Ausführlich beantwortete Horst Seehofer in Rosenheim die Fragen der Parteimitglieder. (Foto: CSU)
Basisdialog

„Feuer frei“ für die Mitglieder

Fast vier Stunden lang stellte sich der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer in Rosenheim den Fragen der Parteibasis. Als drängendstes Problem nannten die Mitglieder die Bewältigung der Flüchtligskrise und die Begrenzung der Zuwanderung.

„Feuer frei!“, unter dieses Motto stellte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer den zweiten Basisdialog mit Parteichef Horst Seehofer. Knapp 200 Parteimitglieder waren der Einladung gefolgt, mit dem CSU-Vorsitzenden, Ministern, Staatsekretären und Abgeordneten zu Beginn des Bundestagswahlkampfes im Rosenheimer „Kultur & Kongresszentrum“  zu debattieren und Fragen zu stellen.

Richtungsentscheidung im Bund

„Deutschland geht es gut, und Bayern steht heute prächtiger da denn je“, hatte Seehofer die Mitglieder in der Einladung zum Basisdialog eingestimmt. Dies sei der Erfolg der Arbeit in Berlin und in Bayern. Unter der Union, so der Parteivorsitzende, sei Deutschland wieder zur Wirtschaftslokomotive Europas geworden und zum Garant für außenpolitische Stabilität und solide Finanzen.

Wenn uns die Bundestagswahl gut gelingt, werden wir viel Rückenwind bekommen für die Landtagswahl.

Horst Seehofer

„Die Bundestagswahl ist eine absolute Richtungsentscheidung.“, so Seehofer.  Es gehe darum, ob Deutschland ein bürgerliches Land bleibe oder eine linke Republik werde. Es gehe um „die Entscheidung zwischen Wohlstand und Chancen oder Schulden und Umverteilung, zwischen Leistungsgerechtigkeit und Eigenverantwortung oder Bevormundung und Verboten“.

„Wenn uns die Bundestagswahl gut gelingt, werden wir viel Rückenwind bekommen für die Landtagswahl“, griff Seehofer diese Gedanken in seiner kurzen Eingangsrede auf. „Wir stellen in Bayern seit 60 Jahren ununterbrochen den Ministerpräsidenten“, sagte Seehofer den Parteimitgliedern. „Wir sollten alles dafür tun, dass noch viele Jahre hinzukommen.“ Auch deshalb, so der Parteivorsitzende, wolle er erfahren, wie Politik in Bayern und in Deutschland in den kommenden Jahren gestaltet werden solle.

Lob und Kritik

Eine Aufforderung, die die anwesenden CSU-Mitglieder nur zu gerne annahmen. Fast vier Stunden lang präsentierten sie dem Parteivorsitzenden ein breites Spektrum von Anliegen, von lokalen und bundesweit relevanten Themen, von Kritik und Lob.

Ein Problem, das in der Diskussion einen besonders breiten Raum einnahm, war die Flüchtlingspolitik. Die „Regelbrüche“, die sich im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 ereignet hätten, müssten beendet werden, verlangte ein Mitglied. Wie kann der Asylmissbrauch gestoppt werden, lautete eine andere Frage. „Kommt die Obergrenze wirklich?“, sorgte sich ein weiteres Mitglied.

Ich möchte, dass wir die Identität und die Kultur unserer Landes erhalten.

Horst Seehofer

Die Wortmeldungen zeigten, so Seehofer, welch große Rolle die Sicherheits- und Zuwanderungspolitik bei der Bundestagswahl spielen werde. Deshalb solle Bayerns Innenminister Joachim Herrmann die Bundestagswahlliste anführen. „Wir brauchen ein Gesicht, das in der Bevölkerung bei diesen Themen akzeptiert ist“, sagte Seehofer und lobte den designierten Spitzenkandidaten: „Er ist absolut integer, absolut kompetent. Ich bin richtig froh, dass wir ihn haben.“  Zum Thema Obergrenze wiederholte Seehofer seine Position, dass Integration nur gelingen könne, wenn die Zuwanderung begrenzt werde.

Plädoyer für die Leitkultur

„Deutschland muss Deutschland bleiben“, sicherte Seehofer den Mitgliedern zu. „Ich möchte, dass wir die Identität und die Kultur unseres Landes erhalten.“ Wer für die Leitkultur eintrete, sei kein Rechtsradikaler, sondern ein aufgeklärter Patriot.

Seehofer sprach sich dafür aus, den Wählern eine Garantie zu geben, dass sich das Jahr 2015 und der damit verbundene Kontrollverlust nicht wiederholen werde. Dazu gehöre auch, in keine Koalition zu gehen, wenn diese Garantie nicht erfüllt werde. Der Spitzenkandidat der CSU, Joachim Herrmann, sei die Personifizierung dieser Garantie.

Ein weiteres Thema in diesem Zusammenhang waren die Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse für Asylbewerber. „Lassen Sie die Menschen arbeiten oder schieben Sie sie ab“, forderte ein CSU-Bürgermeister. Wenn die Flüchtlinge nur herumsäßen, kämen sie nur auf dumme Gedanken. „Wir gehen Klinkenputzen, um die Leute in Arbeit zu bekommen, und dann hören wir von den Behörden, dass sie nicht arbeiten dürfen“, klagte eine Integrationsbeauftragte. Das sei den Unternehmen nicht mehr zu vermitteln.

Begrenzung als Voraussetzung für Integration

Seehofer sagte, dies, wie sehr sich die Situation im Vergleich zu den 90er Jahren verändert habe. Damals hätten die Menschen angesichts der Flüchtlinge Angst um ihre Arbeitsplätze gehabt. Heute seien viele froh, wenn sie Migranten als Arbeitskräfte bekommen könnten.

Eine Ausbildung sei ein Wert für sich, sagte Seehofer. Auch wenn die Menschen unser Land wieder verlassen müssten. „Das kann aber nur funktionieren, wenn die Zuwanderung begrenzt wird. Es ist humaner, die Zuwanderung zu begrenzen, als die Menschen erst jahrelang in Deutschland herumzuschicken und dann eine Abschiebung zu versuchen.“

Sozialministerin Emilia Müller konnte klar stellen: Wer noch keinen ablehnenden Asylbescheid habe, der könne eine Ausbildung aufnehmen und diese auch fertig machen, auch wenn während der Ausbildung die Ablehnung komme. Für diejenigen, die bereits eine Zusage von einem Arbeitgeber, aber noch keinen Vertrag hätten, sicherte Müller zu, sollten schnell vernünftige Ausnahmeregelungen gefunden werden.

Wunsch nach „schwarzer Politik“

Ein weiteres Thema war die Umweltpolitik der Bundesregierung. Sie wünsche sich, dass endlich wieder ein „schwarzer Politiker“, dieses Ministerium übernehme, sagte eine Bäuerin. Die amtierende SPD-Ministerin Hendricks regiere „äußerst ungut“ in die Landwirtschaft hinein und verlange „horrende“ Dinge von den Landwirten, klagte sie.

Wie es mit der Energiewende in Bayern weitergehen solle, vor allem mit dem Bau von neuen Windkraftanlagen, wollte ein Mitglied wissen. Bereits jetzt kämen 40 Prozent des bayerischen Stroms aus erneuerbaren Energien, klärte Staatssekretär Franz Josef Pschierer auf. Er verteidigte die 10h-Abstandsregel für Windkraftanlagen gegen die Kritik. Nur so ließe sich eine Verspargelung der Landschaft vermeiden. Und dort, wo die Akzeptanz für derartige Masten vorhanden sei, könnten die Gemeinden auch anders entscheiden. Für die Versorgungssicherheit in Bayern seien auch die beiden neuen Stromtrassen nötig, so Pschierer. Diese kämen zu einhundert Prozent erdverkabelt. Dies, lobte Pschierer, sei ein besonderer Verdienst des bayerischen Ministerpräsidenten.

Wir wollen mehr Mobilität bei weniger Lärmbelastung.

Alexander Dobrindt

Auf die Bedenken der Bürger ging auch Verkehrsminister Alexander Dobrindt ein. Die bisherige Planung der Bahntrassen als Zubringer zum Brennerbasistunnel hatte ein Mitglied kritisiert und massive Lärmbelastungen angeführt. Die Planungen, so Dobrindt, würden komplett überarbeitet, das sei bereits zugesagt. Ziel müsse es sein, die Trassenführung in Übereinstimmung mit der Bevölkerung zu gestalten. “Wir wollen mehr Mobilität bei weniger Lärmbelastung“, versprach der Minister.

Sorgen um die Pflege im Alter

Lob gab es für die von der CSU durchgesetzte Mütterrente. Seehofer, so der Wunsch an den Parteivorsitzenden, solle auch die von der CSU angestrebte Ausweitung der Mütterrente in Berlin durchsetzen. Sorgen bereitete den Anwesenden dagegen die Pflege im Alter und die medizinische Versorgung auf dem Land. Seehofer sicherte zu, beide Themen seien zentrale Punkte seiner Politik.

In der Wirtschaftspolitik beschäftigten die CSU-Mitglieder vor allem der Brexit und das Verhältnis zu Russland. „Vom Brexit sind wir massiv betroffen“, sagte die Europa-Abgeordnete Angelika Niebler. „Wir dürfen nicht durch besonders großzügige Regelungen andere Länder zum Austritt animieren, wir müssen aber mit Großbritannien eine vernünftige Regelung erzielen“, schilderte sie die Problematik der Verhandlungen.

Einsatz für freie Märkte

Er solle sich weiter für die Abschaffung der Russland-Sanktionen einsetzen, appellierte ein Mitglied an den Parteivorsitzenden. Bayern brauche Russland als Partner. „Fast 60 Prozent unserer Wirtschaft hängt am Export. Wenn das wegfallen würde, stünden wir wieder da, wo wir vor vierzig oder fünfzig Jahren waren, dann wären wir wieder ein bettelarmes Land“, betonte Seehofer die Bedeutung freier Märkte für Bayern. Deutschland, so Seehofer, müsse versuchen, zu allen Ländern in Europa ein gutes Verhältnis zu haben. Dafür, versprach der CSU-Vorsitzende, werde er sich weiter einsetzen.