Kunstportrait von Martin Luther vor der Staatskanzlei in Magdeburg. (Bild: Imago/ Christian Schroedter)
Leitkultur

Mut gefragt

Auf der Tagung des Evangelischen Arbeitskreises spannen die Teilnehmer den Bogen von Martin Luther zur aktuellen Politik. Im Mittelpunkt der Diskussion: die Bedeutung der Leitkultur und wie wichtig das Bekenntnis zu christlichen Grundwerten ist.

Welche Thesen würde Martin Luther heute anschlagen? Über diese Frage diskutierten die Teilnehmer der Thesendisputation auf der Tagung des Evangelischen Arbeitskreises der CSU (EAK) in Heilsbronn (Kreis Ansbach), unter ihnen Bundesminister Christian Schmidt und der stellvertretende CSU-Generalsekretär Markus Blume. Unter seiner Regie haben Freiheitlichkeit und Selbstverantwortung – beides Bestandteile lutherischen Denkens – im neuen Grundsatzprogramm der CSU Einzug gehalten. Diesen Aspekt griff Schmidt, Landesvorsitzender des EAK, auf und schlug damit im 500. Jahrestag der Reformation einen Bogen von Martin Luther zur aktuellen Politik. Dabei ging es auch um die Frage, welche Rolle christliche Grundsätze in der Politik spielen sollten.

Zur Verantwortung verpflichtet

Luther und die christliche Lehre gäben allerdings keine konkreten Handreichungen zu politischem Handeln, sagte der Bundesminister. Während christliche Werte oft zur Absolutierung neigten, würde die Politik eher die Relativierung bevorzugen. „Es sind halt fast immer Kompromisse notwendig und die ‚reine Lehre‘ sei ohnehin – wenn überhaupt – nur auf demokratischem Wege durchsetzbar“, sagte Schmidt.

Gisela Bornowski, seit 2014 Regionalbischöfin im Kirchenkreis Ansbach-Würzburg, ging in ihrem Eingangsstatement auf christliche Grundsätze ein, die sich unter anderem in den Begriffen Frieden, Gerechtigkeit, Wahrung der Schöpfung, Nächstenliebe und Würde des Menschen widerspiegelten.

Der stellvertretende CSU-Generalsekretär und Landtagsabgeordnete Markus Blume erinnerte daran, dass das christliche Menschenbild auch zur Verantwortung verpflichte. Deshalb nenne sich das neue Grundsatzprogramm auch „Die Ordnung“, weil es ein Kompass im Spannungsfeld um das verantwortungsvolle Ringen um den jeweils richtigen Weg sein könne.

Was würde Luther sagen?

„Luther würde heute vermutlich dazu aufrufen, mutig zu sein und nicht über jedes Stöckchen des Zeitgeistes zu springen“, so Markus Blume. „Zusammenführen statt spalten“ seien wesentliche Aufgaben der Volkskirchen wie auch der Volksparteien.

Luther würde dazu aufrufen, mutig zu sein.

Markus Blume, stellvertretender Generalsekretär

Ähnlich argumentierte Bornowski und rief eine Aufforderung aus dem Buch des Propheten Jeremia in Erinnerung: „Suchet der Stadt Bestes“. Luther würde heute vermutlich ausrufen: „Tretet für Eure Überzeugungen ein, geht aber auch barmherzig mit Euch selbst und den Ansprüchen anderer um“. Laut Schmidt würde Luther möglicherweise „das ständige Kritisieren und die sprachliche Radikalität des Plattmachens in den Sozialen Netzwerken an den Pranger stellen“. Auch der Bundestagsabgeordnete Artur Auernhammer meinte: „Wir sind alle keine Hellseher, aber vermutlich würde er im Hinblick auf die Sozialen Medien fordern, dass mehr miteinander statt übereinander geredet wird.“

Spielregeln des Zusammenlebens

Nachdem der Begriff „Leitkultur“ immer wieder kritisiert wird, ging Blume in der Diskussion darauf ein, was unsere Gesellschaft zusammenhält. Nach seinen Worten brauche Zusammenleben gewisse Spielregeln und nicht nur eine Rechts-, sondern auch eine kulturelle Grundordnung. Dazu gehöre das Bekenntnis zu christlichen Grundwerten, ohne andere auszuschließen. „Unsere Gesellschaft muss so viel Respekt haben, andere und ungewohnte Lebensverhältnisse auszuhalten“, sagte er. Auch Muslime könnten demnach ihren Glauben ausleben, aber mit klarer Grenze: „Der Glaube ist keine Gesellschaftsordnung und muss im Einklang mit unserer verfassungsmäßigen Ordnung stehen“, mahnte Blume. Nach Ansicht von Bornowski könnte man am ehesten der Islamisierung entgegenwirken, indem der christliche Glaube bewusst vorgelebt werde.

Bewusst christlich leben

Einen Anstoß dazu gibt das Projekt „Bewusst christlich“ des EAK, das mit Broschüren und Karten christliche Werte und Traditionen aufzeigt. Die Diskussion drehte sich unter anderem um Fragen der Fluchtursachen und des Kirchenasyls, des Klimaschutzes und der Verschwendung von Lebensmitteln. Angesprochen wurde zudem die Christenverfolgung. „Christen sind die weltweit größte verfolgte Gruppe“, so Schmidt und betonte, dass sich auch die EU-Kommission mit diesem Thema beschäftige.

Evangelischer Arbeitskreis als Brückenbauer

Der Evangelische Arbeitskreis der CSU (EAK) versteht sich seit 60 Jahren als Brücke zwischen Politik und Kirche. Die Mitglieder greifen Ideen zur Gestaltung einer christlich orientierten Politik in Bayern, Deutschland und Europa auf. Dabei sollen die Wirtschafts- und Sozialsysteme in den europäischen Regionen und Nationen verbessert werden, um dauerhaft finanzierbar zu bleiben.