Die CSU-Vizechefin Angelika Niebler lädt ein zur "Langen Nacht der Frauen". (Bild: Imago/Sven Simon)
FU-Chefin Niebler

„Das Ausmaß der Vorfälle hat mich schockiert“

Vor einigen Jahren war Angelika Niebler selbst Opfer eines Überfalls. Auch deshalb gehen der CSU-Vizechefin die Ereignisse von Köln besonders nahe. Dass die Übergriffe in diesem Ausmaß hierzulande möglich sind, habe sie sich nicht vorstellen können, sagt Niebler in einem Interview. Sie fordert eine Debatte um schärfere Abschieberegeln - und glaubt an einen gemeinsamen europäischen Weg.

Die Ereignisse in Köln rufen bei Angelika Niebler Erinnerungen an einen Vorfall in ihrem eigenen Leben wieder hervor: Auf dem Weg vom Parlament zu ihrer Wohnung in Brüssel wurde die CSU-Europaabgeordnete vor einigen Jahren von einer Gruppe Jugendlicher überfallen, zu Boden gestürzt und ausgeraubt – Ein Ereignis, das das Verhalten der Politikerin nachhaltig verändert hat. „Ich achte bis heute sehr genau darauf, wer hinter mir geht“, erzählte die stellvertretende CSU-Chefin jetzt in einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt.

Zwar sei der Überfall, den Niebler erlebt hat, nicht mit den dramatischen Vorgängen der Kölner Silvesternacht zu vergleichen, betonte sie. Erinnerungen würden aber natürlich trotzdem wach. Sie habe einige Tage gebraucht, um das wahre Ausmaß der Übergriffe in der Domstadt zu begreifen, so die Politikerin. „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Polizei so versagt.“ In Nieblers Heimatstadt München habe man am selben Abend Terroralarm gehabt, „und die bayerische Polizei hat als Herr der Lage agiert“. Sie sei überzeugt gewesen, dass in allen deutschen Großstädten genügend Polizisten im Einsatz seien. Denn: „Die Sicherheitslage war ja an Silvester nach Paris in allen Großstädten angespannt“, stellte Niebler fest.

Die Übergriffe haben auch Angelika Niebler geschockt. Die Kölner Überfälle hätten eine „völlig neue Qualität“ gehabt. Sie könne die Verzweiflung der Frauen verstehen, die sich von der anwesenden Polizei offenbar nicht ausreichend unterstützt gefühlt hätten.

„Trotz der Vorkomnisse kein Generalverdacht“

Zwar seien die meisten der Tatverdächtigen Einwanderer oder Flüchtlinge – trotzdem dürfe man jetzt niemanden unter Generalverdacht stellen. „Man kann aber auch nicht verleugnen, dass Flüchtlinge beteiligt waren. Wenn wir Kriminalität verhindern wollen, müssen wir die jungen Leute integrieren“, findet Niebler. Das gehe nur über Bildung und Ausbildung.

Niebler bekräftigt Forderung nach Obergrenze

Bei der Frage, wie viele Menschen man realistisch integrieren könne, sagte Niebler: „Wir sind am Limit.“ Noch könne man die Menschenmassen meistern – „aber wenn es bei täglich 4000 Zuwanderern bleibt, sind wir innerhalb weniger Monate überfordert.“ Eine Obergrenze für die Zuwanderung sei daher zwingend notwendig.

„Die Identität darf nicht verloren gehen“

Besonders wichtig ist Niebler die Botschaft, dass die Frauen in Deutschland ihr Verhalten trotz der Vorkommnisse auf keinen Fall ändern dürften. „Es kann nicht sein, dass die Frauen ihr Verhalten anpassen“, betonte die Europaparlamentarierin, die außerdem Vorsitzende der CSU-Frauen Union ist. „In Bayern werden die Frauen weiterhin Dirndl tragen, in den Schulen tragen Mädchen weiter Miniröcke. Wenn das nicht mehr gewährleistet ist, ist das nicht mehr mein Land“, stellte Niebler klar. Dann nämlich gehe ein Stück Identität verloren.

Debatte um schärfere Abschieberegeln

Jetzt müsse über die richtigen Konsequenzen aus den Vorfällen diskutiert werden. Dabei sei die derzeitige Abschieberegelung „zu lax“, wie Niebler findet. Wer nach Deutschland komme, müsse sich an die hier geltende Rechtsordnung halten. Sollte man sich darauf einigen, Straftäter schon bei einer Strafe von einem Jahr abzuschieben, sei man schon einen wichtigen Schritt weiter.

Dringender Handlungsbedarf auf europäische Ebene

Für die Europapolitikerin ist aber auch klar: Auf EU-Ebene funktioniert die Zusammenarbeit in der Flüchtlingsfrage überhaupt nicht. Die Kommission habe schon vor mehr als einem halben Jahr Vorschläge für eine Quotenverteilung gemacht, die einzelnen Mitgliedsstaaten seien darauf aber nicht eingegangen. „Da wir in Europa keine Vollzugsbehörde haben, kann man nur weiterverhandeln und mit Sanktionen drohen“, stellt Niebler fest. Dabei bringt sie auch eine Kürzung von EU-Geldern für jene Staaten ins Spiel, die sich an einer gerechten Verteilung der Menschen nicht beteiligen wollen. „Und dazu brauchen wir mehr, und nicht weniger Europa.“

„Europa hat immer noch einen gemeinsamen Weg gefunden“ – Vorbild Schweden

Trotz der aktuellen Krise in der EU bleibt Niebler optimistisch: „Europa hat immer noch einen gemeinsamen Weg gefunden.“ Dennoch: Wenn eine europäische Lösung noch Zeit brauche, müssten die Nationalstaaten für sich Lösungen finden. Als Beispiel nennt Niebler Schweden. „Sie haben vorgemacht, dass man kurzfristig Grenzen sichern und kontrollieren kann.“ Sollten die internationalen Maßnahmen in den nächsten zwei oder drei Monaten nicht zu einer Reduzierung der Flüchtlingszahlen führen, müsse man auch hierzulande derartige Aktionen in Erwägung ziehen.

Friedrich warnt vor „Zerfall des sozialen Friedens in Deutschland“

Unterdessen warnt der ehemalige Bundesinnenminister Friedrich vor dem Zerfall des sozialen Friedens in Deutschland. Wenn die unkontrollierte Zuwanderung anhalte, so Friedrich in einem Interview mit der Funke-Mediengruppe, gefährde dies den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Übergriffe wie etwa auf Frauen in der Silvesternacht lassen aus Friedrichs Sicht zudem das Vertrauen der Bürger in den Staat schwinden. Der Ex-Minister warnte deshalb vor einer grundsätzlichen Staatskrise. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Landsberg, sagte den Funke-Zeitungen, wenn Bürger den Eindruck hätten, dass bestimmte öffentliche Orte nicht mehr sicher sind, müsse dringend gehandelt werden. Es dürfe keine No-Go-Areas in deutschen Städten und Gemeinden geben.