Die Ministerpräsidenten Markus Söder und Winfried Kretschmann vor der gemeinsamen Kabinettssitzung im Schloss Meersburg am Bodensee. (Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand)
Kabinett

Südschiene funktioniert

Die Regierungen von Bayern und Baden-Württemberg fordern 200 Millionen Euro vom Bund für ein eigenes Batterieforschungs-Netzwerk. Außerdem wurden zwei Verkehrsprojekte angeschoben. Das zeigt: Die alte Südschiene Bayern/Baden-Württemberg funktioniert.

Bayern und Baden-Württemberg fordern 200 Millionen Euro Forschungsgelder vom Bund. Damit wollen die beiden Südländer ein eigenes Batterieforschungs-Netzwerk mit Standorten unter anderem in Ulm, Augsburg, Nördlingen und Karlsruhe aufbauen. Man fordere für jedes der beiden Länder mindestens 100 Millionen Euro vom Bund, um diese Forschung voranzubringen, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einer gemeinsamen Sitzung beider Kabinette in Meersburg am Bodensee. Beide Länder wollen dafür aber auch eigenes Geld in die Hand nehmen.

Es geht um eine halbe Milliarde Euro – das ist sehr viel Geld.

Markus Söder (CSU), bayerischer Ministerpräsident

Söder kritisierte, die Entscheidung für Münster sei nach wie vor nicht nachvollziehbar. Das sei mehr als ein „Standort-Ärgernis“, sondern existenziell: Denn anders als in Münster sei in Bayern und Baden-Württemberg industrienahe Batterieforschung möglich. Der CSU-Vorsitzende warnte, wenn es bei der singulären Entscheidung für Münster bleibe sollte, werde Deutschland in der Batterieforschung nicht das Tempo eingehen können, das international nötig sei. „Das ist sozusagen ein Wettbewerbsnachteil fürs gesamte Land, selbst wenn es für Münster schön sein sollte“, warnte Söder. Deswegen brauche es an der Stelle einen „starken neuen Aufschlag“ des Bundes.

Kritik am Standort Münster

Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) sagte, man wolle sich der Zusammenarbeit mit Münster nicht verweigern. Es gehe aber darum, dass die beiden Südländer als Automobilstandorte das industrielle Umfeld für die Anwendung der Batterieforschung hätten. Insofern sei dies „eine andere Liga“. Söder verlangte vom Bund am Dienstag vollständige Transparenz darüber, wie die Entscheidung für Münster zustande gekommen sei. „Es geht um eine halbe Milliarde Euro – das ist sehr viel Geld.“ Münster sei eine großartige Stadt, habe aber keinen Bezug zur Automobilität.

Wir wollen besser, noch enger zusammenarbeiten. Es ist gut für die ganze Republik, wenn sie starke Lokomotiven hat

Winfried Kretschmann (Grüne), baden-württembergischer Ministerpräsident, zur Zusammenarbeit Bayerns und Baden-Württembergs

Ende Juni hatte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) das Batterieforschungszentrum, eine 500-Millionen-Euro-Investition mit langfristig tausenden Arbeitsplätzen, nach Münster in Westfalen vergeben. Zum Standort Münster gehören auch Projekte in Aachen und in Ibbenbüren. Letztere Stadt liegt im Bundestagswahlkreis der Ministerin. Karliczek behauptete allerdings, ausschlaggebend beim Votum für eine Batterie-Forschungsfabrik in ihrer Heimat seien die Exzellenz der Forschung, der volkswirtschaftliche Nutzen und der gesamte Prozess der Batterieproduktion einschließlich des Recyclings gewesen.

Das eigentlich favorisierte Ulm ist seit Jahren der „Hotspot“ der Batterieforschung, unterstützt durch ein Konsortium aus zwölf Forschungseinrichtungen und Hochschulen sowie mit dem größten deutschen Batteriezellenhersteller Varta ganz in der Nähe. Kritik gab es aber nicht nur im Süden Deutschlands, immerhin auch das Zentrum des Automobilbaus, sondern auch im ebenfalls ausgebooteten Niedersachsen und in Sachsen, die sich mit Salzgitter beziehungsweise Dresden beworben hatten. Nun soll Ulm jedoch – genauso wie Karlsruhe, Salzgitter und Augsburg – für einzelne Aspekte zum Nebenstandort der Forschungsfabrik werden.

Wichtige Verkehrsprojekte in Lindau und Ulm

Außerdem schoben die Minister des CSU-FW-Kabinetts aus Bayern und der Grün-Schwarzen Landesregierung aus Baden-Württemberg zwei wichtige Verkehrsprojekte in Lindau und in Ulm an. Das zeigt: Auch unter den Bedingungen unterschiedlicher politischer Grundausrichtungen funktioniert die legendäre Südschiene zwischen Bayern und Baden-Württemberg, wenn um die Zukunftschancen und die optimale Entwicklung der beiden Länder geht.

Bayern und Baden-Württemberg sind das Leistungs-Herz Deutschlands.

Markus Söder

Kretschmann betonte nach der ersten gemeinsamen Kabinettssitzung der beiden Länder seit acht Jahren, es habe „nie einen Stillstand auf der Südschiene“ gegeben. „Wir wollen besser, noch enger zusammenarbeiten“, sagte Kretschmann. „Es ist gut für die ganze Republik, wenn sie starke Lokomotiven hat.“ Söder hob das gute Miteinander mit Kretschmann und Baden-Württemberg mehrmals hervor. Bayern und Baden-Württemberg seien ja das „Leistungs-Herz“ Deutschlands.

Fernzüge in die Schweiz werden deutlich schneller

In Lindau gab Ministerpräsident Markus Söder mit einem Spatenstich den Startschuss zum Bau des neuen Bahnhofs Lindau-Reutin, der den Bahn-Fernverkehr von München und Ulm nach Vorarlberg und in die Schweiz entscheidend beschleunigen soll. Der Festland-Bahnhof Lindau-Reutin soll neue Mobilitätsdrehscheibe am östlichen Bodenseeufer werden und damit den Lindauer Hauptbahnhof auf der Bodensee-Insel ablösen. Bisher mussten alle Fernzüge über den historischen Bahnhof auf der Lindauer Insel fahren, was viel Zeit gekostet hat.

Der alte Lindauer Inselbahnhof stammt im Kern aus der Königlich-Bayerischen Zeit – ebenso wie der Hafen. Der Inselbahnhof wird im Zuge des Ausbaus verkleinert und künftig nur noch von Nahverkehrszügen bedient. Zusammen mit den Passagieren der Nahverkehrszüge rechnet die Bahn mit rund 5000 Ein- und Aussteigern pro Tag am neuen Bahnhof Lindau-Reutin. Die Kosten für den neuen Bahnhof teilen sich Stadt, Freistaat, Bund und Deutsche Bahn. Eröffnen soll er mit der Inbetriebnahme der Ausbaustrecke München-Lindau Ende 2020.

Neue Regio-S-Bahn im Großraum Ulm/Neu-Ulm

Ebenfalls um den Schienenverkehr ging es in Ulm. Dort trafen sich der bayerische Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) und sein baden-württembergischer Amtskollege Winfried Hermann (Grüne), um das Bahnprojekt „Regio-S-Bahn Donau Iller“ voranzutreiben. Mit dabei waren auch der Neu-Ulmer Landrat Thorsten Freudenberger (CSU) und der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU).

Ziel des Projektes ist ein S-Bahn-Netz im Großraum Ulm und Neu-Ulm mit dem Ulmer Hauptbahnhof als zentralem Drehkreuz. Unter anderem soll die S-Bahn in Zukunft die Strecken Neu-Ulm-Memmingen, Aalen-Ulm, Ulm-Riedlingen und Ulm-Aulendorf bedienen. Dafür sollen die an den Strecken liegenden Bahnhöfe ausgebaut werden. Zunächst stehen aber Untersuchungen zum Ausbau der länderübergreifenden Schieneninfrastruktur an. Auch eine Kosten-Nutzen-Analyse, bei der die Projektkosten dem zu erwartenden Nutzen des Ausbaus gegenübergestellt werden, steht noch aus.

(Dieser Artikel wurde am 23.7.2019 um 20.30 Uhr aktualisiert.)