Die Zukunft: Die Oberfläche über dem neuen Luise-Kiesselbach-Tunnel. (Bild: Baureferat/form 3d)
Tunneleröffnung

München atmet auf

Nach sechsjähriger Bauzeit rollen seit Montagmorgen die ersten Autos durch den neuen 400-Millionen Euro-Tunnel am Mittleren Ring im Südwesten Münchens. Die Tunnelfreigabe ist der Abschluss eines der größten Erfolge der Münchner CSU. In einem von der CSU initiierten Bürgerentscheid 1996 wurden drei Tunnels am Mittleren Ring durchgesetzt.

2002 wurde bereits der Petueltunnel eröffnet, 2009 der Richard-Strauss-Tunnel. Jetzt wurden die Röhren am Luise-Kiesselbach-Platz an der Einmündung der Autobahn München-Garmisch A 95 in den Mittleren Ring, eine der bekanntesten Staufallen der Landeshauptstadt, in Richtung Norden für den Verkehr freigegeben. In Richtung Süden soll es am Dienstag freigegeben werden. Sechs Jahre war dieser 2,8 Kilometer lange Abschnitt des Mittleren Rings Münchens größte Baustelle. Nach der Freigabe gab es bereits erste Staus Richtung Süden, vermutlich, weil vielen nicht bekannt war, dass die Spuren in Richtung Süden noch geschlossen waren. Nun beginnen die Arbeiten an der Oberfläche: Die provisorischen Fahrbahnen – teils bis zu sechs Fahrstreifen – werden rückgebaut, sodass neue Geh- und Radwege, Baumgräben und Fahrbahnen entstehen. Über einem Teil des Tunnels, dem Heckenstallertunnel, wird bis Sommer 2017 ein abwechslungsreicher Park angelegt.

Ohne die Grünen wäre der Bau längst abgeschlossen

Ende der 1980er Jahre war das Ingenieursbauwerk bereits fertig durchprojektiert. Aber bei den rot-grünen Koalitionsverhandlungen im Münchner Stadtrat 1990 wurde auf Drängen der grünen Autofeinde festgelegt, keine Tunnelprojekte für den Mittleren Ring mehr zu verfolgen. Heute jedoch herrscht auch bei der für die jahrzehntelange Verzögerung mitverantwortlichen SPD unter dem damaligen OB und vehementen Tunnelgegner Christian Ude Erleichterung. „Der Tunnel ist eine Investition für die Zukunft“, sagte nun Udes Nachfolger Dieter Reiter bei der Eröffnung.

Mit dabei war auch der zweite Bürgermeister Josef Schmid (CSU), der mit Genugtuung, aber auch ein bisschen Wehmut zum dritten Mal miterleben musste, wie ausgerechnet ein roter OB das Eröffnungsband durchschneiden darf – wenn auch mit einigen anderen Scherenträgern.

Damit entschärfen wir einen zentralen Verkehrsknotenpunkt in München.

Joachim Herrmann

Einer davon war Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann. Die zwei Röhren seien ein „Meilenstein für Autofahrer und Anwohner“, so Herrmann. „Damit entschärfen wir einen zentralen Verkehrsknotenpunkt in München.“ Gemeinsam gaben Hermann und Reiter den Tunnel symbolisch für den Verkehr frei. Der Luise-Kiesselbach-Tunnel wurde fristgerecht fertig und hat zudem mit knapp 400 Millionen Euro weniger gekostet als geplant – so etwas ist wohl nur noch in Bayern möglich. „Wichtig war, dass es vonseiten der Stadt keinen politischen Druck gab, die Kosten künstlich niedrig zu rechnen. Und deshalb ist der Tunnel jetzt auch in dieser Hinsicht eine Punktlandung“, sagte der Projektleiter der Baustelle, Johann Wittmann, der Zeitung Welt. Dennoch ist der Tunnel laut Herrmann das bislang teuerste kommunale Straßenbauprojekt in Bayern. Durch den Bau wird sowohl der Verkehr an der Oberfläche reduziert als auch die Verkehrssicherheit erhöht. 120.000 Autos sollen pro Tag durch die beiden neuen Bauwerke rollen. Reiter und Herrmann würdigten den dritten Tunnel für den Mittleren Ring als Vorzeige-Tunnelsystem und erhoffen sich durch ihn eine Entlastung für Autofahrer und Anwohner. Es ist einer der modernsten Tunnel Bayerns, der als erster auch neue Richtlinien zur Barrierefreiheit berücksichtigt. So gibt es etwa alle hundert Meter spezielle, feuerfeste Notfall-Räume für Rollstuhlfahrer, denn Notausstiege haben in der Regel Treppen. Die Wände des Tunnels sind mit feuerabweisendem Aluminium verkleidet.

Aufatmen der Anwohner nach langer Bauphase

„Vor allem aber werden die Anwohner ‚aufatmen‘ können“, ergänzte Herrmann. „Denn der neue Tunnel schluckt nicht nur den nervenden Verkehrslärm. Gerade auch das Problem mit der hohen Feinstaubbelastung wird durch hochmoderne Abluftanlagen gelöst.“ Der Mittlere Ring ist die Hauptverkehrsader Münchens. Er verknüpft die in die Landeshauptstadt führenden Autobahnen, Bundesstraßen und Staatsstraßen und verbindet die Stadtteile miteinander. „Die erheblichen Verbesserungen sind dem Freistaat 120 Millionen Euro als Zuschuss an die Landeshauptstadt wert“, erläuterte Herrmann und ergänzte. „Für alle drei Tunnelprojekte zusammen hat die Staatsregierung insgesamt rund 380 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.“ Mit Blick auf weitere Ausbauprojekte am Mittleren Ring kündigte der Verkehrsminister an, der Landeshauptstadt auch künftig bei allen verkehrlich notwendigen Verbesserungen unter die Arme zu greifen. Als Beispiel nannte Herrmann das Projekt „Ein Englischer Garten“, in dessen Zusammenhang die Stadt im Oktober über den Bau eines Tunnels entscheiden möchte. „Dass in diesem Bereich verkehrliche Verbesserungen notwendig sind, ist offensichtlich“, erklärte Herrmann. Wenn die Landeshauptstadt München für das Projekt die verkehrliche Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nachweise, werde der Freistaat auch diesen Ausbau finanziell unterstützen.

Weitere Verbesserungen beim Autobahnausbau

Der Freistaat unterstützt seine Landkreise, Städte und Gemeinden jedes Jahr beim Straßenbau mit staatlichen Geldern in Höhe von nunmehr rund 485 Millionen Euro. Davon fließen rund 265 Millionen Euro in den Erhalt und den Betrieb des bestehenden Netzes und etwa 220 Millionen Euro in Aus- und Neubauprojekte. Der überwiegende Teil der Fördermittel kommt dem ländlichen Raum zugute. Abschließend verwies Herrmann darauf, dass die Staatliche Straßenbauverwaltung auch den Ausbau der Autobahnen rund um München fest im Blick hat. „Unsere vordringlichen Vorhaben sind momentan der sechsstreifige Ausbau der A 96 von Germering bis Oberpfaffenhofen und der A 92 von Feldmoching bis zum Kreuz Neufahrn sowie der achtstreifige Ausbau der A 99 vom Kreuz München-Nord bis Aschheim.“ Für die A 99 liege bereits Baurecht vor, für die A 96 sei der Planfeststellungsbeschluss ergangen und für die A 92 laufe das Planfeststellungsverfahren. Zudem habe der Bund erst kürzlich die erforderlichen Finanzmittel für den Ausbau der A 96 und der A 99 in Höhe von insgesamt 129 Millionen Euro freigegeben. Nach den Worten Herrmanns wurde in den letzten Jahren auch der Lärmschutz deutlich verbessert. So haben beispielsweise die A 95 und A 96 im Münchner Stadtgebiet einen lärmmindernden Fahrbahnbelag bekommen.