Karl-Theodor zu Guttenberg beim 360°-Facebook-Stammtisch. (Foto: CSU)
Guttenberg

Klartext beim Online-Stammtisch

Karl-Theodor zu Guttenberg lobt im Facebook-Chat die „kreative Bockigkeit“ der CSU gegenüber der CDU, setzt Hoffnung auf die erfahrene Krisenmanagerin Angela Merkel und fordert alle Politiker auf, sich klar auszudrücken.

Der ehemalige Bundesminister und CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg hat die demokratischen Parteien aufgefordert, die Bürger mit klaren Aussagen anzusprechen und nicht in Leerformeln steckenzubleiben. „Die Menschen sind es müde, wenn ernsthafte Fragestellungen in immer gleicher Weise beantwortet werden“, sagte er im „360-Grad-Stammtisch“ der CSU im Sozialen Netzwerk Facebook, bei dem die Zuschauer Guttenberg auch Fragen stellen konnten. Je gleicher CDU und SPD schienen – wie etwa im TV-Duell Merkel-Schulz – umso mehr drohten davon die politischen Ränder zu profitieren, warnte „KT“.

Die kreative Bockigkeit der CSU bringt die CDU in Berlin immer wieder voran.

Karl-Theodor zu Guttenberg

Guttenberg lobte die CSU, deren „kreative Bockigkeit“ die CDU in Berlin immer wieder voranbringe. Gleichzeitig lasse sich die CSU nicht auf ein Thema isolieren. „Die CSU hat sich immer dadurch ausgezeichnet, dass sie klarmacht, dass Konservative an Spitze des Fortschritts marschieren“, so der frühere Bundesminister. In der CDU setze er die Hoffnung auf die junge Generation. „Ich finde Jens Spahn einen spannenden Charakter, der wird nicht an Schüchternheit zugrunde gehen“, nannte Guttenberg als Beispiel.

Die analytische Kraft der Kanzlerin

Deutschland sei über Jahrzehnte sehr gut geführt und gut regiert worden, betonte „KT“. Das werde klar beim Vergleich mit den USA, das viele Deutsche bekanntlich für ein Vorbild hielten. „In den USA findet man teilweise eine Infrastruktur vor wie im Sudan“, so Guttenberg. Er schätze Bundeskanzlerin Merkel sehr, „weil sie mit einer analytischen Kraft an Probleme herangeht, wie ich es sonst bei keinem Politker erlebt habe“, sagte der frühere Bundesminister. Das habe sich beim Krisenmanagement 2008 gezeigt, „wo ganze Volkswirtschaften zusammengebrochen sind“. Deutschland dagegen habe nach der Finanzkrise seine Arbeitslosenzahl halbiert und die Erwerbstätigenzahl enorm erhöht.

Clowns und Novizen

Merkel zeichne außerdem ein enormes Interesse an neuen Technologien aus, sowie Gelassenheit und Ruhe, lobte Guttenberg weiter. Und sie verfüge über viel Erfahrung: „Wir haben weltweit unerfahrene Clowns, die überall herumhüpfen“, da eine erfahrene Staatenlenkerin von Vorteil. Herausforderer Schulz nannte Guttenberg einen „Novizen“. Zwar sei der Präsident des EU-Parlaments „mehr als nur ein Grüßaugust, aber fern von der Verantwortung, die mit dem Kanzleramt verbunden ist“, erklärte „KT“.

Die Außen- und Sicherheitspolitik der EU ist eine Farce.

Karl-Theodor zu Guttenberg

Zur Zukunft der EU sagte Guttenberg: „Trudering war plötzlich bekannt in der Welt“, als Kanzlerin Merkel im dortigen Bierzelt erklärt hatte, aufgrund der Unsicherheit der USA müsse Europa sein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Deutschland sieht Guttenberg „gut genug aufgestellt, Europa so zu stabilisieren, dass es nicht kippt“. Allerdings tue sich die Bundesrepublik „traditionell schwer, eine Führungsrolle einzunehmen“. Leider sei Europa noch nicht so weit, das Schicksal in die eigene Hand zu nehmen. „Die Außen- und Sicherheitspolitik der EU ist eine Farce. Wir brauchen Einigkeit, da wird Deutschland sehr gefragt sein“, betonte „KT“.

Republikaner im Zwiespalt

Eine „Einhegung“ von US-Präsident Donald Trump sei bisher jedem misslungen, der das versucht habe. Eine Chance, Trump zu kontrollieren, sei das System der „Checks and Balances“ der US-Verfassung. Die erste Richterbesetzung Trumps am Höchsten Bundesgericht sei „gar nicht schlecht“ gewesen, er könne aber noch zwei Richter berufen. Der Kongress blicke bereits auf die Midterm-Elections 2018, es gebe „immer noch ganze Menge an US-Bürgern, die Trump wild entschlossen unterstützen“. Daher wollten sich die Republikaner nicht zu deutlich von ihm abwenden. Manche Republikaner versuchten nun allerdings, „Trump das Geschäft so madig zu machen, damit er irgendwann die Brocken von sich aus hinwirft“, sagte Guttenberg.

Kims gefährliches Kalkül

Die Raketen- und Atomwaffen-Tests in Nordkorea nannte „KT“ die derzeit „besorgniserregendste Entwicklung“ weltweit. Mit Trump und Diktator Kim Jong Un stünden sich „zwei unberechenbare Charaktere“ gegenüber – wobei Trump „interessanterweise noch unberechenbarer ist als Kim Jong Un“. Der nordkoreanische Diktator hoffe darauf, dass die Chinesen letztlich doch lieber ihm die Stange halten als den USA zu helfen. „Aber je höher die Nordkoreaner sich rüsten, desto größer ist auch die Gefahr eines Unfalls, der zu einer Eskalation führt“, so Guttenberg.