Schauspielerin Uschi Glas engagiert sich ehrenamtlich. Auch sie war zum Integrationskongress gekommen. Links MdB Julia Obermeier. (Foto: CSU)
Integration

Integration ist Bringschuld

In Bayern gelingt Integration. Warum? Und: Was können Politik und Gesellschaft dafür tun, dass das so bleibt? Der Arbeitskreis Migration und Integration hat diese Fragen diskutiert. Sogar Schauspielerin Uschi Glas ist gekommen - mit einer Botschaft.

Den Arbeitskreis Migration und Integration der CSU gibt es seit 2015. Er ist der jüngste Arbeitskreis der Partei. Ozan Iyibas ist Vorsitzender, er freut sich bereits über fünf Bezirksgründungen. „Unser Arbeitskreis lebt von Vielfalt, aber wir sind keine Migranten-Union“, sagt Iyibas, dessen Eltern als türkische Gastarbeiter nach Bayern gekommen waren. Sein erklärtes Ziel: „Wir wollen den Dreiklang schaffen zwischen Migration, Integration und Heimat.“ Pflichten sieht Iyibas nicht zuletzt bei den Zuwanderern: „Heimat zu finden ist eine bewusste Entscheidung.“ Zum Austausch lud Iyibas in die CSU-Landesleitung: Vertreter aus Wirtschaft, Sport, Schulen, Kommunalpolitik, Migranten selbst. Sie alle diskutierten darüber, wie Integration am besten gelingt.

Die Fakten

Der Freistaat Bayern hat bundesweit die höchste Erwerbsquote von Menschen mit Migrationshintergrund. Jeder fünfte Bayer hat Wurzeln im Ausland. In München ist der Migrantenanteil höher als in Berlin. 400.000 Münchner haben einen ausländischen Pass, mehr als 200.000 weitere einen Migrationshintergrund. Das sind zusammen mehr als 40 Prozent der Einwohner.

Sprache ist der Schlüssel zur Integration.

Michaela Kaniber, MdL

Trotzdem: „Bei uns gibt es keine Parallelgesellschaften und No-Go-Areas“, sagt CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Dass Bayern in Sachen Integration so viele Rekorde hält, führt Scheuer auf die enge Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zurück. „Wirtschaftlicher Erfolg ist der Garant der Akzeptanz“, sagt Scheuer.

Die Probleme

Marian Offmann sitzt für die CSU im Münchner Stadtrat. Er sagt: „Wir können stolz darauf sein, was wir geschafft haben. Aber einige Dinge sind verbesserungswürdig.“ So machten Migranten einen großen Anteil der Wohnungslosen aus. Nur kluger Wohnungsbau könne dieses dringende Problem lösen, sagt der Kommunalpolitiker. Dies müsse allerdings so geschehen, dass keine Ghettos entstehen. Heißt: Wohnraum schaffen für alle.

Das Handwerk plagen andere Sorgen, berichtet Lothar Semper. Er ist Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für München und Oberbayern. In den Handwerksbetrieben sei die Unsicherheit groß. Unternehmer seien nicht ausreichend darüber aufgeklärt, in welchem Fall zum Beispiel Afghanen abgeschoben würden und in welchem nicht. „Für uns ist nicht entscheidend, wo jemand herkommt, sondern wo er hin will“, sagt Semper. Oliver Platzer, Sprecher des Bayerischen Innenministeriums, bestätigt auf Nachfrage Missverständnisse in diesem Bereich. Er klärt auf: „Grundsätzlich gilt, dass Afghanen in einem begonnenen Ausbildungsverhältnis nicht abgeschoben werden. Das gilt nicht für Straftäter. Ein Besuch der Berufsschule gilt nicht als Ausbildung im Sinne der greifenden Regelung.“

Es gibt eine Minderheit, da kommen wir an die Eltern nicht ran.

Wolfgang Zeller

Wolfgang Zeller, ehemaliger Schulleiter und Vorsitzender des Arbeitskreises Schule der CSU, macht klar: Oft sind die Eltern das größte Problem: „Es gibt eine Minderheit, da kommen wir an die Eltern nicht ran.“ Migrantenkinder, die zuhause kein Wort Deutsch sprechen, deren Eltern kein Interesse an Integration zeigten, die könnten eben zu Problemfällen werden. Um solche Fälle richtig zu erkennen und zu beheben, bräuchten Schulen höhere Betreuungsschlüssel.

Die Lösungen

Sprache, Sprache, Sprache. In dieser Frage sind sich alle einig: „Sprache ist der Schlüssel zur Integration“, sagt Michaela Kaniber, geboren in Bad Reichenhall als Tochter kroatischer Gastarbeiter. Die CSU-Landtagsabgeordnete, kroatisch erzogen, bayerisch geprägt, ist Anhängerin des FC Bayern München und von Hajduk Split, spricht natürlich „fließend“ Bairisch.

Wir müssen fordern und nicht nur fördern.

Ozan Iyibas

Auch Thomas Kram vom Bayerischen Landessportverband bestätigt: Beim gemeinsamen Sport lernen Ausländer schnell Deutsch, bauen sich ein soziales Netzwerk auf und kommen so am Ende auch leichter in Wohnungen, an Arbeitsplätze und in der Gesellschaft an. „Sport verbindet“, so abgegriffen diese These ist – sie stimmt eben, bekräftigt Kram.

Ozan Iyibas betont: „Wir müssen fordern und nicht nur fördern.“ Integration sei eine Bringschuld derer, die nach Deutschland kommen. „In Bayern sind wir stolz auf unsere Werte, Kultur, Traditionen und Religion.“ Wer hier heimisch werden wolle, müsse sich damit auseinandersetzen. Iyibas will Rollenbilder stärken, Menschen zeigen, die sich erfolgreich integriert haben. Dazu gehört für ihn auch, Probleme zu benennen – abseits von politischer Korrektheit. „Wir brauchen eine klare, ehrliche Sprache, die nichts verschweigt und nichts befeuert.“

Das Ehrenamt

Schauspielerin Uschi Glas hat den Verein brotZeit gegründet, um Schulkinder mit Frühstück zu versorgen. Eben solche, bei denen selbst das zuhause nicht klappt. Darunter ist auch immer wieder Einwanderer-Nachwuchs. „Ich erlebe Kinder, deren Familie hat daheim nicht mal einen Tisch, an dem sie gemeinsam essen könnte“, sagt Glas, die die Arbeit des Vereins beim Integrationskongress vorstellte. Glas berichtet von aufgeweckten, engagierten Flüchtlingskindern, die derzeit mit ihren Familien ins Land kommen. „Um die brauchen wir nicht fürchten“, sagt sie. Aber: „Wir dürfen die anderen – die, deren Eltern und Großeltern kein Deutsch sprechen und sich nicht integrieren – nicht vergessen. Sonst verlieren wir diese Generation.“