Cineastische Ehre für die Leberkässemmel: Sebastian Bezzel und Simon Schwarz bei der Premiere des Kinofilms "Leberkäsjunkie" in München. (Foto: imago Images/F. Gulotta/Future Image)
Kulinarisches

Lifestyle und Leberkäs

Bayern gilt seit jeher als deutsches Wurst- und Fleischparadies. Junge Metzgermeister setzen auf neue Produktideen und verwandeln ihre Geschäfte in attraktive Genusstempel. Aus dem BAYERNKURIER-Magazin.

Er ist ein Klassiker der bayerischen Küche und er wurde der Überlieferung nach auch im Freistaat erfunden: der Leberkäs. Und er besitzt hierzulande eine so große Beliebtheit, dass er es jetzt sogar auf die Kinoleinwand geschafft hat. Im Heimatkrimi „Leberkäsjunkie“ um den Polizisten Franz Eberhofer plagen den Protagonisten wegen des übermäßigen Konsums von Leberkässemmeln zu hohe Cholesterinwerte, sodass er zeitweilig auf seine Lieblingsspeise verzichten muss. Eines nachts sind die Entzugserscheinungen jedoch so dramatisch, dass Eberhofer den Dorfmetzger aus dem Schlaf klingelt, um seinen Heißhunger zu stillen.

Bayern ohne Leberkäs wäre wie die Alpen ohne Berge.

Andreas Kürmeier

Fleischermeister Andreas Kürmeier aus dem oberbayerischen Brannenburg, der laut dem hiesigen Fleischverband zu den besten Leberkäs-Metzgern gehört, kann den Drang zur bayerischen Delikatesse absolut verstehen: „Bayern ohne Leberkäs wäre wie die Alpen ohne Berge.“

Aber an den Wursttheken des Freistaats geht es nicht allein um das allseits beliebte Brät. Mit rund 3.400 Betrieben und etwa 2.000 Filialen ist Bayern bundesweit das Land mit den meisten Metzgern und ein echtes Fleisch- und Wurstparadies. Mit einem Jahresumsatz von etwa vier Milliarden Euro zählen die Fleischer zu den größten Handwerksbranchen im Freistaat – und das trotz Fitness-Wahn und Veganer-Hype. Dabei legen die Verbraucher beim Fleisch- und Wurstkonsum inzwischen größten Wert auf hochwertige Produkte und individuelle Spezialitäten von regionalen Metzgereibetrieben.

Partner der Bauern

Junge Metzger verbinden das traditionelle Handwerk immer mehr mit geschmacklichen Innovationen. Das gilt nicht nur für den Leberkäs, der heute in Variationen als Pizza-Leberkäs, Bärlauch-Leberkäs, Gyros-Leberkäs sowie mit feurigem Jalapeños über die Theke geht. Sie machen aus ihren Verkaufsstellen inzwischen echte Life­style-Läden. Auch die Beratung über Tierrasse, deren Fütterung, Fettgehalt und Herkunft des Fleisches kommt dabei nicht zu kurz. Ebenso helfen Erlebnisfaktoren wie Kochshows, Grill-Kurse oder Steak-Tastings die Attraktivität des bayerischen Metzgerhandwerks zu steigern. Unterstützt werden diese Events heute durch umfassende Social-Media-Aktionen und ein breites Angebot in den Online-Shops.

Die regionalen Betriebe, die zunehmend unter dem Druck des Einzelhandels stehen, sind für die Nahversorgung im ganzen Land unverzichtbar.

Michaela Kaniber

Um solch neue Ideen zu fördern und hiesige Metzgereien auch in den Dorfgemeinschaften zu erhalten, kommt aktive Unterstützung von der Landesregierung. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber hat gerade erst die Fördermöglichkeiten für die Betriebe erweitert. Im Rahmen des Programms zur Stärkung der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte können künftig auch kleinere Investitionen ab 5000 Euro bezuschusst werden. Die Ministerin sieht die handwerklichen Metzgereien im ländlichen Raum auch als wichtige Partner der Landwirte: „Die regionalen Betriebe, die zunehmend unter dem Druck des Einzelhandels stehen, sind für die Nahversorgung im ganzen Land unverzichtbar.“

Damit Bayerns Metzger weiterhin Qualität und Vielfalt liefern können, vergibt das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Zusammenarbeit mit dem Landesinnungsverband für das bayerische Fleischerhandwerk einmal im Jahr den Staatsehrenpreis für das bayerische Metzger­handwerk. Der Preis soll eine verdiente Anerkennung für Spitzenqualität sein, die auf handwerklichem Können, Wissen, Erfahrung und der Verwendung von hochwertigen Rohstoffen basiert. „Die Sieger der Auszeichnung sind heute Genusshandwerker und echte Leuchttürme unseres Handwerks“, betonte jüngst Landesinnungsmeister Konrad Ammon bei der Preisverleihung.

Zu den Gewinnern aus dem vergangenen Jahr zählt Xaver Leidl mit der gleichnamigen Metzgerei in Beilngries im Altmühltal. Bereits seit mehr als 100 Jahren schwört das Familienunternehmen auf handwerkliche Sorgfalt sowie Fleisch in bester regionaler Qualität. So führen die Leidls neben frischen Würsten und diversen Steaks auch eine landestypische Spezialität im Sortiment: das Altmühltaler Lamm. Die Jungtiere weiden rund sechs Monate an steilen Hangwiesen, wo sie beispielsweise Thymian, Spitzwegerich und Wiesensalbei fressen und dadurch ein besonders zartes und mildes Fleisch mit speziellem Aroma erreichen. Für Leidl Junior ist das Lamm ein kulinarisches Highlight des Naturparks Altmühltal: „Bei uns gelten die höchsten Qualitätsstandards für die Hüteschäferei sowie für Herstellung und Weiterverarbeitung.“

Weißwurst im Burger

Dass es heute im Fleischerhandwerk immer mehr auf regionale Besonderheiten ankommt, weiß auch Stefan Schütze von der Metzgerei Hack in Freising. Bekannt wurde der 38-jährige Fleischliebhaber durch kreative Stellenanzeigen. Mit Slogans wie „Du willst mit coolen Säuen abhängen?“ landete der Freisinger einen echten Coup in den sozialen Medien. Aber nicht nur bei ideenreichen Sprüchen hat Schütze einiges zu bieten. Über seine Theke geht nur Rind-, Schweine- und Lammfleisch aus der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall.

Wir wollen zeigen, wie viel Lifestyle in unserem Handwerk steckt.

Dirk Freyberger

Besonders attraktiv ist die Metzgerei Hack auch für Dry-Aging-Fans. Das Team um Stefan Schütze lässt Rinder- oder Schweinerücken in einer speziellen Reifekammer mehrere Wochen am Knochen altern, um einen kräftigen und würzigen Geschmack zu erzielen. Besonders stolz ist der Freisinger Metzger aber auf eine weitere Spezialität: den beliebten Weißwurst-Burger, den er angeblich selbst erfunden hat.

Innovation ist in modernen Fleischereibetrieben das Zauberwort der Stunde. So auch bei den Metzgerbrüdern Dirk und Sven Freyberger in Nürnberg. Unter dem Leitbild „Feine Kost – hausgemacht“ bieten die Franken kreative Wurstwaren und saftige Schinken aus eigener Produktion an: darunter täglich frische Weißwürste sowie die „Veschber stumbm“, eine Hartwurst im handlichen Zigarrenformat. Zudem führen die Freybergers einen eigenen Merchandise-Shop auf ihrer Website mit Metzgerei-Logo gebrandeten Shirts, Kappen und sogar Baby-Stramplern für die Kunden von morgen. Dirk Freyberger versteht sich als Botschafter von gutem Fleisch und ließ sich zusätzlich zum Fleischsommelier ausbilden. Gemeinsam mit seinem Bruder Sven verfolgt er ein ehrwürdiges Ziel: „Wir wollen zeigen, wie viel Lifestyle in unserem Handwerk steckt.“

Im Lifestyle-Bereich kennt sich auch Claus Böbel aus. Bei dem Franken aus Rittersbach dreht sich alles um die Wurst. Sämtliche Produkte produziert der Fleischermeister und Buchautor von „Der clevere Metzger“ mit seinem Team selbst. Als Highlight seines Schaffens gilt jedoch sein „Bratwurst Hotel“ in Georgengmünd, südwestlich von Nürnberg, das ein Albtraum für Veganer sein muss. Den Weg zu den Zimmern weisen beschriftete Fleischermesser, die Zimmerwände sind tapeziert mit bunten Bratwurst-Abbildungen, über dem Bett baumeln luftgetrocknete Würste und auch das Nackenkissen kommt im Wurst-Dekor daher. Wer dann noch echte Wurst-Erlebnisse sucht, der kann an mehrgängigen Bratwurstmenüs, einem Bratwurstseminar oder einer Bratwurstwanderung teilnehmen. „Polarisierung ist mein Geschäftsmodell“, sagt Metzger Böbel. Über Buchungszahlen kann der Franke sich angeblich nicht beschweren.