Der Flüchtlingsstrom wird auch in den kommenden Monaten nicht abreißen. (Foto: Trueffelpix, Fotolia)
Flüchtlinge

Seehofer fordert nationale Asyl-Strategie

Eine Rekordzahl von Asylbewerbern wird 2015 befürchtet. Der Bund geht immer noch von 300.000 aus, die Länder, die die Menschen unterbringen müssen, schätzen bis zu 550.000. Der Bund darf die Länder und die kommunen nicht alleinlassen, meint Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, und fordert eine nationale Asyl-Strategie.

München – Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer will den Bund finanziell und organisatorisch bei der Betreuung und Unterbringung der vielen Asylbewerber in die Pflicht nehmen. Die Bundesregierung müsse dies zu einer „nationalen Gemeinschaftsaktion“, einer „gemeinsamen Kraftanstrengung“ zwischen Bund, Ländern und Kommunen machen, sagte der Parteichef. Er werde das über die Ministerpräsidentenkonferenz und die Koa­lition anschieben. Geklärt werden müssten Fragen wie schärfere Grenzkontrollen, die Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Länder und die Beschleunigung der Asylverfahren, so Seehofer. „Da geht es uns nicht nur um Geld, sondern vor allem auch um strukturelle Fragen.“

Die Länder – und besonders die für die Unterbringung zuständigen Kommunen – stehen unter dem Druck steigender Flüchtlingszahlen. Der Bund schätzt, dass 2015 rund 300000 Flüchtlinge kommen. Die Länder rechnen aber mit viel mehr: Bis zu 550000 lauten die Schätzungen. Aus ihrer Sicht ist deshalb die Zusage des Bundes vom Dezember unzureichend, 2015 und 2016 je eine halbe Milliarde Euro bereitzustellen.

Wohnraum ist das Hauptproblem

Die Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen in der Asylthematik seien verwirrend, kritisierte Seehofer. „Die Bevölkerung will keinen Streit zwischen den Ebenen.“ Das verfestige den Eindruck, die Politik habe das Problem nicht im Griff, und stärke die Extremen. Die Bevölkerung sei bislang äußerst hilfsbereit, lobte Seehofer. Das dürfe man nicht gefährden.

Als eines der Hauptthemen nannte Seehofer die Wohnraumversorgung. Bisher würden zwei Drittel aller Asylbewerber nicht ausgewiesen und blieben faktisch in Deutschland. Dann müssten sie auch untergebracht werden. „Nutzen wir die bisherigen Instrumente des sozialen Wohnungsbaus oder starten wir eine neue Kraftanstrengung?“, so Seehofer. Sonst drohe eine „Wohnraumkonkurrenz“ zwischen der bestehenden Bevölkerung und den Zuwanderern – wie Anfang der 1990er Jahre. Immerhin gebe es derzeit keinen Mangel an Arbeitsplätzen. „Damals waren die Menschen in Sorge, dass die Zuwanderer ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen.“ Heute aber meinten viele Bürger, die Zuwanderer sollten ruhig arbeiten für ihren Unterhalt.

Wolfram Göll