Masern gelten bei manchen Eltern immer noch als Allerwelts-Kinderkrankheit, sind aber viel gefährlicher als erwartet. Neben der akuten Erkrankung kann es nämlich als Spätfolge zur sogenannten SSPE kommen, einer oft tödlich verlaudenden Entzündung des Gehirns. Besonders gefährdet sind Kinder im ersten Lebensjahr, die noch zu jung für eine Masern-Mumps-Röteln-Impfung sind.
Dabei geht es nicht nur um den eigenen Schutz, sondern auch um das Allgemeinwohl.
Melanie Huml (CSU), bayerische Gesundheitsministerin
Jüngst hatten sich im niedersächsischen Hildesheim Masern-Fälle gehäuft. Angesichts dieses Ausbruchs hatte sich die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) erneut für eine Impflicht gegen Masern ausgesprochen. Masernerkrankungen seien extrem ansteckend und potentiell tödlich. Je besser die Durchimpfungsrate sei, desto sicherer sei das Leben gerade für die Kleinsten, erklärte die Fachgesellschaft.
Ideologisch verbohrte Impfgegner sind Bedrohung für die Gesundheit
Neben grundsätzlich verantwortungsvollen Eltern, die die Krankheit schlicht unterschätzen, treten immer häufiger sogenannte Impfverweigerer, die ihren Kinder aus ideologischen Gründen die Impfung vorenthalten. Diese gefährden damit Gesundheit und Leben ihrer eigenen Kinder und gleichzeitig derer Freunde im Kindergarten oder der Schule. Aus manchen Großstädten gab es vor Jahren Berichte über einen besonderen Wahnsinn von Impfgegnern: Sie bringen ihre Kinder zu „Masernpartys“, um sie gezielt zu infizieren – und damit ihr Leben zu gefährden.
Mein Ziel ist, die Bevölkerung wissenschaftlich fundiert zu informieren – und sie damit zu motivieren, die Möglichkeit eines Impfschutzes zu nutzen.
Melanie Huml
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt Impfgegner zu den zehn größten Bedrohungen für die Weltgesundheit. Masern zum Beispiel hätten auch wegen der Impfgegner weltweit um zuletzt 30 Prozent zugenommen. In Deutschland gab es 2017 laut Robert-Koch-Institut Masernfälle, 2018 waren es 543. Ein Mensch starb, rund 40 Prozent der Erkrankten mussten stationär behandelt werden. Ursprünglich sollten die Masern hierzulande bis 2020 ausgerottet werden. Impfgegner befürchten gesundheitliche Impfschäden, die jedoch bei den neuen Impfstoffen praktisch nicht mehr vorkommen.
SPD setzt auf staatlichen Zwang, CSU auf Aufklärung und Vernunft
Der heutige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich bereits zu seiner Zeit als Gesundheitspolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für verpflichtende Masern-Impfungen für Kinder starkgemacht. Derzeit fordert die SPD-Bundestagsfraktion die Einführung einer Impfpflicht und wirbt innerhalb der großen Koalition um Zustimmung. Er sei „zuversichtlich, dass wir demnächst einen entsprechenden Vorschlag vorlegen können“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Seine Partei trete innerhalb der Koalition für eine Impfpflicht für Kinder ein, die sich auf Masern begrenzen solle.
Überzeugung ist besser als Zwang.
Melanie Huml
In der Diagnose ist die promovierte Ärztin und bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) mit der SPD und Lauterbach einig, doch bevorzugt sie eine andere Therapie: Sie setzt auf elterliche Vernunft statt staatlichen Zwang. „Es ist zwar wichtig, die Masern-Impfquoten zu erhöhen. Überzeugung ist aber besser als Zwang. Deshalb sollte eine allgemeine Impfpflicht nur als letzte Möglichkeit in Erwägung gezogen werden, wenn andere Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen.“
Bayern: Quote der zweimal geimpften Kinder auf 92 Prozent verdoppelt
Huml setzt auf intensive Werbekampagnen für die Masernimpfung. „Mein Ziel ist, die Bevölkerung wissenschaftlich fundiert zu informieren – und sie damit zu motivieren, die Möglichkeit eines Impfschutzes zu nutzen“, sagte die Ministerin. Die ideologisch verbohrten Impfkritiker nimmt sich Melanie Huml besonders vor: „Dabei geht es nicht nur um den eigenen Schutz, sondern auch um das Allgemeinwohl. Vor allem müssen Säuglinge und Menschen mit geschwächtem Immunsystem geschützt werden, die selbst nicht oder noch nicht geimpft werden können. Das sollten auch Impfgegner bedenken!“
Nach Ansicht von Experten ist eine Impfquote von mindestens 95 Prozent zur Elimination der Masern notwendig.
Melanie Huml
Die Masern-Aufklärungskampagnen der Vergangenheit hätte ja durchaus Erfolg gezeigt, hebt Huml hervor. Unter anderem werden Impfungen bei der Einschulung gesondert überwacht: „In den vergangenen Jahren ist es uns dank intensiver Aufklärungsarbeit gelungen, bayernweit die Zahl der zweimal gegen Masern geimpften Kinder deutlich zu steigern – und zwar um 48,2 Prozentpunkte auf 92,2 Prozent. Das belegen die Daten aus den Schuleingangsuntersuchungen.“ Das ist mehr als eine Verdoppelung der Quote der Masern-Doppelimpfungen binnen weniger Jahre, doch Huml ist damit noch nicht zufrieden: „Nach Ansicht von Experten ist eine Impfquote von mindestens 95 Prozent zur Elimination der Masern notwendig. Deshalb werben wir weiter intensiv für Schutzimpfungen.“
„So haben wir in den letzten Jahren erfolgreiche Impfaufklärungskampagnen und weitere Aktionen gestartet. Außerdem werden jährlich das Betreuungspersonal von Kindertageseinrichtungen und Eltern vor dem Eintritt ihrer Kinder in einen Kindergarten an den Impfschutz erinnert.“ Auch Studenten würden gezielt bei Erstsemestereröffnungen angesprochen, so die Ministerin. „Mit unseren Aufklärungsmaßnahmen werden wir auch künftig nicht nachlassen, um die Impfquoten in Bayern weiter zu steigern.“