Die deutsche Grenze wie hier am Walserberg könnte im Falle einer neuen Flüchtlingskrise geschlossen werden. (Foto: Imago: Revierfoto)
Migration

Notfalls die Grenzen schließen

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hält im Falle einer erneuten Flüchtlingskrise die Schließung der deutschen Grenzen für möglich. In der Zuwanderungspolitik setzt Kramp-Karrenbauer auf "Härte und Humanität".

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer schließt eine Abriegelung der deutschen Grenzen im Fall einer Wiederholung der Flüchtlingskrise von 2015 nicht aus. Auf die Frage, ob es heiße, dass sie die deutsche Grenze dicht machen wolle, wenn es wieder zu einer solchen Ausnahmesituation käme und sie von Dingen wie intelligenter Grenzüberwachung spreche, sagte Kramp-Karrenbauer am Montagabend in den ARD-Tagesthemen: „Wir haben gesagt, als Ultima Ratio wäre das durchaus auch denkbar.“

Die CDU-Vorsitzende fügte an: „Wir haben seit dem vergangenen Sommer im Übrigen eine andere Situation. Die Kanzlerin hat ja in Europa verhandelt, dass man auf der Grundlage auch von Vereinbarungen mit Nachbarstaaten darüber reden kann.“

Ein Frühwarnsystem zur Migration

Kramp-Karrenbauer äußerte sich nach einem „Werkstattgespräch“ ihrer Partei, das die Migrationspolitik von Kanzlerin Angela Merkel aufarbeiten sollte. An dem zweitägigen Treffen hatten etwa 100 Politiker und Praktiker teilgenommen. Zum Abschluss wurden Forderungen und Vorschläge für Verbesserungen in der Migrationspolitik vorgestellt. So soll etwa ein „Frühwarnsystem“ auf „Migrationsbewegungen und entstehende Brennpunkte“ hinweisen. Auch das soll helfen, eine Situation wie 2015 zu verhindern, als Hunderttausende Flüchtlinge weitgehend unkontrolliert nach Deutschland eingereist waren.

Wir müssen deutlich machen: Wir haben unsere Lektion gelernt.

Annegret Kramp-Karrenbauer

Kramp-Karrenbauer sagte, nötig sei ein intelligentes Grenzregime, das anlassbezogen eingesetzt werden könne. Im Abschlussbericht heißt es, dies könne „bis hin zu Zurückweisungen“ gehen. Ihre Partei wolle die deutschen Grenzen europakompatibel schützen. „Wir müssen deutlich machen: Wir haben unsere Lektion gelernt“, so die CDU-Vorsitzende. Im Ergebnispapier der Veranstaltung schreibt die CDU: „Wir müssen Humanität und Härte vereinen.“

Punkte für das Europaprogramm

Kramp-Karrenbauer bekannte sich zum individuellen Asylrecht. Sie betonte aber auch, wer wolle, dass dieses Recht erhalten bleibe, müsse dafür sorgen, dass jenen, die diesen Schutz ausnutzten, ein klares Signal gesetzt werde: „Wir sind kein Rechtsstaat, der sich auf der Nase herumtanzen lässt.“ Die Union müsse einen Mittelweg finden und Ausgleich schaffen, um zu verhindern, dass das Thema Migration „Spaltpilz in unserer Gesellschaft wird“.

Die CDU-Vorsitzende kündigte an, CDU-Präsidium und -Bundesvorstand würden in einer Sitzung Ende Februar darüber diskutieren, welche Punkte aus dem Papier der Migrations-„Werkstatt“ beispielsweise ins Europawahlprogramm aufgenommen werden sollten. Man werde auch prüfen, welche Punkte in Landesregierungen mit Unionsbeteiligung selbst umgesetzt werden könnten. Damit werde dann die politische Auseinandersetzung mit den Wettbewerbern beginnen.

CSU-Politiker zeigen sich zufrieden

Innen-Staatssekretär Stephan Mayer (CSU) nannte es „ein wichtiges Signal“, dass die CDU analysiert habe, wo noch Handlungsbedarf in der Flüchtlingspolitik bestehe. Der CSU-Politiker betonte in der Passauer Neuen Presse: „Wir brauchen beides: Humanität und Integrationskraft gegenüber schutzbedürftigen Personen, aber genauso Strenge und Konsequenz gegenüber Ausreisepflichtigen.“

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann zeigte sich ebenfalls zufrieden mit dem „Werkstattgespräch“. Mit den Ergebnissen der zweitägigen Beratungen sei eine sehr wichtige und kluge Kursbestimmung zu Beginn des Jahres gelungen, sagte Herrmann am Montag bei der Vorstellung der Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppe, die sich mit der Inneren Sicherheit und der Abschiebepraxis befasst hatte. Das Sicherheitsthema sei Kernkompetenz der Union, betonte Herrmann. Wenn sich CDU und CSU hier einig zeigten, „ist die Wirkung umso größer“.

Was die Union will

Im Ergebnispapier zum Werkstattgespräch formulierte die CDU weitere konkrete Vorschläge und Forderungen zur Migrationspolitik:

EU-GRENZSCHUTZ UND ASYL IN EUROPA: Schutzsuchende sollen künftig nur in einem EU-Land ein Asylverfahren bekommen. Schon heute legen die Dublin-Regeln eigentlich fest, welches europäische Land für ein Asylverfahren zuständig ist. In der Praxis werden die Vorschriften aber nur lückenhaft angewandt. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex soll eine richtige Grenzpolizei werden. Die Brüsseler Pläne für ein Ein- und Ausreiseregister nach amerikanischem Vorbild unterstützt die CDU-Führung.

Asylsuchende sollen schon an den Rändern des Schengen-Raums, dem die meisten EU-Länder sowie einige weitere Staaten angehören und in dem es normalerweise keine Grenzkontrollen gibt, in speziellen Zentren bleiben. Dort soll ihr Asylanspruch geprüft und von dort sollen sie gegebenenfalls zurückgewiesen werden.

ASYLVERFAHREN: Wer aus Marokko, Tunesien, Algerien oder Georgien kommt, hat kaum Chancen auf Asyl hierzulande. Die Bundesregierung will sie deshalb als sichere Herkunftsländer einstufen, was schnellere Asylverfahren ermöglichen soll. Bisher scheitert das am Widerstand von Grünen und Linken in den Bundesländern.

Wer gegen einen ablehnenden Asylbescheid klagt, soll weniger Instanzen zur Verfügung haben. Wer gewalttätig wird, über seine Finanzen täuscht oder sich generell unkooperativ zeigt im Asylverfahren, soll mit „deutlich spürbaren Sanktionen“ rechnen müssen. Wer zu einer Strafe von mindestens 90 Tagessätzen, wegen Gewalt gegen Polizisten oder Sexualstraftaten verurteilt worden ist, soll sofort ausgewiesen werden müssen.

ABSCHIEBEHAFT UND AUSREISE: Die CDU will die Voraussetzungen für die Abschiebehaft lockern und mehr Abschiebehaftplätze schaffen. An entsprechenden Plänen arbeitet aktuell auch das Innenministerium von Horst Seehofer (CSU).

Staaten außerhalb Europas, die Migranten nicht zurücknehmen wollen, sollen mit Nachteilen in der Entwicklungspolitik rechnen müssen sowie mit einer restriktiveren Visa-Vergabe. Wer seine Ausreise verhindert, soll weniger Unterstützung bekommen. Wer unerlaubt zurück nach Deutschland kommt, müsste mit Leistungskürzungen rechnen.

INTEGRATION: Die Kommunen sollen künftig für die Integration zuständig sein, Bund und Länder für Aufenthalt und Rückführungen. Angebote zur Vermittlung von Sprache und Werten sollten die Menschen noch besser erreichen. „Insbesondere für Integrationsverweigerer brauchen wir wirksame Instrumente der Leistungskürzung“, heißt es im Abschlusspapier.

(dpa/BK)