Auch in Kloster Kreuzberg in Franken hat die Braukunst Tradition. (Foto: Picture alliance/Klaus Nowottnick)
Braukultur

Gerstensaft mit Gottes Segen

Bayerische Klöster zählen zu den ältesten Braustätten der Welt. Von einstmals mehr als 350 Betrieben in Ordenshand sind nur wenige übrig geblieben. Sie wollen jetzt gemeinsam dieses kulturelle Erbe bewahren. Aus dem BAYERNKURIER-Magazin.

Wer im Bräustüberl des Klosters Mallersdorf zu Brotzeit und Bier einkehrt und vom heiligen Hügel über bayerische Felder und Wälder blickt, der scheint dem Herrgott näher als irgendwo sonst. Wenn sich dann auch noch die Nonne Doris dazugesellt und ihr Lieblingsbier präsentiert, dann fühlt sich der Gast wahrlich wie im bayerischen Himmel. „Würde der liebe Gott jetzt mit am Tisch sitzen“, freut sich Doris Engelhard, „dann hätte er bestimmt eine Halbe mitgetrunken.“

Rund 20 Kilometer südlich von Regensburg steht die 68-jährige Ordensschwester als eine der letzten ihrer Zunft am geweihten Sudtrog. Seit fast fünfzig Jahren braut sie süffige, unfiltrierte Biere und hat damit inzwischen Kultstatus erreicht. Das Kloster Mallersdorf ist eine der letzten Abteien in Europa, in der Nonnen noch selbst am Kessel arbeiten und eine uralte Biertradition pflegen. In früherer Zeit verfügte fast jeder Orden über eine eigene Brauerei. Von einstmals rund 350 dieser Braustätten sind deutschlandweit nur noch rund ein Dutzend verblieben – alle fast ausschließlich in Bayern. Aber nur in sechs Abteien herrschen tatsächlich noch Mönche und Nonnen über das althergebrachte Handwerk im Umgang mit Hopfen und Malz.

Tausend Jahre Tradition

Vielerorts wird das Bier inzwischen von weltlichen Braumeistern oder von Privatbrauereien mit klösterlicher Geschichte produziert. Aber selbst die modernsten Betriebe fühlen sich der Klostertradition verpflichtet und brauen ihren Gerstensaft teils nach uralten Rezepturen weiter. Zu ihnen zählen die altehrwürdige Staatsbrauerei Weihenstephan, aber auch Marken wie Paulaner, Franziskaner und Augustiner. In seinem Buch „Bier – eine Geschichte von der Steinzeit bis heute“ hat der Regensburger Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder die Historie der Abteien präzise aufgearbeitet. Sein Urteil: „Seit mehr als tausend Jahren haben die bayerischen Klosterbrauereien einen ganz maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Braukunst in ganz Deutschland.“

Unser Bestreben ist es, dass die Klosterbrauereien in die Liste der europäischen Kulturgüter aufgenommen werden.

Angelika Somaruga, Geschäftsführerin der Franziskaner Klosterbetriebe auf dem Kreuzberg

Um die beliebte Brautradition in gemeinsamen Projekten hervorzuheben, schlossen sich im Kloster Kreuzberg in der Rhön jetzt acht der zwölf noch existierenden Abteien zu einem Förderverein zusammen – nämlich die Klöster Aldersbach, Andechs, Baumburg, Ettal, Kreuzberg, Scheyern, Weißenohe und Weltenburg. „Uns verbinden neben der historischen und kunstgeschichtlichen Bedeutung der einzelnen Brauereistandorte vor allem die gemeinsamen Werte“, sagt der Vorsitzende des Vereins, Pater Lukas Wirth aus dem Benediktinerkloster Scheyern bei München.

Mit speziellen Veranstaltungen wollen die Klosterbrauereien künftig gemeinsam auf die Besonderheiten der süffigen Abteispezialitäten hinweisen. So wurde bei der Gründungsversammlung des Fördervereins gleich beschlossen, die Bayerische Landesausstellung 2018 im Kloster Ettal mit einem „Holzfassfestival“ zu beginnen. Angelika Somaruga, Geschäftsführerin der Franziskaner Klosterbetriebe auf dem Kreuzberg, formuliert noch ein weiteres Ziel der ehrgeizigen Initiative: „Unser Bestreben ist es, dass die Klosterbrauereien in die Liste der europäischen Kulturgüter aufgenommen werden.“

Klosterbier als Weltkultur

Wenn sich das für das Welterbe zuständige UNESCO-Komitee demnächst mit den bayerischen Klosterbieren beschäftigt, dann geht es sicherlich auch um die Geschichte eines unvergleichlichen Gerstensaftes. Der Siegeszug der Abteien begann etwa im 11. Jahrhundert. Angeblich waren es geschäftstüchtige Zisterzienser-Mönche, die zuerst den Marktwert des flüssigen Goldes erkannten und zu einem einträglichen Geschäft machten. Nachdem Mönche und Nonnen in grauer Vorzeit meist nur für den Eigenbedarf brauten, erwarben sie alsbald fürstliche Schankrechte und begannen vermehrt das Bier in eigenen Zechstuben auszuschenken. Bis tief ins 19. Jahrhundert gehörte zu fast jedem Kloster eine eigene Brauerei. Das hat einen plausiblen Grund. In der Fastenzeit musste „flüssiges Brot“ die feste Nahrung ersetzen und war somit ein wichtiger Baustein in der Ernährung der Klosterbewohner. Eine Tagesration von fünf Liter Bier galt dabei keineswegs als Ausnahme.

Steigende Besucherzahlen beweisen, dass die bayerischen Bierklöster mit ihren Spezialitäten und der unvergleichlichen Architektur für ihre Besucher immer attraktiver werden. Als Erfolgsbeispiel jahrhundertealter Gastlichkeit und wirtschaftlicher Blüte gilt beispielsweise die Klosterbrauerei Andechs – idyllisch gelegen zwischen Starnberger See und Ammersee –, in der bereits seit 1455 nahrhafte Biere gebraut werden. Alljährlich belagern rund eine Million Menschen den heiligen Klosterberg der letzten Benediktinermönche mit grandiosem Blick in die oberbayerische Bilderbuchlandschaft.

Biergarten am Donaudurchbruch

In der barocken Klosteranlage zu Weltenburg geht es hingegen etwas gemächlicher zu. Seit 1040 brauen Mönche in der ältesten noch existierenden Klosterbrauerei der Welt süffige, malzbetonte Biere nach traditionellen Rezepturen. Die im 7. Jahrhundert gegründete Benediktiner-Abtei nahe Ingolstadt, oberhalb des romantischen Donaudurchbruchs, verfügt über einen der schönsten Biergärten der ganzen Region.

Bierliebhaber rund um den Globus lieben das „Weltenburger Kloster Barock Dunkel“, das zweimal mit dem renommierten „World Beer Award“ als bestes Dunkelbier der Welt ausgezeichnet wurde. Braudirektor Hermann Goß, der überschaubare 30.000 Hektoliter pro anno braut, freut sich über derartige Ehrentitel: „Die Qualität eines mit regionalen Rohstoffen gebrauten Klosterbieres lässt sich eben nur schwer überbieten.“