Michaela Kaniber beim Baumpflanzen mit Jakob Opperer (l.), Präsident der Landesanstalt für Landwirtschaft, Karl-Ludwig Rostock (M.), Präsident des Bayerischen Erwerbsobstbau-Verbands und Christian Praxl (r.), Bürgermeister der Gemeinde Rohrdorf. (Bild: LfL)
Agrarpolitik

Die Sorgen der Bauern

Das Volksbegehren zum Artenschutz und seine Folgen haben viele Landwirte verärgert und verunsichert. Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber kämpft gegen die schlechte Stimmung und gegen fehlende Informationen.

Das Volksbegehren zum Artenschutz hatte den Landwirten mehr oder weniger die Alleinschuld am Rückgang der Artenvielfalt zugewiesen, während die Anteile der Verbraucher und Privateigentümer sowie andere Beteiligter praktisch ausgeklammert wurden. Das hat viele Landwirte verärgert. Hinzu kamen jetzt durch die Annahme des Volksbegehrens und die Umsetzung des darin geforderten Gesetzentwurfes viele Unsicherheiten. Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber will nun auf insgesamt acht regionalen Bauernversammlungen bestehende Informationslücken schließen.

Mehr Information

In allen Regierungsbezirken werden Landwirte und Verbraucher über Regionalkonferenzen zum Volksbegehren und zum Maßnahmenpaket „Artenvielfalt und Naturschönheiten in Bayern“ informiert. Kaniber wird dabei mit den Bauern auch direkt über ihre Anliegen sprechen. „Die letzten Tage haben mir deutlich gezeigt, dass viele Fehlinformationen bezüglich der Annahme des Volksbegehrens ‚Rettet die Bienen‘ verbreitet werden, die einfach nicht stimmen!“, postete die Ministerin jetzt auf Facebook. „Meine nächsten Termine werden definitiv unter dem Motto ‚Informationen verhindern Spekulationen‘ stehen. (…) Das Wichtigste ist mir das Gespräch MIT unseren Bauern!“

Wir haben zwei Prozent Landwirte und die restlichen 98 Prozent erzählen den Bauern, wie sie zu wirtschaften haben.

Michaela Kaniber

So gab es in der jüngsten Zeit Berichte über Komplettfällungen von Streuobstwiesen in der Fränkischen Schweiz, deren Besitzer offenbar aus Sorge handelten, durch den Biotopschutz den Zugriff auf ihr Eigentum zu verlieren. Im Internet wurden Falschmeldungen verbreitet, wonach bis 6. Mai „Einsprüche“ gegen die Biotopkartierung einzulegen seien, wobei diese bloße Datenerhebung ohne unmittelbare rechtliche Wirkung ist und Einsprüche gar nicht eingelegt werden können.

„Keine leichte Entscheidung“

Kaniber hat aber auch an alle Bäuerinnen und Bauern einen Brief geschrieben, in der sie klar macht, warum die Staatsregierung „nach einem keineswegs einfachen Abwägungsprozess“ für die Annahme des Volksbegehrens entschieden hat. Es sei für sie selbst „keine leichte Entscheidung“ gewesen, sie trage sie aber mit, weil es mit Ergänzungen und Verbesserungen gelungen sei, „im Begleitgesetz viele unbeabsichtigte Härten zu vermeiden und gangbare Wege für die Praxis aufzuzeigen“.

84 Prozent der Verbraucher finden Bioprodukte super, aber nur 4 bis 8 Prozent kaufen sie.

Michaela Kaniber

Bestimmte Details seien noch zu klären. Wichtig für die Ministerin war aber: „Auch der für uns so wichtige bayerische Grundsatz ‚Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht‘ konnte in weiten Teilen als künftiges Leitbild sichergestellt werden.“ Beim Verwaltungsvollzug werden man ein besonderes Augenmerk darauf legen, „dass eine unbürokratische und praktikable Bewirtschaftung weiterhin möglich“ bleibe, sichert sie den Landwirten zu.

Stimmung auf dem Tiefpunkt

Es geht Kaniber aber auch um die Stimmungslage vieler Landwirte, die nach dem einseitigen Volksbegehren einen Tiefpunkt erreicht hat. „Manches war unsachlich oder wurde zum Teil aus mangelndem Wissen falsch dargestellt. Das ging buchstäblich unter die Haut“, schreibt die Ministerin in ihrem Brief über das Volksbegehren. „Mir war es von Anfang an ein großes Anliegen, die Verantwortung jedes einzelnen Bürgers herauszustellen und keinesfalls die Schuldigen für das Artensterben nur und ausschließlich in der Landwirtschaft zu suchen.“

Auch die Teilnehmer des Runden Tisches seien sich dessen bewusst geworden und gingen differenzierter auf die Sorgen und Nöte der Bauern ein. „Wir haben zwei Prozent Landwirte und die restlichen 98 Prozent erzählen den Bauern, wie sie zu wirtschaften haben“, so Kaniber kürzlich im Oberpfalznetz. Sie erinnerte: „135.000 Hektar ist das Potenzial der Privatgärten. Es kann jeder seinen Beitrag leisten.“ Und weiter: „84 Prozent der Verbraucher finden Bioprodukte super, aber nur 4 bis 8 Prozent kaufen sie.“

Naturschutz gibt es nicht zum Nulltarif.

Michaela Kaniber

„Sie haben mit Ihrem Einsatz erst die Streuobstflächen und das artenreiche Grünland geschaffen“, bekräftigt Kaniber nun in ihrem Brief an die Landwirte. Um beides zu erhalten, wie es der Wunsch der Bürger gewesen sei, sei es umso wichtiger, „dass die bisher übliche Bewirtschaftung gesichert bleiben muss und honoriert wird.“ Dafür will sich die Ministerin im Landtag einsetzen.

Die Landwirte sollten nicht „mutlos“ werden: „Wir brauchen Sie! Die heimische Landwirtschaft ist unverzichtbar, gerade in Zeiten einer immer unsicherer werdenden Welt.“ Naturschutz könne nur gemeinsam mit den Landwirten geschehen und „Naturschutz gibt es nicht zum Nulltarif“. Kaniber verspricht: „Die Staatsregierung wird alles dafür tun, damit Sie und Ihre Betriebe in eine gute Zukunft gehen können.“

Klarstellungen im Gesetz

In einer beiliegenden Begleitinformation des Ministeriums werden Fragen zum Gesetzentwurf beantwortet. Insbesondere die drei Bereiche „Walzverbot und Mahdzeitpunkt für Grünland“, „Schaffung eines Biotopverbundes im Offenland“ sowie „Bewirtschaftung von Streuobstwiesen nach der Biotopausweisung“ werden darin klargestellt. Die wichtigsten Punkte im Detail:

  • Der Mahdzeitpunkt 15. Juni auf 10 Prozent der Grünlandflächen ist eine bayernweite Zielvorgabe, die sich nicht auf den Einzelbetrieb bezieht.
  • Das Walzverbot ab dem 15. März: Hier kann die Staatsregierung eine Verordnung erlassen, die eine flexible Reaktion auf die regional und örtlich sehr unterschiedlichen Witterungsbedingungen möglich macht. Nach Möglichkeit soll das über Allgemeinverfügungen für ganze Landkreise oder Bezirke erfolgen. Unwetter-, Wild- und Weideschäden dürften weiter gewalzt werden.
  • Bei der vorgesehenen Biotopausweisung von Streuobstbeständen ab einer Größe von 2500 Quadratmetern wird auch künftig eine reguläre Bewirtschaftung ohne aufwändige Genehmigungsverfahren möglich sein. Einzelne Bäume können auch weiter entnommen werden etwa nach Erkrankung oder Schädlingsbefall. Schädlinge können weiter durch begrenzten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bekämpft werden. Rodungen können genehmigt werden, wenn Ausgleichsflächen geschaffen werden.
  • Der Ausbau des Biotopverbundes erfolgt nach dem Grundsatz „Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht“ über zusätzliche Förderanreize.

Anreize für Landwirte

Zusätzlich werden ebenfalls weitere Maßnahmen gefördert, darunter die Ausweitung des Ökolandbaus, die Halbierung des chemischen Pflanzenschutzes, die Anpflanzung von Blühflächen, die Vermarktung regionaler Erzeuger, ein Startpaket für Junglandwirte und der verstärkte Einsatz regionaler Lebensmittel in staatlichen Kantinen. Für Gewässerrandstreifen gibt es einen finanziellen Ausgleich von 200 Euro pro Hektar. Zudem sollen auch Staat, Kommunen, Kirchen und Verbraucher „stärker mit ins Boot“ geholt werden.

Gespräche mit den Bauern

Termine der Regionalkonferenzen von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber:

  • Oberfranken: Montag, 20. Mai, 19:00 Uhr in Kulmbach (Dr.-Stammberger-Halle / Stadthalle)
  • Oberbayern Nord: Mittwoch, 22. Mai,19:00 Uhr in Pfaffenhofen (Deutsches Hopfenmuseum)
  • Oberbayern Süd: Freitag, 24. Mai, 19:00 Uhr in Rosenheim (Inntalhalle)
  • Oberpfalz: Dienstag, 28. Mai, 19:30 Uhr in Schwarzenfeld (Miesbergstuben)
  • Niederbayern: Mittwoch, 29. Mai, 19:00 Uhr in Straubing (Magnobonus-Markmiller-Saal)
  • Unterfranken: Freitag, 31. Mai, 10:30 Uhr in Kürnach (Höllberghalle)
  • Mittelfranken: Donnerstag, 6. Juni, 19:30 Uhr in Ansbach (Tagungszentrum Onoldia)
  • Schwaben: Freitag, 7. Juni, 19:30 Uhr in Dietmannsried (Festhalle)