Hans Reichhart, MdL und JU-Vorsitzender. (Bild: JU Bayern)
Junge Union

Der Nachwuchs schlägt Alarm

Die Junge Union fordert CDU und CSU auf, die richtigen Konsequenzen aus dem Wahlergebnis zu ziehen: „Wir müssen Fehler aufarbeiten“, heißt es in der „Erlanger Erklärung“ der Landesversammlung. „Ein ,Weiter so' dürfen wir nicht hinnehmen“.

„Bei der Bundestagswahl haben die Wähler ein klares Signal an die CSU gesendet. Daraus müssen jetzt die richtigen Konsequenzen gezogen werden“, heißt es in der „Erlanger Erklärung“, die die Landesversammlung der Jungen Union Bayern (JU) in Erlangen verabschieden will. Deutlich Worte an die Parteiführung also. Und weiter: „Ein ,Weiter so‘ dürfen wir nicht hinnehmen.“ Die CSU dürfe „nicht nur die Botschaft aussenden, dass wir verstanden hätten, sondern müssen auch entsprechend handeln“, mahnt die JU. „Wir müssen Fehler aufarbeiten und den richtigen Weg für die Zukunft unseres Landes einschlagen.“

Wir müssen der Bevölkerung mit einer Mannschaft mit Zukunft klare Ideen für die Zukunft übermitteln.

„Erlanger Erklärung“ der JU

Eine ausgesprochene Personaldiskussion mit Parteichef Horst Seehofer und den anderen Hauptrednern, Finanzminister Markus Söder, Innenminister Joachim Herrmann und Generalsekretär Andreas Scheuer, strebt JU-Landeschef Hans Reichhart bei der dreitägigen JU-Landesversammlung aber nach eigenen Worten nicht an. Die Personaldebatte solle nach den Berliner Sondierungsgesprächen auf dem Parteitag am 15. und 16. Dezember in Nürnberg stattfinden.

Die Diagnose der JU in der „Erlanger Erklärung“ ist ebenso deutlich wie schmerzhaft für die CSU: „In wichtigen Themenfeldern wie Wirtschaft, Außen- und Verteidigungspolitik sowie Soziales wird die CSU nicht mit durchsetzungsstarken und positionsfesten Politikern in Verbindung gebracht. Dadurch haben wir in den letzten Jahren teils deutlich an Wahrnehmbarkeit und Profil eingebüßt.“ Nötig sei eine Themen-Offensive, so die Junge Union: „Wir fordern deshalb auf allen parlamentarischen Ebenen, im Bundes- und im Landeskabinett sowie in den Führungsgremien der Partei eine spürbare Verjüngung und den Mut das breite Meinungsspektrum der Partei auch öffentlich zu zeigen. Wir müssen der Bevölkerung mit einer Mannschaft mit Zukunft klare Ideen für die Zukunft übermitteln.“

Wichtigster Punkt: Glaubwürdigkeit

„Vor allem aber gilt: Wir müssen verloren gegangenes Vertrauen und Glaubwürdigkeit wieder zurückgewinnen“, fordert die JU. Dabei gehe es nicht um einen Rechtsruck: „Die Existenzängste und Sorgen der Bürger sind nicht genuin rechts oder links, sondern im Vertrauensverlust in die etablierten Parteien begründet.“ Gefährlich sei die Wahrnehmung der Bürger: „Wir da unten und Ihr da oben“, die letztlich den Populisten in die Karten spiele. Daher müsse die CSU bei den Verhandlungen zu einem möglichen Jamaika-Bündnis „als Stimme der Vernunft und des normalen Bürgers wahrgenommen“ – im Gegensatz „zu den elitären Gutverdiener-Parteien FDP und Grüne“, wie die Junge Union formuliert.

Als Hauptthemen, die die CSU verstärkt beackern muss, nennt die Junge Union in der vierseitigen Erklärung die folgenden acht Punkte: Familien- Eigentumsförderung, entschlossene Steuerentlastung, Begrenzung der Zuwanderung, viel schnellerer Ausbau der Glasfaser-Internetleitungen, Außen- und Verteidigungspolitik, Sicherung der Rechte der Länder gegenüber dem Bund, erneute Durchsetzung des Subsidiaritätsprinzips in der EU sowie eine gerechte Gestaltung der Rente.

Offene Fragen an den Parteichef

In der Süddeutschen Zeitung (SZ) betonte der bayerische JU-Chef Reichhart, die Delegierten würden dem Parteichef in der Diskussion sehr offen ihre Meinung sagen: „Unsere Mitglieder sind dafür bekannt, dass sie sagen, was sie denken. Und nicht: Mensch, ich muss jetzt unbedingt political korrekt sein. Dafür sind wir die Junge Union. Das sind die Leute, die den Kopf hinhalten im Wahlkampf. Die nachts Plakate aufstellen, Flyer verteilen, rausgehen und sich anreden lassen. Sie wollen sich dann auch intensiv austauschen können.“ Als mögliche Themen der Diskussion mit Seehofer nannte Reichhart: „Was sind die Ursachen für das schlechte Ergebnis bei der Bundestagswahl? Welche Folgen muss man daraus ziehen? Jedes einzelne Mitglied kann Fragen stellen, da wird nichts vorgegeben. Deshalb wird das ganze Meinungsspektrum der Partei zu hören sein, das wir derzeit zu bieten haben.“

Im Bayerischen Rundfunk kündigte Reichhart an, die JU werde in Erlangen „ganz tief reinhören“ in die Basis: „Was erwarten alle unsere Leute von uns, und was erwartet aber auch die Bevölkerung von uns, wie aufgestellt wir in die nächsten Monate ziehen und insoweit erwarte ich mir einfach, dass das jetzt mal der erste Aufschlag wird und wir dann bis zum Parteitag diese Diskussion so geführt haben, dass man sagen kann: Ja, jetzt haben wir ein Ergebnis und wissen, wie wir weitermachen.“

Aufruf zur Geschlossenheit

Gleichzeitig forderte Hans Reichhart in der SZ, der CSU-Parteitag am 15. und 16. Dezember in Nürnberg müsse bereits der „Startschuss in den Landtagswahlkampf“ für den Herbst 2018 sein und eine Klärung der Spitzenkandidatur bringen: „Wir können nicht über Weihnachten abwarten, was auf der Klausurtagung der Landtagsfraktion passiert. Wir müssen den Parteitag nutzen, um zu sagen: Das sind die Köpfe, die uns in die Landtagswahl führen und die an der Parteispitze stehen. Deswegen brauchen wir ein Personalkonzept. Der Kampf zweier Lager auf dem Parteitag würde uns nur schwächen.“

Der JU-Chef mahnte zudem die gesamte Partei zur Einheit – so wie in den vergangenen vier Jahren könne es nicht weitergehen. „Die letzten vier Jahre haben total tiefe Gräben in der CSU hinterlassen. Oft ging es doch nur noch um die Frage: Wer kann wie mit wem? Wir haben fast 150.000 Mitglieder. Die erwarten sich, dass das Gemeinsame in der Partei wieder sichtbar wird. Sie wollen, dass das Spitzenpersonal sagt: Uns geht es nicht um Einzelinteressen, sondern darum, gemeinsam die CSU vorwärts zu bringen. Da brauchen wir am Schluss die verschiedenen Pole der Partei“, so Reichhart.