Großer Zuspruch für das Betreuungsgeld: Fast 400.000 Anträge wurden gestellt. Bild: Christian Ohde/action press
Betreuungsgeld

Respekt für die Wahlfreiheit

Karlsruhe/München - Nach dem ersten Tag der Verhandlung über das Betreuungsgeld beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ist die Frage offen, ob diese Leistung verfassungsgemäß ist oder nicht. Die CSU hält weiter am Betreuungsgeld fest.

 

Karlsruhe/München – Nach dem ersten Tag der Verhandlung über das Betreuungsgeld beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ist die Frage offen, ob diese Leistung verfassungsgemäß ist oder nicht. Die CSU hält weiter am Betreuungsgeld fest.

Einige Verfassungsrichter ließen bei der mündlichen Verhandlung Zweifel an der Zuständigkeit des Bundes zur Einführung des Betreuungsgeldes erkennen. Es ist eine Formfrage: Laut Grundgesetz hat der Bund für die öffentliche Fürsorge eine „konkurrierende“ Zuständigkeit. Hier darf er anstelle der Bundesländer nur gesetzgeberisch tätig werden, wenn das für die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse erforderlich ist. Die Frage ist also, ob das Geld bundesweite Unterschiede bei der Kinderbetreuung ausgleicht. Ein Urteil soll bis Ende des Jahres fallen.

Freie Rollenverteilung

In Bezug auf die Kritik der Klägerin, der Stadt Hamburg, ob das Betreuungsgeld die freie Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen bei der Kinderbetreuung beeinträchtige, hatte das Gericht wenig Bedenken. Hierzu fehle es an Zahlen, die belegen könnten, dass Frauen wegen des Betreuungsgeldes nicht mehr zur Arbeit gehen.

Reaktionen der CSU

„Ich gehe davon aus, dass sich das Bundesverfassungsgericht für die Leistung für Familien und damit für das Betreuungsgeld aussprechen wird“, erklärte die Vorsitzende der CSU-Familienkommission und Landtagsabgeordnete, Kerstin Schreyer-Stäblein. „Das Betreuungsgeld ermöglicht den Eltern mehr Wahlfreiheit. Denn Eltern haben für ihre Ein- oder Zweijährigen höchst unterschiedliche Betreuungswünsche. Auch die Bedürfnisse der Kinder sind in diesem sensiblen Alter sehr verschieden“, sagte Bayerns Familienministerin Emilia Müller in Karlsruhe. Bisher hätten sich knapp 400 000 Eltern gegen öffentliche Angebote und für die eigene Betreuung ihrer Kinder entschieden. „Dies gilt es, vor allem von Seiten der Politik, zu respektieren! Auch wird die eingeforderte Gleichbehandlung der Geschlechter nicht durch Gleichmacherei erreicht“, so Schreyer-Stäblein. „Das Betreuungsgeld ist ein großer Erfolg. Knapp 400 000 Eltern beziehen das Betreuungsgeld bundesweit“, so Gerda Hasselfeldt, die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe. Ausgerechnet der Staatssekretär im Bundesfamilienministerium, Ralf Kleindiek, hatte 2013 die Klage Hamburgs gegen das Betreuungsgeld konzipiert – und musste es jetzt als Vertreter der Bundesregierung verteidigen. „Die Landesgruppe hat deshalb auch einen eigenen Beobachter nach Karlsruhe geschickt“, so Hasselfeldt weiter.

Gründe für das Betreuungsgeld

Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem „Kinderbetreuungsurteil“ 1998 deutlich gesagt, daß der Staat sich in der Betreuungsfrage nach der individuellen Entscheidung der Eltern zu richten hat und keine Form der Betreuung einseitig bevorzugen darf. Doch der Staat fördert derzeit nur die Kinderkrippe mit monatlich durchschnittlich 1000 Euro pro Platz. Viele Eltern wollen aber, wie die Zahlen belegen, ihre Kinder in den ersten drei Lebensjahren am liebsten selbst erziehen. Studien wiesen zudem nach, dass frühe Krippenbetreuung keine messbaren Bildungsvorteile, aber möglicherweise Risiken für die emotionale Entwicklung mit sich bringen kann. Ob man Kinder unter drei Jahren überhaupt schon „fördern“ muss, ist auch zweifelhaft.

Andreas von Delhaes-Guenther