Proteste in Weitramsdorf bei Coburg gegen die Straßenausbaubeiträge. Bild: Rainer Kalwait/fkn
Straßenausbaubeiträge

Notwendige Reform

Werden Straßen saniert, müssen oft die Anlieger einen Teil der Kosten tragen. Das regelt ein Gesetz in Bayern. Danach können Gemeinden die Grundstückseigentümer zur Kasse bitten, sie müssen aber nicht. Am Mittwoch befasste sich der Landtag mit dem Thema.

Nach den Zahlen des Innenministeriums sind viele der in den 1970er Jahren gebauten Ortsstraßen in den nächsten Jahren erneuerungsbedürftig, da sie das Ende ihrer Nutzungsdauer von bis zu 40 Jahren erreichen. Den Finanzierungsbedarf schätzt das Ministerium auf 200 bis 300 Millionen Euro im Jahr. Diese Zahlen legte das Ressort von Innenminister Joachim Herrmann am Mittwoch bei einer Landtagsanhörung in München vor. Derzeit haben 1492 der über 2000 bayerischen Gemeinden eine Satzung, die es ihnen erlaubt, die Anlieger an den Kosten des Straßenausbaus zu beteiligen. Florian Herrmann, Vorsitzender des des Ausschusses für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport sowie innenpolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, glaubt, dass noch im Herbst ein neues Gesetz mit dem System wiederkehrender Beiträge auf den Weg gebracht wird.

Viele Gegner

Oft kommen auf die Anlieger Kosten von über 10.000 Euro zu. Gegner hoffen deshalb auf eine Reform oder am besten auf das Aus der Satzung. Eine entsprechende Petition mit dem Titel „Straßen saniert – Bürger ruiniert“ haben bereits weit mehr als 50.000 Menschen unterschrieben. Die Staatsregierung und der bayerische Gemeindetag befürworten aber weiter eine Sollregelung und kein Muss oder Kann bei der Straßenausbausatzung. Favorisiert wird aktuell aber ein neues Gerechtigkeitsmodell aus Rheinland-Pfalz. Der Direktor des Bayerischen Gemeindetags, Jürgen Busse, hat im Landtag bei der Expertenanhörung dafür geworben. Danach legen die Kommunen öffentlich für fünf Jahre die Kosten für notwendige Straßenausbauten fest. Diese werden dann auf alle Haushalte umgelegt. In einer kleinen Gemeinde sind das dann pro Jahr etwa 250 Euro pro Haushalt. Das bayerische Innenministerium ist hält die Idee für eine „durchaus überlegenswerte Alternative“. Für die Gemeinden und Städte, die bislang noch keine Straßenausbaubeiträge erhoben haben, forderte der Bayerische Gemeindetag in der Anhörung angelehnt an Rheinland-Pfalz als Alternative die Einführung des Systems sogenannter „wiederkehrender Beiträge“, was eine Art Ansparmodell ist. Busse regte an, dass finanzielle Härten bei zahlungspflichtigen Bürgerinnen und Bürgern durch Billigkeitsregelungen abgemildert werden sollten.

Bayerns Städte und Gemeinden sind auf Straßenausbaubeiträge angewiesen.

Jürgen Busse, Direktor des Bayerischen Gemeindetags

Der Gemeindetag hält aber an den Beiträgen fest, wie Busse erläuterte: „Bayerns Städte und Gemeinden sind auf Straßenausbaubeiträge angewiesen. Es gibt für die meisten Städte und Gemeinden keine gleichwertige Alternative zur Finanzierung der anstehenden Straßenausbaumaßnahmen. Die des Öfteren ins Spiel gebrachte Anhebung der Grundsteuer ist keine wirkliche Alternative, da sie zum einen nicht zweckgebunden ist, so dass hiermit nicht dasselbe Ziel erreicht wird wie mit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen; zum anderen kann sie auf die Mieter abgewälzt werden, die nicht immer dauerhaft wohnen.“

Städtetag nennt Beiträge „unverzichtbar“

„Die Straßenausbaubeiträge bleiben ein unverzichtbares Finanzierungsmittel – das hat die heutige Anhörung im Bayerischen Landtag gezeigt. Die Straßenausbaubeitragssatzung muss im Kommunalabgabengesetz als ,Soll-Bestimmung‘ aufrecht erhalten bleiben“, sagte auch der stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl. „Die Straßenausbaubeiträge sind für die Erhaltung und Entwicklung eines sicheren und intakten Straßennetzes von herausragender Bedeutung und sind alternativlos. Wir müssen die Verkehrssicherheit der Menschen gewährleisten – Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger brauchen sichere Wege, sie wünschen gute Straßenbeleuchtung für ihr Sicherheitsgefühl.“

Der Straßenunterhalt müsse so finanziert werden, dass ein sicherer Verkehrsfluss gewährleistet sei. „Ein beträchtlicher Teil des kommunalen Straßennetzes ist älter als dreißig Jahre und die angespannte Haushaltslage in vielen Städten und Gemeinden lassen keine Möglichkeit für eine kommunale Vollfinanzierung über die Steuereinkünfte“, so Gribl weiter. Alternative nachhaltige Finanzierungsformen seien für Kommunen nicht in Sicht. Die Regelung aus Rheinland-Pfalz sieht der Städtetagsvizepräsident kritisch: „Der Bayerische Städtetag ist für die Beibehaltung der Soll-Bestimmung für Straßenausbaubeiträge im Kommunalabgabengesetz und für einen gleichmäßigen Vollzug. Die Option wiederkehrender Beitragserhebung ist kritisch zu sehen, so haben sich durchaus administrative Schwierigkeiten in Rheinland-Pfalz gezeigt. Der Städtetag ist offen für Änderungen, die dazu beitragen, die Akzeptanz zu steigern und die Rechtssicherheit zu stärken – es darf aber keinen erhöhten Verwaltungsaufwand geben.“

Kampf gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit

Das Straßenausbaubeitragsrecht zieht bewusst diejenigen heran, die als Anlieger einer Straße einen Vorteil haben; nicht zuletzt die Güte der Verkehrsanschließung bestimmt den Wert des Eigentums und erlaubt dessen wirtschaftliche Nutzung etwa durch Vermietung. Die Gemeinden können bisher laut Vorschrift eine solche Satzung erlassen und damit Gebühren erheben – sie müssen aber nicht. Laut den „Vereinigten Bürgerinitiativen für gerechte Kommunalabgaben“ verzichten in Bayern etwa 25 Prozent der Kommunen, meist die reicheren wie München oder Starnberg, auf solche Beiträge. In Bayern unterscheiden sich zudem noch die Beiträge der Anwohner zwischen 30 und 80 Prozent.