Gruppenraum mit Themenwand zum Monatsprojekt (Foto: BK/dia)
Landtagskinderkrippe

Ein „Nestchen“ vor den Toren des Maximilianeums

Während ihre Eltern arbeiten, schaufeln sie fleißig Sand oder flitzen mit dem Bobby-Car durch die Gegend: Die Kinderkrippe des Bayerischen Landtags gibt Kleinkindern der Landtagsangestellten tagsüber ein zweites Zuhause.

Wären die Autos, die Fahrer und die Runden größer, könnte man fast meinen, man wäre am Nürburgring: Blitzschnell sausen einige Kinder der Kinderkrippe des Bayerischen Landtags auf dem karreeförmigen gepflasterten Weg im Innenhof des Hauses an Kletterturm und Erdbeerbeeten vorbei. Übrigens fast nur die männlichen; die weiblichen gehen lieber mit ihren bunten Rüschenmützchen im sonnenbeschienenen Gras spazieren, sitzen im gerätetechnisch gut bestückten Sandkasten oder verfolgen mit stoischer Ruhe, wie die acht Monate alte Jüngste im Bunde, das Treiben vom Arm der Erzieherin aus.

Einrichtung für Angestellte des Landtags

14 Kinder im Alter von acht Monaten bis drei Jahren befinden sich derzeit in der eigens vom Landtag betriebenen Kinderkrippe – vor den Toren desselben: am Max-Weber-Platz. Nicht von allen Kindern arbeiten die Eltern allerdings im Landtag, auch wenn ein Elternteil dies laut Satzung müsste. „Wenn noch Plätze frei sind, dann nehmen wir auch andere Familien auf“, erklärt Krippenleiterin Tanja Klopp. Auch die Landtagsabgeordneten haben die Möglichkeit, in der seit November 2009 bestehenden Einrichtung ihren Nachwuchs betreuen zu lassen. Momentan seien aber keine Kinder von Abgeordneten hier; letztes Jahr seien es zwei gewesen, weiß Klopp von ihrer Stellvertreterin Irina Ermak, die seit April 2012 in der Einrichtung arbeitet.

Klopp dagegen ist erst den fünften Tag in der Krippe. Die 27-jährige studierte Erzieherin und Sozialarbeiterin war vorher Mutterschaftsvertretung in einer anderen Kindertagesstätte in München, ehe sie die frei gewordene Stelle als Leiterin der Landtagskrippe bekam. Von ihrem neuen Arbeitgeber ist sie hellauf begeistert: „Ich bin richtig glücklich hier und unglaublich wertschätzend von meinem Träger eingeführt worden. Das hatte ich so bisher noch nie in meiner beruflichen Laufbahn“, schwärmt die brünette junge Frau, die mit ihren blau getuschten Wimpern der Buntheit der Räumlichkeiten noch das i-Tüpfelchen verleiht.

Situations- und funktionsorientierter Erziehungsansatz

Genauso wohlbehalten und persönlich beachtet, wie sich Klopp fühlt, werden auch die Kinder in dem hellen Innenhofgebäude am Max-Weber-Platz umsorgt: Jedes Kind hat sein eigenes Tiersymbol als Markierung seines Platzes bei Garderobe, Tisch und Bett, darf sich sein Essen und Trinken selber nehmen und bekommt einen persönlichen Gute-Nacht-Gruß vor dem Mittagsschlaf. „Man geht auf jedes Kind mit einem individuellen Satz ein, bevor man es zudeckt. Jedes Kind braucht auch etwas anderes“, erklärt Ermak den Ablauf vor dem Mittagsschlaf, auf den mit Lüften, leiser Musik und dem liebevollen Herrichten der Betten eingestimmt wird. „Rituale geben Sicherheit“, erläutert Ermak weiter. Dazu gehöre auch, dass, wenn es das Wetter zulässt, „wir jeden Tag einmal draußen im Garten sind“, ergänzt Klopp.

Und wenn die Kinder nicht draußen oder drinnen spielen, schlafen oder essen, dann reisen sie um die Welt – von der Türkei nach Japan, Indien, Russland bis zu den amerikanischen Ureinwohnern und in die Antarktis und schließlich wieder zurück nach Bayern. Das sind die Stationen des derzeitigen Monatsprojekts „Reise um die Welt“. „Wir versuchen, den Kindern auf spielerische Weise andere Länder und Kulturen näherzubringen“, erzählt Klopp. Das geschehe beispielsweise über das Hören von Geschichten oder Musik anderer Länder oder über das morgendliche „Hallo“ in der Fremdsprache des jeweiligen „Reiselands“. Den weitesten „Reiseweg“ müssen die Kinder freilich für ihren Trip in die Antarktis zurückgelegen – bis in den ersten Stock: Dort befindet sich ein Bälle-Bad mit weißen Kugeln – Schneebällen auf „antarktisch“. So könnten die Kinder lernen, dass es in der Antarktis kalt ist, und beim Sammeln von selbst gebastelten Fischen zwischen den Kugeln könnten sie begreifen, wie man dort lebt und sich ernährt, verdeutlicht Klopp das pädagogische Konzept und beschreibt dieses allgemein für die Einrichtung mit den Worten: „Je nach Bedarf und Situation arbeiten wir nach situationsorientiertem und funktionsorientiertem Ansatz.“ Das war letzte Woche beispielsweise zusätzlich der Muttertag: „Da haben wir natürlich auch viel gebastelt“, sagen die beiden fröhlich wirkenden Erzieherinnen und präsentieren stolz die von den Kindern bemalten herzförmigen Holzschächtelchen und aus Ton ausgestochenen herzförmigen Anhänger.

Ausbau zum „Kinderhaus“ im Sommer

Damit die Kinder, wenn sie älter werden, in gewohnter Umgebung bleiben können, ist eine Erweiterung der Krippe um einen Kindergarten geplant. Dafür werde ab Sommer der weitgehend freie erste Stock umgebaut, wo dann eine Kindergartengruppe – als dritte Gruppe zusätzlich zu den bislang bestehenden beiden Krippengruppen – einziehe, verrät Ermak. Im Frühjahr 2016 – so der Plan des Landtags – soll alles fertig sein; dann wird aus der „Kinderkrippe“ das „Kinderhaus“ des Bayerischen Landtags.