteinander, sondern auch Dinge. Voraussetzung dafür sind Geräte, die Daten sammeln, weitergeben und sich untereinander vernetzen. Deshalb suchen auch immer mehr industrielle Schwergewichte die Nähe zu IT-Konzernen.

Aktuelles Beispiel: die strategische Partnerschaft zwischen dem Automobil- und Industrie-Zulieferer Schaeffler und dem amerikanischen IT-Zulieferer IBM. Schaeffler will vor allem von der Intelligenz von IBMs Watson-System profitieren. Es soll unter anderem dabei helfen, die Instandhaltung für Züge zu verbessern, deren Betriebssicherheit zu erhöhen sowie Betriebskosten zu reduzieren. Intelligente Lager könnten Körperschall, Temperatur und Drehzahlen messen, um Wälzlagerschäden zu vermeiden und frühzeitig Sicherheitswarnungen an die Betreiber auszugegeben. Neue intelligente Technologien könnten nach Angaben von Schaeffler auch in Autos zum Einsatz kommen.

„Technik steckt noch in den Kinderschuhen“

So kommen in den Mobilen immer mehr Elektronik und Software zum Einsatz, etwa Fahr-Assistenz-Systeme, die beim Einparken helfen oder die Spur halten. Das sei aber erst der Anfang, langfristig würden Autos nicht nur vernetzt, sondern auch autonom fahren, kündigte Peter Gutzmer, Technologie-Chef und stellvertretender Vorstandsvorsitzender bei Schaeffler, gegenüber der Wirtschaftswoche an.

Die Technik steckt zwar noch in den Kinderschuhen. Aber dass Autos langfristig vernetzt und autonom fahren, darf man als gesichert annehmen.

Peter Gutzmer, Technologie-Chef und stellvertretender Vorstandsvorsitzender bei Schaeffler

Vorstellbar sei beispielsweise, dass die beim Fahren erfassten Daten über die Telekommunikationssysteme des Autos in die Cloud übermittelt werden, woraus Informationen über Straßenzustand oder Witterung an nachfolgende Fahrzeuge weitergegeben werden können.

Digitale Plattform für datenbasierten Service

Die beiden Unternehmen haben als ersten Meilenstein eine digitale Plattform aufgebaut, über die ab Oktober alle datenbasierten Services von Schaeffler laufen werden.

Wir konzentrieren uns insbesondere auf die sensorische Erweiterung bestehender sowie die Entwicklung neuer Produkte mit integrierter Software.

Gerhard Baum, Digital-Chef der Schaeffler Gruppe

Dabei sollen Maschinen und Transportmittel, aber auch die einzelnen Werke untereinander sowie die gesamte Lieferkette verknüpft werden. Wertvolle Daten würden demnach Bauteile wie Lager oder Kupplungssysteme liefern, die zuvor mit Sensoren und Steuergeräten ausgestattet wurden. Sie befänden sich in Maschinen und Autos genau dort, wo wichtige Zustands- und Bewegungsinformationen bestehen, hieß es. Die Daten könnten wertvolle Informationen über den Zustand der Maschinen liefern.

Weniger Energieverlust bei Windflaute

Im Fokus der Partnerschaft von Schaeffler und IBM sollen unter anderem die Lager stehen, die Schaeffler für Windturbinen produziert.

Dabei überwachen Sensoren in Echtzeit den Zustand der Windkraftanlagen. Mit Hilfe von lernenden Systemen will das Unternehmen künftig Erfahrungen über die Leistung unter unterschiedlichen Wetterbedingungen sammeln. In Verbindung mit Wetterdaten von IBM sollen die Betreiber künftig den Austausch von Komponenten direkt in einer kommenden Windflaute planen können, um den Energieverlust so gering wie möglich zu halten.

„Brutstätte“ in München wächst

Er gibt Ärzten bereits Behandlungsvorschläge bei komplizierten Krankheiten und zeigt damit, wie intelligente digitale Datenbanken Menschen bei Entscheidungen unterstützen können. Jetzt macht sich IBMs Supercomputer Watson auf, ein neues Terrain – die Industrie – zu erobern.

Für seinen Supercomputer Watson hatte der amerikanische IT-Dienstleister IBM im vergangenen Dezember einen Standort in München eröffnet. Hier sollen Kunden, Partner, Universitäten und Forschungseinrichtungen Zugang zu der Watson-Plattform und den Cloud-Diensten des Unternehmens bekommen. IBM kündigte am 4. Oktober an, 200 Millionen Dollar (umgerechnet rund 178 Millionen Euro) in das neue Zentrum zu stecken. Über 1000 Forscher sollen dort künftig das „Internet der Dinge“ voranbringen. In München wolle das Unternehmen seinen Kunden und Partner eine gemeinsame „Brutstätte“ für weitere Innovationen bieten. Denn immer mehr von ihnen suchten nach neuen Möglichkeiten, ihre Abläufe mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und dem Internet der Dinge neu zu gestalten.

Der Aufbau des Watson-Zentrums in München solle bis Februar kommenden Jahres abgeschlossen sein, sagte ein IBM-Sprecher. Eine weitere Watson-Zentrale hatte IBM im Oktober 2014 in New York eröffnet. Insgesamt will das Unternehmen rund drei Milliarden Dollar in das Thema „Internet der Dinge“ investieren.

Automobilindustrie und IT rückt zusammen

Kooperationen zwischen Kfz- und IT-Branche häufen sich, etwa zwischen Bosch und SAP, oder zwischen Daimler und Qualcomm. Auch der Elektrokonzern ABB holt sich für die Entwicklung neuer digitaler Lösungen einen amerikanisches Softwareunternehmen an die Seite. Kunden von ABB sollen künftig von Microsofts intelligenter Cloud Azure profitieren. ABB will sich mit dem IT-Riesen vor allem auf die digitale Transformation in Bereichen wie Robotik, Schifffahrt und Häfen, Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energien konzentrieren.

Über Schaeffler und IBM

Im Jahr 2015 erwirtschaftete der Automobilzulieferer Schaeffler einen Umsatz von rund 13,2 Milliarden Euro. Mit etwa 85.000 Mitarbeitern ist Schaeffler eines der größten Familienunternehmen weltweit und verfügt mit rund 170 Standorten in über 50 Ländern über ein weltweites Netz aus Produktionsstandorten, Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen und Vertriebs-Gesellschaften.

IBM ist ein Unternehmen im Bereich „Internet of Things“ (IOT, Internet der Dinge) mit mehr als 6000 Kunden in 170 Ländern. Es gilt als einer der wenigen IT-Konzerne, die die Echtzeit-Datenanalyse bereits im großen Stil beherrschen. Im Dezember 2015 wurde ein neues Hauptquartier in München für die neue IBM Watson IoT-Einheit eröffnet. Bis kommenden Februar 2016 sollen dort circa 1000 Entwickler, Berater, Forscher und Designer arbeiten.

Im Fokus der Partnerschaften:

  • Instandhaltung von Windkraftanlagen
  • Digitalisierte Überwachung von Zügen
  • Vernetzte Autos
  • 4.0-Strategie für Werkzeugmaschinen
  • Analyse von Big-Data-Strukturen im Operation-Center