Diesel-Fahrverbot ist Enteignung: Protestdemonstration in Stuttgart. (Foto: Imago/Arnulf Hettrich)
Stickoxid

Bundesregierung darf Fahrverbote ausschließen

Die Bundesregierung will Diesel-Fahrverbote vermeiden – und sie hat das Recht dazu, sagt die EU-Kommission. Eine Lockerung des Stickoxid-Grenzwerts kommt für Brüssel aber nicht in Frage. Die CSU will die Grenzwerte grundsätzlich überprüfen lassen.

Die EU-Kommission erlaubt Deutschland, Diesel-Fahrverbote wegen Unverhältnismäßigkeit bei geringen Grenzwert-Überschreitungen auszuschließen, pocht aber auf dem vor Jahrzehnten festgelegten Stickoxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel. In einer Presseerklärung auf ihrer Homepage betont die Kommission: „Die Europäische Kommission gibt grünes Licht für den Plan der Großen Koalition, Dieselfahrverbote bei geringfügiger Überschreitung des Stickoxid-Grenzwertes als unverhältnismäßig zu erklären.“

Fahrverbote liegen in der alleinigen Entscheidungskompetenz der Mitgliedstaaten.

EU-Kommission

Andererseits lässt die EU-Kommission der Bundesregierung bei der Lockerung des Stickoxid-Grenzwerts keinen Spielraum. „Der Grenzwert von 40 Mikrogramm im Jahresmittel ist EU-weit verbindlich und von den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament beschlossen worden. Daran wird nicht gerüttelt“, erklärt die Kommission. Wie die einzelnen EU-Länder diesen Grenzwert einhalten, bleibt allerdings ihnen überlassen. „Fahrverbote werden dabei nicht vollständig ausgeschlossen – liegen aber in der alleinigen Entscheidungskompetenz der Mitgliedstaaten“, so die Kommission weiter.

Allerdings: Erst kürzlich hatte die EU-Kommission angekündigt, die EU-Richtlinie zur Luftqualität einem „Eignungstest“ zu unterziehen, inklusive des Grenzwertes und der Regeln zur Aufstellung von Messstellen. Der Eignungstest soll Ende des Jahres abgeschlossen sein und der Kommission Informationen liefern, ob die Richtlinie geändert werden muss. Es könnte also irgendwann in der Zukunft doch zu einer Änderung diesbezüglich kommen.

Kritischer Diskurs über die Grenzwerte überfällig

Hintergrund der Klarstellung der EU-Kommission ist das Ziel der Großen Koalition, Fahrverbote in Städten zu vermeiden. Dafür will die Bundesregierung das Bundesimmissionsgesetz ändern: Der Stickoxid-Grenzwert soll von 40 auf 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft erhöht werden. Den entsprechenden Gesetzentwurf brachte das Bundeskabinett im November auf den Weg und reichte diesen zur nötigen „Notifizierung“ in Brüssel ein. Diese ist damit erfolgt.

Die Grenzwerte für Stickoxid müssen wissenschaftlich geklärt sein. Sie dürfen nicht willkürlich festgelegt werden.

Karl Holmeier (CSU), Mitglied im Bundestags-Verkehrsausschuss

Dass die bisher ziemlich willkürlich festgelegten Grenzwerte dringend überprüft werden müssen, fordert der CSU-Bundestagsabgeordnete Karl Holmeier, der für die Unionsfraktion im Verkehrsausschuss sitzt: „Die Grenzwerte für Stickoxid müssen wissenschaftlich geklärt sein. Sie dürfen nicht willkürlich festgelegt werden und sie müssen einem wissenschaftlichen Diskurs zugänglich sein.“

Fahrverbote sind für CDU und CSU nicht hinnehmbar

Insbesondere hält Holmeier Fahrverbote für völlig falsch: „Fahrverbote in den Innenstädten aufgrund unsicherer Grenzwerte für Stickoxid sind nicht hinnehmbar, denn für die Menschen gehört zur Lebensqualität auch eine gute Mobilität. Zudem sinkt die Luftverschmutzung durch Dieselabgase seit Jahren. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird sich dafür einsetzen, dass sich die Luftqualität in den Innenstädten auch weiterhin verbessert – ohne Fahrverbote für Dieselfahrzeuge.“

Dieselfahrverbote bei nur geringfügiger Überschreitung des Wertes, es geht hier um den Bereich 40 – 50 Mikrogramm, sind völlig unverhältnismäßig.

Peter Liese, CDU-Europaabgeordneter

Ganz ähnlich sieht das der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese, der zuerst über die Entscheidung der EU-Kommission berichtet hatte. „Es ist ein wichtiges Ziel die Luftqualität in unseren Städten immer weiter zu verbessern und dazu gibt es viele sinnvolle Maßnahmen, wie zum Beispiel die Nachrüstung von Bussen, Kommunalfahrzeugen und aus meiner Sicht auch von PKWs. Dieselfahrverbote bei nur geringfügiger Überschreitung des Wertes, es geht hier um den Bereich 40 – 50 Mikrogramm, sind allerdings völlig unverhältnismäßig“, erklärt Liese auf seiner Facebook-Seite.