Due Automatisierte Kennzeichenerfassung ist ein unverzichtbares Fahndungsinstrument. (Bild: imago images/Rupert Oberhäuser)
Kameras

Unverzichtbar zur Fahndung

Bayern setzt als erstes Bundesland Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur automatisierten Kennzeichenerkennung um. Das Fahndungsinstrument soll auch künftig für mehr Sicherheit sorgen können, so Innenminister Joachim Herrmann.

Bayern setzt als erstes Bundesland die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu automatisierten Kennzeichenerkennungssystemen (AKE) um. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschluss vom 18. Dezember 2018 bis Ende 2019 punktuelle Änderungen bei der Regelung im Polizeiaufgabengesetz zur automatisierten Kennzeichenerkennung verlangt. Die Bayerische Polizei hat die automatisierte Kennzeichenerkennung nach einer vorherigen Erprobung im Jahr 2006 eingeführt.

Unverzichtbar für mehr Sicherheit

Das Kabinett hat nun einen Gesetzentwurf des Innenministeriums beschlossen, der den betroffenen Verbänden zur Anhörung zugeleitet wird. So sollen insbesondere die Voraussetzungen für den Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme eingeschränkt und präzisiert werden, damit sie auch weiterhin als wichtiges Instrument der Verbrechensbekämpfung genutzt werden können.

Unsere ‚Automatisierte Kennzeichenerkennung‘ ist und bleibt ein unverzichtbares Fahndungsinstrument für mehr Sicherheit.

Joachim Herrmann

„Unsere ‚Automatisierte Kennzeichenerkennung‘ ist und bleibt ein unverzichtbares Fahndungsinstrument für mehr Sicherheit“, betonte Herrmann. „Mit unserer geplanten Gesetzesänderung berücksichtigen wir alle Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und setzen diese eins zu eins um.“ Herrmann wies darauf hin, dass laut Bundesverfassungsgericht die AKE an polizeilichen Kontrollstellen und im Rahmen der Schleierfahndung mit der Verfassung grundsätzlich vereinbar ist: „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betraf nicht den Kern der AKE, sondern nur einzelne Aspekte ihrer rechtsstaatlichen Ausgestaltung.“

PAG wird überprüft

Im jetzt vorliegenden Gesetzentwurf sollen nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts engere Voraussetzungen für den AKE-Einsatz festgelegt werden. Die Anwendungsalternative ‚Verhütung oder Unterbindung der unerlaubten Überschreitung der Landesgrenze‘ wird gestrichen, weil hierfür die Zuständigkeit laut Bundesverfassungsgericht beim Bund liegt.

Dank der AKE-Treffermeldungen konnten unsere Polizisten auch Personen retten, die in Selbstmordabsicht unterwegs waren.

Joachim Herrmann

Die AKE ist jedoch weiterhin zur Verhütung und Unterbindung des unerlaubten Aufenthalts und zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität zulässig. „Außerdem wird die AKE künftig nicht mehr zur Abwehr aller Gefahren möglich sein, sondern nur noch zur Abwehr von Gefahren für bedeutende Rechtsgüter wie beispielsweise Leib und Leben“, erklärte der Minister. Darüber hinaus darf die AKE außerhalb des 30-Kilometer-Grenzbereichs nur noch auf Bundesautobahnen, Europastraßen und Bundesstraßen eingesetzt werden. Zusätzlich wird die Dokumentation der Anordnung der AKE im PAG genauer geregelt. Auch wird die Weiterverarbeitung der Daten im Sinne des Datenschutzes eingeschränkt.

Der Innenminister kündigte darüber hinaus an, dass die Staatsregierung das gesamte neue Polizeiaufgabengesetz (PAG), in dem auch die Rechtsgrundlagen für die AKE stehen, in den nächsten Monaten entsprechend den Maßgaben des Koalitionsvertrags und den Ergebnissen der PAG-Kommission evaluieren wird. „Wir erwarten den Abschlussbericht der PAG-Kommission voraussichtlich bis Ende August diesen Jahres“, so Herrmann. „Danach werden wir auch dazu zügig einen Gesetzentwurf erarbeiten.“

Vielzahl von Straftaten verhindert

Der bayerische Innenminister machte schließlich deutlich, dass die Bayerische Polizei mit der AKE unter anderem bereits eine Vielzahl gestohlener Fahrzeuge feststellen und deren Verschiebung ins Ausland verhindern konnte. Alleine 2018 wurden nach AKE-Treffern 229 Fahrzeuge sichergestellt. Dazu kommen erhebliche Mengen Rauschgift. Ferner wurden Schleusungen aufgedeckt sowie Diebesbanden dingfest gemacht und somit weitere Wohnungseinbruchdiebstähle durch diese Gruppierungen verhindert. „Dank der AKE-Treffermeldungen konnten unsere Polizisten auch Personen retten, die in Selbstmordabsicht unterwegs waren“, ergänzte der Minister.

Im März 2018 wurde ein wegen Diebstahls ausgeschriebener Kleintransporter erfasst. Nach längerer Verfolgungsfahrt und Festnahme des Fahrers stellte sich heraus, dass er die Beifahrerin zuvor entführt und vergewaltigt hatte. Bei einer anderen Kontrolle ging der Polizei ein durch Belgien zur Festnahme wegen Aktivitäten mit Terrorismusbezug ausgeschriebener Fahrer ins Netz.

Auch 2019 gab es schon einige Erfolge der AKE:

  • Festnahme einer ungarischen Diebesbande
  • Festnahme eines Einbrecherpärchens, das nach derzeitigem Stand der Ermittlungen an ca. 60 Kelleraufbrüchen beteiligt war
  • Festnahme eines Tatverdächtigen nach Totschlag
  • Festnahme von Enkeltrickbetrügern
  • Inobhutnahme eines Kindes nach Kindesentziehung mit Festnahme der Täter
  • Inobhutnahme eines Mannes nach Suizidankündigung
  • Festnahme von zwei Einbrechern, die nach derzeitigem Stand der Ermittlungen an bis zu 60 Einbrüchen im mittel- und südbayerischen Raum beteiligt waren
  • Festnahme von rumänischen Wohnungseinbrechern
  • Sicherstellung einer Maschinenpistole mit 128 Schuss Munition

Die Bayerische Polizei verfügt über 22 stationäre AKE-Anlagen, die an 15 Standorten betrieben werden und 39 Fahrspuren überwachen. Darüber hinaus stehen sechs Anlagen für den mobilen Einsatz zur Verfügung. Eingesetzt werden die Anlagen derzeit insbesondere auf Routen des internationalen Verkehrs, die auch von grenzüberschreitend agierenden Straftätern intensiv genutzt werden.

Die Automatische Kennzeichenerfassung

Die Fahrzeuge werden von einer digitalen Kamera von hinten erfasst, so dass nur das Heck des Fahrzeugs mit dem Kennzeichen zu erkennen ist, keine Fahrzeuginsassen. Ergibt sich keine Übereinstimmung des Kennzeichens mit dem AKE-Fahndungsbestand, wird das Bild noch in der Rechnereinheit vor Ort sofort, spurenlos und unwiederbringlich in Bruchteilen einer Sekunde gelöscht, ohne dass die Möglichkeit der Kenntnisnahme durch eine Person besteht.

Auch andere Bundesländer überprüfen automatisiert Autokennzeichen. Neben Bayern sind das Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Sachsen. Auch in anderen Staaten ist die Erfassung von Kennzeichen gängige Praxis, vor allem in Großbritannien zur Mautüberwachung und Frankreich zur Verhinderung von Straftaten organisierter Kriminalität, Autodiebstahl oder Zollvergehen.

Mehr Infos unter: www.kennzeichenerfassung.bayern.de