Dr. Ludwig Spaenle, Bayerischer Kultusminister, und Bernd Sibler, Staatssekretär. Bild: StMBW
Asylbewerber

Zehntausende neue Schüler in Bayern

Trotz der diesjährigen Rekordzahlen bei Asylbewerbern sieht Kultusminister Ludwig Spaenle die bayerischen Schulen für den Schuljahresbeginn kommende Woche gut gerüstet. Man werde im Laufe des Schuljahres aber flexibel auf weiter steigende Schülerzahlen reagieren, die im "Zehntausenderbereich" liegen würden. Genaue Zahlen seien aufgrund der "hohen Dynamik" aber noch nicht bekannt.

Mit wie vielen zusätzlichen Schülern man bis zum Jahresende insgesamt rechnen müsse, konnte Spaenle derzeit noch nicht sagen. Er sprach aber von einer Zahl „im Zehntausenderbereich“. Trotz des Migrantenansturms sieht Spaenle Bayerns Schulen für den Schuljahresbeginn am 15. September gut gerüstet. „Die Unterrichtsversorgung der allgemeinbildenden und beruflichen Schulen ist für den Start ins neue Schuljahr 2015/2016 sichergestellt. Bayern unternimmt dabei massive Anstrengungen, um auch die jungen Flüchtlinge und Asylbewerber zu unterrichten, und kann auch das Schulwesen qualitativ weiterentwickeln“, so der Kultusminister.

Sportunterricht wird öfter ausfallen

Sicher ist: Der Sportunterricht (und der Vereinssport) wird vielerorts fürs erste ausfallen. In zahlreichen bayerischen Kommunen wurden und werden Schulsporthallen als Flüchtlingsunterkünfte gebraucht. Einige davon sollten zwar bis zum Schulanfang wieder frei werden. Angesichts der immer dramatischer ansteigenden Asylbewerberzahlen scheint das jedoch immer weniger realistisch. Andernorts wurde und wird versucht, die Schüler in anderen nahe gelegenen Hallen oder, soweit es das Wetter zulässt, im Außenbereich den Schulsport austragen zu lassen. Grundsätzlich sollte es auch nachdenklich stimmen, wenn Schüler und Asylbewerber auf so engem Raum – die Turnhallen liegen schließlich direkt neben den Schulen – zusammen gelegt werden. Eine räumliche Trennung kann nicht überall gewährleistet werden, was unter anderem auch gesundheitliche Risiken für die Schüler birgt. Schließlich können trotz der ärztlichen Erstuntersuchung aller Asylbewerber, die meist aus Ländern mit unzureichender Gesundheitsversorgung kommen, unmöglich alle Krankheiten sicher diagnostiziert werden. Vielerorts reicht aufgrund der hohen Migrantenzahl auch die Zeit gar nicht aus, um eine gründliche Untersuchung vorzunehmen.

Zusätzliche Ressourcen für Flüchtlinge geplant

Bayerns Schulen können jedenfalls zum neuen Schuljahr auf zusätzliche Ressourcen für den Unterricht von jungen Flüchtlingen und Asylbewerbern zurückgreifen. Das Kultusministerium wird beispielsweise deutlich mehr Stellen für Übergangsklassen an Grund- und Mittelschulen sowie für die Angebote der Berufsschulen bereitstellen sowie zusätzliche Mittel. „Aber wir werden die Entwicklung genau beobachten“, so der Minister. Die am Ministerium eingerichtete Stabsstelle koordiniert die Maßnahmen, die aufgrund des dynamischen Prozesses nötig werden. In Bayern werden zu Beginn des neuen Schuljahres rund 470 Übergangsklassen eingerichtet, das sind rund 170 mehr als zu Beginn des vergangenen Schuljahres. Darüber hinaus unterbreiten Grund- und Mittelschulen den jungen Flüchtlingen und Asylbewerbern auch Sprachangebote in Deutschförderklassen und Deutschförderkursen. Erhöht wird auch die Zahl der Übergangsklassen im Ganztag. Bayern stellt auch rund 420 Stellen bereit, damit Klassen mit mehr als 25 Schülern an Grund- und Mittelschulen, die von mehr als 50 Prozent Kindern mit Migrationshintergrund besucht werden, geteilt werden können.

Mehr Klassen an Berufsschulen

Zum Start ins Schuljahr 2015/2016 erhöht das Kultusministerium auch die Anzahl der Berufsintegrationsklassen an Berufsschulen für junge Asylbewerber und Flüchtlinge massiv auf 440. Ihre Zahl lag zu Beginn des vergangenen Schuljahres noch bei 180. Bei diesem zweijährigen Programm, ein bundesweit anerkanntes besonderes Angebot, lernen die jungen Leute Deutsch und bereiten sich auf eine Berufsausbildung vor.

Die Schulen können nicht alle Herausforderungen allein meistern, stellte das Ministerium klar. Sie müssen das Netz von Angeboten von Fachstellen, unter anderem von Jugendsozialarbeit, Gesundheitsämtern und Jugendhilfe, in Anspruch nehmen.

Inhaltliche Schwerpunkte für das Schuljahr 2015/2016

Bayern wird seine Anstrengungen in der Bildungsarbeit für die Kinder und Jugendlichen aus Bayern, aber auch für die jungen Flüchtlinge und Asylbewerber weiter fortsetzen. Schwerpunkte der Weiterentwicklung des bayerischen Schulwesens liegen im neuen Schuljahr beim Ausbau des Ganztags, der Ausweitung der Inklusion, dem Erhalt kleiner selbständiger Grundschulen in Räumen mit hohem Bevölkerungsrückgang und der Einführung der Mittelstufe Plus an 47 Pilotgymnasien.

Klagen des BLLV

Kurz vor Beginn des neuen Schuljahres hatte der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) eine angeblich unzureichende Personalausstattung der Schulen beklagt. Er rechnet mit bis zu 50.000 Flüchtlingskindern. Für den regulären Unterricht reiche es zwar, Zusatz- und Förderangebote seien aber vielerorts nicht möglich, erklärte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann am Mittwoch in München. Zudem seien die Schulen nur unzureichend auf die große Zahl von Flüchtlingskindern vorbereitet. „Da mangelt es an allem, zum Beispiel an Dolmetschern, an Pädagogen, an Psychologen und an zusätzlich unterstützendem Personal.“ Fleischmann fürchtet zudem, dass es bei der Lehrerversorgung im Laufe des Schuljahres eng werde. Viele Schulleitungen verfügten zudem über keinerlei Reserven. „Die ständig steigende Zahl von Flüchtlingskindern erfordert jetzt ausreichende zusätzliche Ressourcen. Wir brauchen einen Seismographen für die Unterrichtsversorgung“, forderte sie. Fleischmann forderte deshalb noch mehr Lehrerstellen und mehr Geld für die Schulen im Nachtragshaushalt: „Die vielfältigen Zusatzaufgaben in den Schulen können nicht mit den zugeteilten Lehrerstellen geleistet werden.“ Freilich ist die Lage in anderen Bundesländern, in denen meist viele Lehrerstellen gestrichen wurden und werden, weit schlechter als im Freistaat.