Angesichts der anhaltenden Niedrigzinspolitik der Notenbanken schließen die Sparkassen Negativzinsen für Sparer nicht mehr aus. (Bild: Fotolia / K. Rekowski)
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Kommt jetzt der Negativzins?

Es wäre eine Zeitenwende in der Finanzpolitik: Die Sparkassen schließen Strafzinsen für normale Sparer, die ihr Geld "nur" auf ihren Konten liegen haben, nicht mehr aus. Zwar tue man alles, um derartige Negativzinsen für die Kunden zu vermeiden, heißt es aus der Bankenspitze. Sollte die Niedrigzinsphase aber noch länger andauern, könne man die Kunden aber womöglich nicht mehr davor bewahren.

Sparkassenkunden, die ihr Vermögen ohne größere Anlagen einfach auf ihren Privatkonten deponieren, könnten für ihr passives Verhalten schon bald Strafzinsen bezahlen müssen. Das teilte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon, am Rande des Sparkassentages in Düsseldorf mit. Die Bank würde bisher alles tun, um die privaten Sparer vor sogenannten Negativzinsen zu schützen, sagte der frühere Bayerische Finanzminister. Das täten sie auch „zu Lasten der eigenen Ertragslage“. Wenn die aktuell vorherrschende Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) aber weiter anhalte, werde man die Kunden langfristig nicht davor schützen können.

Fahrenschon: Politik ist in der Pflicht.

Dabei sieht Fahrenschon auch die Politik in der Pflicht. Sie müsse mehr tun, um Geringverdienern den Aufbau eines Vermögens zu ermöglichen. Über 60 Prozent der Sparkassen-Privatkunden hätten am Ende des Monats keine Mittel mehr übrig, mit denen sie Rücklagen bilden könnten. „Wer wirklich Wohlstand für alle will, muss den Betroffenen helfen, für das Alter vorzusorgen“, sagte der Sparkassenpräsident. Dabei sei es auch denkbar, dass der Staat Teile jener Gelder ausgebe, die er aufgrund der niedrigen Zinse zur Zeit spare.

Kanzlerin zeigt Verständnis

Unterstützung für seine Forderungen erhielt Georg Fahrenschon unter anderem von der Bundeskanzlerin. Angela Merkel teilte mit, die Niedrigzinsen kämen die Sparer in der Bundesrepublik „teuer zu stehen“. Weil die Notenbanken unabhängig seien, könne die Politik aber nur versuchen, mit Strukturreformen Wirtschaftswachstum zu ermöglichen. Dies wiederum könne die Inflation ankurbeln – „und das würde den Notenbanken wieder Spielraum für höhere Zinsen geben“, so die CDU-Chefin.

Draghi verteidigt seinen Kurs

In der Bild-Zeitung antwortete EZB-Chef Mario Draghi auf die Vorwürfe. Die Zinsen seien niedrig, weil das Wachstum und die Inflation zu gering seien, so der Banker. Würde die EZB die Zinsen anheben, sei das schlecht für die Wirtschaft und würde Rezession sowie Deflation auslösen – und damit die Arbeitslosigkeit erhöhen. Der EZB-Kurs sei auch für Deutschland gut, weil die Euro-Staaten „inzwischen wieder mehr deutsche Ausfuhren kaufen“ könnten. Zudem würden Haus- und Wohnungskäufer sowie Unternehmer von den niedrigen Zinsen profitieren.

Die EZB gehorcht den Gesetzen, nicht den Politikern.

Mario Draghi

Draghi verwies außerdem auf den „realen Zins“, also die Verzinsung von Sparguthaben minus der Inflation, den Sparer beachten müssten. Früher seien die Zinsen höher gewesen, aber eben auch die Inflation, die alle Zinserträge wieder „auffraß“. „Also sah der Zins nur auf den ersten Blick gut aus, in Wahrheit waren die realen Erträge aber viel geringer“, so Draghi in der Bild. Neben dem Sparbuch gebe es auch andere Anlagemöglichkeiten, gab der EZB-Chef dann noch zu bedenken. Und schließlich machte Draghi klar, wer das Sagen hat: „Die EZB gehorcht den Gesetzen, nicht den Politikern.“ Immerhin räumte er ein, dass sich gerade Staaten wie Italien und Frankreich aufgrund seines Niedrigzinskurses „zu langsam“ bei den notwendigen Reformen bewegten. Reformen hätten aber generell wenig mit der EZB und den Zinsen zu tun, und es sei auch gar nicht die Aufgabe der EZB, hier Druck auszuüben.

(dos/avd)