Gespräch über Agrarpolitik im oberösterreichischen Geinberg mit den Agrarministern Helmut Brunner (r.) und Andrä Rupprechter. Bild: BMLFUW/Christopher Fuchs
Milchpreise

Abwärtstrend durchbrechen

Die Bayerische Staatsregierung fordert von Brüssel wirksamere Weichenstellungen zugunsten der Milcherzeuger. „Die bislang angekündigten Hilfen reichen nicht aus, um den Milchmarkt in Europa zu stabilisieren“, sagte Landwirtschaftsminister Helmut Brunner am Dienstag in München. Allein mit Sofortgeldern könne man die europaweiten Probleme nicht lösen.

Notwendig seien darüber hinaus gezielte Eingriffe zur Entlastung der Märkte, beispielswiese eine nicht angekündigte, zeitlich begrenzte Aufkaufaktion durch die EU-Kommission – etwa für Milchpulver. „So kann der Markt rasch entlastet und der Abwärtstrend bei den Preisen durchbrochen werden“, sagte Brunner. Zudem müsse Brüssel über weitere innovative und kreative Lösungen nachdenken und darüber hinaus auch prüfen, ob bereits bestehende Ansätze wie ein freiwilliger Produktionsverzicht gegen Entschädigungszahlungen umsetzbar und finanzierbar sind. Allerdings dürften solche Modelle nicht zum Wiedereinstieg in eine Milchquotenregelung führen. Laut Brunner bringt der anhaltende Milchpreisverfall inzwischen selbst leistungsfähigste Betriebe in Bedrängnis. Deshalb brauche es mehr als die altbekannten Hilfsmechanismen. „Brüssel muss alles tun, um Angebot und Nachfrage schnellstens wieder in Einklang zu bringen“, so der Minister. Denn wenn es nicht rasch gelinge, das Ungleichgewicht zu beseitigen, drohe ein Strukturbruch mit unabsehbaren Folgen für Kulturlandschaft und ländliche Räume.

Brunner setzt sich in Brüssel für Milchbauern ein

Darüber hinaus will sich Brunner in Brüssel und Berlin weiter für ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Unterstützung der Milchbauern stark machen. Unter anderem fordert der Minister von der EU-Kommission eine zumindest zeitweise Anhebung der Interventionspreise bei Milch und Milcherzeugnissen auf ein Absicherungsniveau von 25 Cent pro Kilo – um den Markt kurzfristig zu entlasten und die steigenden Produktionskosten zu berücksichtigen. Um solche zeitlich befristeten Maßnahmen zu finanzieren, verlangt Brunner von Brüssel, die 900 Millionen Euro aus der sogenannten Superabgabe – das sind die wegen der Überlieferung der inzwischen ausgelaufenen Milchquote angefallenen „Strafabgaben“ der Bauern – in vollem Umfang und nicht nur teilweise dem Milchsektor zur Verfügung zu stellen. Zudem müsse die EU-Kommission die Anstrengungen zur Absatzförderung und zur Erschließung von Drittlandmärkten weiter verstärken. Aber auch den Bund sieht der Minister in der Pflicht: Neben der Bereitstellung von Liquiditätshilfen und staatlichen Bürgschaften für existenziell bedrohte Betriebe müssten die Bundeszuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung zugunsten aller Betriebe von 100 auf 200 Millionen Euro verdoppelt werden.

Erster Erfolg der Bauernproteste

Nach den massiven Protesten von Bauern wegen der stark gesunkenen Milchpreise will der Discounter Lidl künftig mehr für den Liter zahlen. Man werde zum 1. Oktober die Einkaufspreise für konventionelle Trinkmilch deutlich anheben, teilte der Einzelhändler mit. Eine genaue Preisangabe wollte man wegen des Wettbewerbs mit den Konkurrenten nicht nennen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) teilte mit, dass Lidl den Einkaufspreis um fünf Cent erhöhen werde. „Dieses Signal seitens Lidl ist ein weiterer Schritt, um angesichts der angespannten Lage auf den Agrarmärkten unsere Milcherzeuger zu unterstützen“, sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied im Anschluss. Jetzt sei es notwendig, dass auch andere Lebensmittel-Einzelhändler diesem Schritt folgten.

Einigkeit auch mit Österreich

Bäuerliche Familienbetriebe, attraktive Kulturlandschaften, hochwertige Produkte – und zwei Minister, die ähnliche Strategien verfolgen: Zwischen Bayern und Österreich gibt es im Agrarbereich viele Gemeinsamkeiten. Das wollen die beiden Länder künftig noch stärker für gemeinsame Akzente und Initiativen nutzen. „Wir werden in wichtigen agrarpolitischen Fragen und bei der Weiterentwicklung der ländlichen Räume auch künftig Hand in Hand marschieren“, waren sich Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner und sein österreichischer Kollege Andrä Rupprechter bei einer gemeinsamen Tagung im oberösterreichischen Geinberg einig. Etwa beim Thema Milch, wo nach Ansicht der beiden Minister angesichts des anhaltenden Preisverfalls alles daran gesetzt werden muss, einen Strukturbruch zu verhindern. „Unsere bäuerlichen Betriebe brauchen einen Milchpreis, der ihre Wettbewerbsfähigkeit sichert und ihnen Zukunftsperspektiven ermöglicht“, so Brunner und Rupprechter. Brüssel müsse ein stabiles und wirksames Sicherheitsnetz für Krisenzeiten aufbauen und aktuell den Interventionspreis anheben, um den Milchmarkt rasch zu stabilisieren. Noch enger abstimmen wollen sich Bayern und Österreich auch beim Absatz regionaler Spezialitäten, die den Ministern zufolge schon jetzt einen ausgezeichneten Ruf auf Wochen- wie auf Weltmärkten genießen. „Wir wollen den Absatz unserer hochwertigen Produkte weiter voranbringen“, sagte Brunner. Dies verbessere die Wertschöpfung für die Landwirte und sichere Arbeitsplätze im ländlichen Raum.