Wissenschaftler von Bayer arbeiten an innovativen Baumwoll-Lösungen. In Zukunft machen sie das zusammen mit Monsanto. (Bild: Bayer AG/fkn)
Agrochemie

Bayer übernimmt Monsanto-Konzern

Die Braut hatte sich lange geziert, jetzt hat Bayer das ersehnte Ja-Wort erhalten: Für die Rekordsumme von 66 Milliarden Dollar übernimmt der deutsche Chemieriese den amerikanischen Agrarkonzern Monsanto. Der ist auch hierzulande umstritten: unter anderem wegen genverändertem Saatgut und dem Pflanzenschutzmittel Glyphosat.

Die Leverkusener sind bis an die Schmerzgrenze gegangen, und die Kritiker des monatelangen Übernahmepokers sind der Meinung, dass die 59 Milliarden Euro (66 Milliarden Dollar), die sich Bayer den Deal kosten lässt, am Ende vielleicht doch des Guten zu viel sind. Nie zuvor hat ein deutsches Unternehmen so viel Geld für die Übernahme eines anderen ausgegeben. Dazu kommt, dass Monsanto bei Umweltschützern ungefähr so beliebt ist wie US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump bei Amerikas Demokraten: Der Agrarkonzern zählt weltweit zu den meist gehassten Firmen.

„Agent Orange“ ruinierte den Ruf

Eines der berüchtigsten Mittel, das damals auch in Laboren von Monsanto-Unternehmen hergestellt worden war, brachte es nach dem Vietnamkrieg zu trauriger Berühmtheit: Das Entlaubungsmittel „Agent Orange“, das die US-Luftwaffe von 1965 bis 1970 mit Flugzeugen und Helikoptern in Vietnam versprühte, um den Feind aufzuspüren und seine Ernten zu vernichten. Es hat verheerende Nebenwirkungen: Noch heute kommen in Vietnam Kinder mit Fehlbildungen auf die Welt. 2002 litten nach Schätzungen des Roten Kreuzes noch eine Million Vietnamesen an gesundheitlichen Schäden durch Spätfolgen des Giftes, darunter 100.000 Kinder. Erkrankte US-Soldaten wurden von Gerichten Entschädigungen zugesprochen, die vietnamesischen Opfer gingen leer aus.

Saatgut und Unkrautvernichter am Pranger

Dass das Mittel im Krieg zum Einsatz kam, war freilich nicht die Entscheidung von Monsanto, und der Konzern war längst nicht der einzige, der es herstellte. Doch der Ruf der Firma leidet noch immer darunter. Hierzulande steht Monsanto derzeit vor allem wegen gentechnisch veränderten Saatguts und dem Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat am Pranger. Ihm wird bekanntlich nachgesagt, dass es krebserregend sein soll. Die WHO sieht das nicht so, die EU-Kommission verlängerte die Zulassung Ende Juni um rund 18 Monate. Bis dahin soll ein neues Gutachten vorliegen.

Die Übernahme wird die weltweite Abhängigkeit der Landwirte von multinationalen Konzernen verstärken, den Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut und gefährlichen Chemikalien befördern und der Ausbreitung umweltschädlicher Monokulturen Vorschub leisten.

Aus der Erklärung des WWF in Deutschland

Bayers Milliardendeal mit den Amerikanern, dem die Kartellwächter noch zustimmen müssen, sorgte erwartungsgemäß bei Umweltverbänden für einen Aufschrei der Empörung: „Die Übernahme wird die weltweite Abhängigkeit der Landwirte von multinationalen Konzernen verstärken, den Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut und gefährlichen Chemikalien befördern und der Ausbreitung umweltschädlicher Monokulturen Vorschub leisten“, warnte etwa der WWF in Deutschland. Er forderte die Bundesregierung und die EU auf, den Deal zu stoppen. Es gelte, kartellrechtliche Fragen intensiv zu prüfen und gegenzusteuern, so der WWF. Auch Greenpeace protestierte: „Der neue Agrochemiegigant häuft eine bislang unbekannte Marktmacht an. Er wird maßgeblich mitbestimmen, welches Saatgut und welche Pestizide auf den Markt kommen“, schimpfte der Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Dirk Zimmermann.

Zusammen werden Monsanto und Bayer auf einer stolzen Vergangenheit und den jeweiligen Innovationserfolgen für die Agrarwirtschaft aufbauen und ein umfassenderes, breiteres Angebot an Lösungen für die Landwirte bereitstellen.

Monsanto-Chef Hugh Grant

In Leverkusen und in den USA wurden derweil die Vorteile des Zusammenschlusses betont: Nach Bayer-Angaben werden beide Unternehmen zusammen in Zukunft über ein Forschungs- und Entwicklungsbudget von jährlich 2,5 Milliarden Euro verfügen, das noch bessere Lösungen und optimierte Angebote für die Kunden bringen soll. In Aussicht gestellt werden ein „effizienterer Ressourceneinsatz, höhere Ernteerträge sowie mehr Umweltschutz und Nachhaltigkeit“. Monsanto-Chef Hugh Grant: „Zusammen werden Monsanto und Bayer auf einer stolzen Vergangenheit und den jeweiligen Innovationserfolgen für die Agrarwirtschaft aufbauen und ein umfassenderes, breiteres Angebot an Lösungen für die Landwirte bereitstellen.“

Synergien sollen Gewinn um 1,5 Milliarden US-Dollar nach oben treiben

Nebenbei soll natürlich auch Geld verdient werden: Im vergangenen Jahr setzten beide Unternehmen im Agrargeschäft zusammengerechnet rund 23 Milliarden Euro um. Synergien durch den Zusammenschluss sollen bereits drei Jahre danach einen zusätzlichen Gewinn von rund 1,5 Milliarden US-Dollar in die Kassen spülen. In den Jahren darauf soll noch mehr dazukommen.

Scheitert die Übernahme, zahlt Bayer zwei Milliarden US-Dollar an Monsanto

Zunächst gilt es aber, die Übernahme zu stemmen. Nach eigenen Angaben will Bayer das mit Fremd- und Eigenkapital bewerkstelligen. Dabei ist auch eine Kapitalerhöhung vorgesehen. „Mit dieser Transaktion schaffen wir erheblichen Wert für die Aktionäre, unsere Kunden, Mitarbeiter und für die Gesellschafter insgesamt“, freute sich Werner Baumann, Vorstandsvorsitzender der Bayer AG. Bis Ende 2017 soll die Übernahme abgeschlossen sein. Bleibt jedoch wider Erwarten die Kartellfreigabe aus, wäre das vor allem für Bayer höchst ärgerlich: Die Leverkusener haben sich für diesen Fall zu einer Zahlung von zwei Milliarden US-Dollar an Monsanto verpflichtet.