Zu Besuch im Freistaat: Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen beim CSU-Neujahrsempfang in Andechs. (Bild: avd)
Andechs

Mit offenem Visier

Hoher Gast beim Neujahrsempfang des CSU-Kreisverbandes Starnberg auf dem Heiligen Berg in Andechs: Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen war dieses Jahr zu Besuch und hielt ein unüberhörbares Plädoyer für Europa und die Demokratie.

Bis zum letzten Stehplatz gefüllt war der Saal des Klostergasthofes in Andechs, als die Verteidigungsministerin ihre Ansprache hielt. Mehr als 500 Gäste sollen angeblich gekommen sein. CSU-Kreisvorsitzende Stefanie von Winning hatte gemeinsam mit der ehemaligen Landtags- und Bundestagsabgeordneten sowie Staatsministerin und jetzigen Vorsitzenden der Hanns-Seidel-Stiftung, Ursula Männle, Ursula von der Leyen für einen der bekanntesten CSU-Neujahrsempfänge Bayerns gewinnen können. Nur die CSU-Europaabgeordnete Angelika Niebler verspätete sich ein wenig, was von Winning mit den Worten kommentierte: „Sie steht im Stau, vermutlich in Starnberg.“ Ein kleiner Seitenhieb auf die notorisch staugeplagte Kreisstadt.

Der Landkreis ist durchaus Thema im Verteidigungsministerium, soll doch der neue Bundeswehr-Campus der Fernmelder in Pöcking, das „modernste Bauwerk der Bundeswehr“, mit rund 100 Millionen Euro neu errichtet, teilsaniert und ausgestattet werden. Doch dazu sagte von der Leyen an diesem Abend nichts.

Zunächst hatte sich der Denklinger Bürgermeister Michael Kießling kurz als neuer Bundestagskandidat der CSU vorgestellt. Der Major der Reserve räumte dann aber gerne die Bühne für die Hauptrednerin des Abends, „meine Dienstherrin“.

Ein Plädoyer für Europa und Demokratie

Die Ministerin hielt eine „Mutmach“-Rede, wie man sie an diesem Ort selten gehört hatte. Die CDU-Politikerin warb für die europäische Idee: „Diese EU hat es geschafft, 28 Länder zusammenzuführen, in denen 24 Sprachen gesprochen werden.“ Klar ist aber für die Ministerin auch: „Europa muss sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren!“

Wir dürfen nicht vergessen, wie viel wir Amerika zu verdanken haben.

Ursula von der Leyen

Angesichts zahlreicher Krisenherde und Kriege in der ganzen Welt, die auch auf Europa abfärbten, sei diese Einigkeit kein leichtes Unterfangen und in Gefahr. Da sei zum einen „der IS, der versucht, ins Herz unserer Lebensweise zu treffen“. Europa dagegen treibe auseinander, anstatt zusammenzustehen – angefangen bei den Briten mit ihrem Brexit. Der tue „weder Großbritannien noch Europa“ gut. Auch die neue US-Administration sowie die Chancen und Risiken der Globalisierung erwähnte von der Leyen, mahnte aber zur Zurückhaltung. „Wir dürfen nicht vergessen, wie viel wir Amerika zu verdanken haben“, sagte sie. Zwischen den USA und Deutschland bestehe „eine feste und langjährige Freundschaft.“ Das sei ein tragfähigeres Fundament, „als Probleme im Weißen Haus, die über Twitter verbreitet“ würden.

Gemeinsam für die Demokratie

Im anstehenden Bundestagswahlkampf plädierte sie für gemeinsames Eintreten von CDU und CSU. Sie verglich die Auseinandersetzungen der beiden Schwesterparteien um die Flüchtlingspolitik mit den Erfahrungen, die sie in ihrer Familie gemacht habe. Als Mutter von fünf Töchtern (und zwei Söhnen) wisse sie, „dass wir Mädels auch mal ganz schön heftig streiten können“, aber wenn es wichtig werde, stünde man fest zusammen. Dies gelte auch für CDU und CSU: „Auch auf die Union ist Verlass.“

Wir müssen mit offenem Visier dem Hass entgegentreten.

Ursula von der Leyen

„Unser Land verändert sich und wir müssen lernen, mit diesen Veränderungen umzugehen“, sagte die in der Region Brüssel geborene Niedersächsin nachdenklich.

Sie warnte vor den „Verunsicherungen im Inneren und von außen“ und erinnerte an die Worte der Nationalhymne „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Einigkeit habe man etwa durch die soziale Marktwirtschaft geschaffen, durch den Ausgleich zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften, durch ehrenamtliches Engagement. „Wo anders auf der Welt möchte ich krank sein als hier? Wo anders möchte ich alt werden?“, nannte sie die sozialen Absicherungen hierzulande. „Die Spalter und Angstmacher versuchen zu suggerieren, dass das Land zerfällt. Aber das Land sind 82 Millionen Menschen.“ Einen Zerfall könne sie nicht erkennen. Auch der deutsche Rechtsstaat sei „einzigartig“, mit der grundgesetzlich garantierten Würde des Menschen. „Wir müssen mit offenem Visier dem Hass entgegentreten“, forderte von der Leyen und zitierte den Ex-US-Präsidenten Barack Obama: „Wenn Demokratie und Freiheit für selbstverständlich erachtet werden, dann sind sie in Gefahr.“ Die Freiheit würde hierzulande von den vielen Soldaten und Polizisten geschützt, denen sie dafür dankbar sei. „Aber die Demokratie, die Freiheit, das sind auch wir, die müssen auch wir schützen. Halten wir zusammen und erhalten wir unsere Demokratie“, appellierte sie an die Anwesenden.