Visumspflicht für Asylbewerber vom Balkan
In der Debatte um Asylbewerber fordert der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich eine Visumspflicht für Bewerber vom Balkan. Deren Herkunftsländer könnten durch die massenhafte Zuwanderung nach Deutschland gesellschaftlich destabilisiert werden, warnt der CSU-Politiker. Unterdessen steigt die Zustimmung zu Bayerns Asylplänen immer weiter.
Asylpolitik

Visumspflicht für Asylbewerber vom Balkan

In der Debatte um Asylbewerber fordert der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich eine Visumspflicht für Bewerber vom Balkan. Deren Herkunftsländer könnten durch die massenhafte Zuwanderung nach Deutschland gesellschaftlich destabilisiert werden, warnt der CSU-Politiker. Unterdessen steigt die Zustimmung zu Bayerns Asylplänen immer weiter.

Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat seine Forderung nach Einführung einer Visumspflicht für die Balkan-Staaten bekräftigt. Man müsse über die Gefahr reden, die auf Deutschland infolge des Missbrauchs des Asylrechts durch Bürger dieser Staaten zukomme, sagte der heutige Vize-Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“. Er warnte: „Wir werden eine gesellschaftliche Destabilisierung dieses Landes erleben, wenn wir die massenhafte illegale Zuwanderung nach Deutschland nicht stoppen.“

Die Anerkennungsquoten sind minimal

Der CSU-Politiker spielte darauf an, dass Tausende Menschen aus den Balkan-Staaten nach Deutschland kommen und Asyl beantragen, obwohl ihre Chancen auf Anerkennung minimal sind. So stellten im ersten Halbjahr 2015 zum Beispiel 31.400 Menschen aus dem Kosovo einen Asylantrag, nur ungleich weniger als Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien (34.428).

„Man kann es nicht anders nennen als Missbrauch“

„Wenn Tausende hierher kommen und die Anerkennungsquote bei nullkommanull-irgendwas liegt, dann können Sie nichts anderes sagen als Missbrauch“, betonte Friedrich. Nach seinen Angaben ist die Wiedereinführung der Visumspflicht nach EU-Recht möglich. Daher fordere Friedrich die Bundesregierung auf, „bei der Europäischen Kommission entsprechend vorstellig zu werden und diese Verordnung auch zu nutzen.“

Bundesamt für Migration stützt Seehofer

Unterdessen erhielt Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer weitere Unterstützung für seine geplanten Maßnahmen in der Asylpolitik, darunter die „Aufnahmezentren“ für Asylbewerber vom Balkan. Nachdem schon zahlreiche Kommunalpolitiker und Länderchefs, die Freien Wähler sowie Teile der SPD ihre Zustimmung äußerten, pflichtet nun auch der Präsident des Bundesamtes für Migration (BAMF), Manfred Schmidt, bei.

Das ist kein bayerischer Weg, sondern die Umsetzung eines Ministerpräsidentenbeschlusses.

Manfred Schmidt

Der Chef des Flüchtlings-Bundesamtes sah gegenüber der Agentur dpa keinen Grund für die Kritik der üblichen rot-grünen Empörungsfreunde. „Es wundert einen in der Tat: Alle machen es. Nur in Bayern diskutiert man darüber“, zeigte sich Schmidt erstaunt. „Das ist kein bayerischer Weg, sondern die Umsetzung eines Ministerpräsidentenbeschlusses und im Prinzip nichts anderes, als was wir im Februar und März mit dem Kosovo gemacht haben“, erläuterte der BAMF-Chef. Damals waren Anträge von Menschen aus dem Kosovo in mehreren Bundesländern schneller bearbeitet worden. Unter anderem dadurch soll die Zahl der neuen Asylanträge von Kosovaren von 1500 am Tag auf 60 gesunken sein. „Der Beschluss lautete: Wir konzentrieren uns auf herkunftsstarke Länder mit geringer Schutzquote“, betonte Schmidt. „Dadurch werden wir in den Entscheidungen schneller und effektiver.“ Die Antragsteller müssen dann nämlich nicht jedes Mal aus ihren Unterkünften in die Aufnahmestelle gebracht werden. Das habe nichts mit „Flüchtlingen erster und zweiter Klasse“ zu tun, watschte Schmidt die Kritiker ab. Beispielsweise Hessen will Einrichtungen in Gießen, Rotenburg an der Fulda, Büdingen und Neustadt vor allem für Asylbewerber vom Balkan nutzen. In Baden-Württemberg geschieht dies in Karlsruhe, Sachsen plant ähnliches.

SPD: Jetzt doch alle Balkanstaaten sicher

Die SPD-Parteispitze schloss sich inzwischen der bayerischen Forderung an, auch die übrigen Westbalkan-Staaten als „sichere Herkunftsländer“ einzustufen. Daneben fordern die Genossen ein „Arbeitsvisum“ für diese Länder, um so die Zahl der Asylbewerber von dort einzudämmen. Menschen aus der Region sollen demnach ein Job-Visum für Deutschland bekommen können, wenn sie einen Arbeitsvertrag vorweisen, der eine Bezahlung nach Mindestlohn beinhaltet.

Nur Bayern schiebt konsequent ab.

Nach Informationen der Zeitung „Welt“ haben fünf Länder im ersten Halbjahr 2015 trotz steigender Flüchtlingszahlen weniger abgelehnte Asylbewerber abgeschoben als im Vorjahreszeitraum. Das gehe aus Zahlen des Bundesinnenministeriums hervor, die der Zeitung vorliegen. Demnach gab es in Thüringen, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Sachsen und Sachsen-Anhalt in den ersten sechs Monaten weniger Rückführungen. Einzig Bayern handelt konsequent und vernünftig: Den größten Anstieg verzeichnete nämlich der Freistaat, der im ersten Halbjahr mit 1646 Menschen schon mehr Asylbewerber abgeschoben hat als im Gesamtjahr 2014.

Mehr Flüchtlinge in Ostdeutschland?

Nach Baden-Württemberg dringt jetzt auch das Land Berlin auf eine verstärkte Unterbringung von Flüchtlingen in Ostdeutschland. Das Quotensystem, nach dem die Asylbewerber auf die 16 Länder verteilt werden, sei angesichts der dramatischen Lage nicht mehr zeitgemäß, sagte Sozialsenator Mario Czaja (CDU). Mehrere ostdeutsche Ministerpräsidenten haben aber den Kretschmann-Vorstoß bereits abgelehnt. Czaja kritisierte, der Verteilungsschlüssel berücksichtige nur die Einwohnerzahl und das Steueraufkommen der Länder. Das führe dazu, dass etwa Berlin und Sachsen fast die gleiche Aufnahmequote hätten, obwohl die Voraussetzungen für die Flüchtlingsaufnahme sehr unterschiedlich seien. Dies betreffe die verfügbare Fläche, die Bevölkerungsdichte und das Vorhandensein geeigneter Standorte und Objekte, so Czaja.

(dpa/dos/avd)