Horst Seehofer, war seit Oktober 2008 Parteivorsitzender der CSU. (Foto: Marko Priske/BK)
Seehofer

Zehn erfolgreiche Jahre

Ein Jahrzehnt führte Horst Seehofer als Parteivorsitzender die CSU und stand als Ministerpräsident an der Spitze der bayerischen Staatsregierung. Die Bilanz seit dem Jahr 2008 liest sich nicht nur gut, sondern hervorragend.

Asylwende durchgesetzt, Heimatstrategie entworfen und bundesweit etabliert, Versöhnung Bayerns mit der Tschechischen Republik, Bayern beim Länderfinanzausgleich um gut eine Milliarde jährlich entlastet, die Schuldenfreiheit des Freistaats bis 2030 gesichert, das neunjährige Gymnasium wieder eingeführt, die Spitzenstellung Bayerns bei Wirtschaftsdynamik, Investitionen, Innovationen, Arbeitsplätzen und Innerer Sicherheit ausgebaut: Die Erfolgsbilanz Horst Seehofers seit 2008 liest sich nicht nur gut, sondern hervorragend.

Danke für diese Leistung für unsere CSU und für Bayern.

Markus Söder

Auf den ersten Blick beeindrucken vor allem Seehofers Körpergröße und seine Gelassenheit, schrieb einst der Spiegel in einem Porträt: „Seine Bewegungen sind gravitätisch und kontrolliert, die Beamten wirbeln, aber Seehofer bleibt ruhig. Er wirkt wie ein alter weiser König, sein graues Haupt überragt alle.“ Auch wenn es heiß wird, bleibt Seehofer cool. Kein Wunder: Er kann auf beinah 40 Jahre aktive Politik zurückblicken, war schon unter Helmut Kohl Gesundheitsminister und boxte 1993, 1996 und 1997 gegen massive Lobby-
Widerstände drei große Kostensenkungs-Reformen durch: Seehofer weiß insbesondere, wie im Bund Debatten verlaufen, wie Meinungen und Mehrheiten sich bilden, wie Gesetze entstehen.

Scharfer Blick für das Wichtige

Seine Gelassenheit, führte Seehofer öfters an, komme auch von der schweren Krankheit im Januar 2002, einer Herzmuskelentzündung, an der er fast gestorben wäre. Fünf Wochen verbrachte er im Krankenhaus, drei davon auf der Intensivstation, danach lange Reha. Neun Prozent Herzleistung habe er damals noch gehabt, erzählt Seehofer gelegentlich auch vor Journalisten. Das mache demütig und rücke einige Dinge im Leben klar – unter anderem schärfe es den Blick dafür, was erstrangig und was zweitrangig sei.

Seitdem, so sagen politische Beobachter, ging Seehofer furchtloser in politische Auseinandersetzungen. Sein Rücktritt 2004 vom Amt des Unions-Vizefraktionschefs aus Protest gegen die CDU-Pläne, eine sozial unausgewogene Kopfpauschale in der Krankenversicherung einzuführen, wird so erklärt. Er wollte sich einfach nicht beugen und einem Projekt zustimmen, das er aus tiefster Überzeugung für falsch hielt.

Horst Seehofer strebte zum Ende der Ära Stoiber den CSU-Vorsitz an, unterlag aber auf dem Parteitag im September 2007 seinem Konkurrenten Erwin Huber mit 39 zu 58 Prozent. Er reagierte auf diese Niederlage aber nicht mit Rückzug, sondern entschloss sich, weiter seine Chance zu suchen und ließ sich als stellvertretender Parteivorsitzender wiederwählen. Und das, obwohl er – wiederum typisch Seehofer – öfters seine Witze über das Vize-Amt gerissen hatte, das er insgesamt 18 Jahre lang bekleidete: „Was ist der Unterschied zwischen einem Knochen und dem Parteivize? Der Knochen ist für den Hund und der Parteivize ist für die Katz.“

Das Augenzwinkernde, die Ironie, die sich bis zum Spott steigern konnte, ist ein unveränderliches Erkennungsmerkmal des langjährigen CSU-Chefs. Gespräche oder Pressekonferenzen mit ihm sind auch deshalb nie langweilig, weil er oft Dinge spontan und aus dem Bauch heraus kommentiert – und eben nicht jede Äußerung von Pressereferenten und Profil-Coaches glätten lässt. Unvergessen ist sein Spruch „Das können Sie alles senden“ im Interview mit Claus Kleber.

Die „letzte Patrone“ der CSU

Nach der Wahlniederlage der CSU bei der Landtagswahl 2008 – dem Sturz auf 43,4 Prozent und der notwendigen Koalition mit der FDP – setzte die CSU tatsächlich auf Seehofer als Retter in der Not. Mit mehr als 90 Prozent wählte ihn der Sonderparteitag Ende Oktober 2008 zum Vorsitzenden. „Die letzte Patrone im Lauf der CSU“ nannte ihn der Passauer Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter damals. Und diese Patrone traf zielgenau: Mit Seehofer ging es wieder aufwärts mit der CSU, er holte sie, wie ein Kommentator schrieb, aus dem „Tal der Tränen“ – zumal er gleichzeitig das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten übernahm, das er ursprünglich gar nicht angestrebt hatte.

Seehofers Amtszeit als CSU-Chef und Ministerpräsident begann 2008 turbulent, mit den regionalen Folgen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise: Tausende Arbeitsplätze in Hunderten vor allem exportabhängigen Firmen standen auf der Kippe, ein Krisentreffen jagte das andere – sodass Seehofer mehr als einmal seufzte, er wisse gar nicht, wie Franz Josef Strauß eigentlich zu dem Ausspruch gekommen sei, dass das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten das schönste der Welt sei.

Dazu kam noch die Schieflage der Bayerischen Landesbank, die Seehofer dadurch rettete, dass der Freistaat den Sparkassen deren 50-Prozent-Anteil abkaufte und die Landesbank mit einer 10-Milliarden-Euro-Landesbürgschaft in ihrer Existenz sicherte. Die Landesbank schlug einen schmerzhaften Sanierungskurs ein und trennte sich von allerhand außerbayerischen Aktivitäten – mit dem Erfolg, dass sie nach wenigen Jahren wieder schwarze Zahlen schrieb und seither Jahr für Jahr ihren Anteil zum kerngesunden Haushalt des Freistaats beiträgt.

Ein schuldenfreies Bayern

Zwischen der krisenhaften Lage 2008 und dem legendären Seehofer-Ausspruch „Bayern ist das Paradies, oder zumindest die Vorstufe zum Paradies“ lag viel Arbeit. Zunächst die Erkenntnis, dass die Instabilität vieler öffentlicher Haushalte in der EU von deren Überschuldung herrührt – und den richtigen Konsequenzen daraus. Natürlich kann die bayerische Staatsregierung nicht Griechenland oder Italien sanieren, aber wenigstens selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Daher gab Seehofer das Ziel aus, die Haushaltsüberschüsse müssten dazu genutzt werden, Altschulden zurückzuzahlen und Bayern bis 2030 komplett schuldenfrei zu machen. 5,6 Milliarden Euro wurden seither getilgt – ein einzigartiger Erfolg.

Bei der Versöhnung mit der Tschechischen Republik durchschlug Seehofer den Gordischen Knoten und besuchte 2010 als erster bayerischer Ministerpräsident offiziell Prag – gemeinsam mit dem Präsidenten der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt, der den Kontakt eingefädelt hatte. Noch Ende der 1990er-Jahre schien ein solcher Durchbruch in den bayerisch-sudetendeutsch-tschechischen Beziehungen undenkbar. 2014 eröffnete der Freistaat Bayern sogar eine offizielle Repräsentanz in der Prager Altstadt.

Im Bund trug Seehofer sowohl die Aussetzung der Wehrpflicht als auch die Euro-Rettungspolitik mit, und auch den von Bundeskanzlerin Angela Merkel initiierten Ausstieg aus der Kernenergie. Diese drei Wendungen befremdeten manche traditionell eingestellte CSU-Anhänger. Die Ereignisse von Fukushima, eine Kernschmelze in dem japanischen Küsten-Reaktor nach einem Tsunami, hätten seinen Blick auf die Atomkraft grundsätzlich verändert, begründete Seehofer im Jahr 2011 die Entscheidung zum Atomausstieg.

In der Folge förderte die Staatsregierung kräftig den Ausbau von Geothermie, Solarenergie und Biomasse, allerdings setzte Seehofer bei der Windkraft und den geplanten riesigen Stromtrassen quer durch Deutschland und Bayern ein Stoppschild gegen die „Verspargelung“ Bayerns: Er wolle nicht als der Ministerpräsident in die Geschichte eingehen, „der für die Landschaftszerstörung unserer schönen Heimat verantwortlich“ sei, sagte er damals. Vor allem der massive Widerstand in Unterfranken gegen Windparks hatte ihn beeindruckt. Denn auch dies ist eines seiner Markenzeichen: Seehofer hört häufig und gern den einfachen Bürgern zu.

Koalition mit den Bürgern

„Mein Verbündeter ist das Volk“, sagte er schon regelmäßig, als er noch einfacher Abgeordneter in Berlin war, schrieb der „Spiegel“. Und Seehofer verwendete den Satz immer wieder, vor allem nach seinen beiden größten Triumphen: der Wiedereroberung der absoluten Mehrheit in Bayern im September 2013 mit 47,7 Prozent und dem hervorragenden Ergebnis von 49,3 Prozent bei der Bundestagswahl eine Woche darauf. In Bayern erklärte Seehofer die neuerliche CSU-Alleinherrschaft zu einer Art Meta-Koalition: Die „Koalition mit dem Bürger“, das sollte fortan sein Herzensbündnis und seine Machtbasis sein.

Im Bund koalierte die Union ab 2013 wieder mit der SPD. In dieser Zeit setzt Seehofer viele Projekte durch, die die CSU erfunden hatte und für die Seehofer persönlich verspottet wurde, die danach aber auch andere Parteien übernahmen. Prominentestes Beispiel: die Mütterrente für Frauen, die Kinder vor 1992 geboren hatten. Die jüngeren Mütter erhielten diese bereits seit Einführung des Gesetzes 1992. Vor diesem Hintergrund war die schlechtere Lage der älteren Mütter eine Benachteiligung, und gerade zur Bekämpfung der Altersarmut bei Frauen war die Mütterrente ein geeignetes Mittel.

Auch die Heimatstrategie gehört zu den segensreichen Erfindungen der CSU unter Seehofer. Ein eigenes bayerisches Heimatministerium, das sich vor allem um Strukturverbesserungen in den ländlichen Gebieten kümmert, wurde in Nürnberg gegründet. Schon dieser Standort ist ein Symbol für die Dezentralisierungsstrategie, in deren Rahmen Dutzende Landesämter heraus aus München in kleinere Städte in allen Teilen des Landes verlegt wurden.

Politik für die Heimat

Auch für die Idee des Heimatministeriums ernteten Seehofer und die CSU Kritik, vor allem von linken Politikern und Journalisten, die sich als Weltbürger sehen und den Begriff „Heimat“ im besten Fall für rückständige Nostalgie halten, im schlimmeren Fall für braunes Gedankengut. Doch der Erfolg gab – wieder einmal – Seehofer und der CSU recht: Im Freistaat herrscht nahezu überall Vollbeschäftigung. Die Arbeitslosigkeit ist sogar in den strukturschwächsten Gegenden Bayerns niedriger als in Berlin und im Ruhrgebiet, das Wirtschaftswachstum und die Investitionen höher. Von daher nimmt es nicht Wunder, dass NRW die Heimatstrategie mittlerweile kopiert. Im Bund setzte Seehofer im Frühjahr 2018 ein Heimatministerium durch und übernahm es dann gleich selbst.

Doch Seehofers Erfolgsbilanz in Bayern ist noch wesentlich länger. Nur einige Beispiele: In seiner Amtszeit wurden die familienbezogenen Leistungen auf mehr als 2,3 Milliarden Euro verdoppelt, die Bildungsausgaben um fast 50 Prozent gesteigert. 14.000 Lehrerstellen wurden neu geschaffen beziehungsweise erhalten, mehr als 50.000 neue Studienplätze eingerichtet. Die Zahl der Polizeibeamten erreichte unter Seehofer ihren höchsten Stand.

Seehofer setzte sich persönlich für die Umwandlung des Klinikums Augsburg zur Uniklinik ein. Er brachte den Ausbau des Allgäu-Airports in Memmingen voran, förderte die Entwicklung der Hochschullandschaft im ländlichen Raum, insbesondere in Niederbayern und Oberfranken, und setzte die Förderoffensive Nordostbayern um.

Innerhalb der CSU trieb Seehofer die Modernisierung voran, unterstützte die 40-Prozent-
Frauenquote in den Vorständen auf Landes- und Bezirksebene sowie das Mentoring-Programm der Frauen-Union.

Weil die CSU die Steuererträge am liebsten für die Zukunft Bayerns investiert, führte die Staatsregierung frühzeitig ein umfassendes Förderprogramm für Digitalisierung und Breitbandausbau im ganzen Land ein: Eine volle „Digitalisierungs-Milliarde“ pro Jahr fließt in diesen Bereich. Vergleich: NRW setzte unter Rot-Grün für das schnelle Internet nur 700.000 Euro ein, das sind nur 0,07 Prozent der bayerischen Investitionen in diesem Bereich. Mehr als 4.000 Förderbescheide vergab Seehofers Heimatminister Markus Söder binnen weniger Jahre – praktisch jede Gemeinde Bayerns baut nun staatlich gefördert das schnelle Internet aus.

Das Jahr der Flüchtlingskrise

Der Wendepunkt kam 2015 – das Flüchtlingsjahr. Schon ab dem Winter war es zu einem großen Ansturm von Zehntausenden Asylbewerbern aus dem Kosovo und Albanien nach Bayern gekommen. Schlepper hatten Gerüchte verbreitet, Deutschland suche dringend Zuwanderer. Ein Besuch von Europaministerin Beate Merk in der Kosovo-Hauptstadt Pristina stoppte diesen Zuzug vom Balkan. Aber eines lernten die Schlepper aus der Sache: Die Südostgrenze der EU ist relativ leicht zu überwinden.

Als dann der türkische Präsident Erdogan im Frühsommer seine Grenzen für ausreisende Syrien-Flüchtlinge und andere Migranten öffnete, um die EU und Deutschland unter Druck zu setzen, wurden Hunderttausende über den Balkan nach Bayern geschleust – vor allem, nachdem Kanzlerin Merkel öffentlich Willkommens-Signale ausgesendet und am 4. September 2015 entschieden hatte, die deutschen Grenzen offen zu halten.

Die Migranten kamen zunächst nach Bayern. Verwaltung, Kommunen, Kirchengemeinden, private Helfer und humanitäre Vereine leisteten Großartiges, indem sie alle Menschen regis-trierten, nährten, kleideten und menschenwürdig unterbrachten.

Besonders problematisch war damals aus CSU-Sicht das Verhalten der Bundesregierung, speziell der Kanzlerin und ihres Innenministers de Maizière: Statt effektive Grenzkontrollen einzuführen, hielt der Zustand des ungeregelten Zustroms von bis zu 10.000 Menschen pro Tag nach Bayern mehrere Monate lang an – bis Ungarn und Mazedonien die Balkanroute schlossen und die EU anschließend mit Erdogan vereinbarte, dass er im Gegenzug für die Zahlung von sechs Milliarden Euro die Flüchtlinge im Lande behielt.

Zwar setzten Seehofer und die CSU in Berlin wichtige Kurs-korrekturen durch, darunter die Einführung der Grenzkon-trollen an drei Autobahn-Grenz-übergängen von Österreich her, zwei Asylrechtsverschärfungen, die Ausweisung des gesamten Westbalkans und weiterer Staaten als sichere Herkunftsländer und die schnellere Abschiebung von Straftätern unter den Asylbewerbern. Doch die Kanzlerin weigerte sich, diese Kurskorrekturen auch öffentlich zu kommunizieren. Seehofer machte seine Kritik deutlich und forderte von Merkel eine klare Kehrtwende sowie die Einführung einer Asyl-Obergrenze von 200.000 Menschen pro Jahr. Merkel jedoch verweigerte sich zunächst beharrlich.

Belastung für die Union

Die ungelöste Zuwanderungsfrage belastete nicht nur das Verhältnis von CSU und CDU, sondern verhalf auch der AfD zu einem neuen politischen Aufstieg: Lagen die Rechtspopulisten noch Anfang September 2015 in bundesweiten Umfragen abgeschlagen bei drei Prozent, gewannen sie ab diesem Zeitpunkt stetig mehr Unterstützung.
Bereits im März 2016 erreichte die AfD in Sachsen-Anhalt 24,3 Prozent.

Viele Konservative mögen die Grundrichtung der CSU in der Migrationspolitik von 2015 bis heute goutiert haben, doch trieb die Problematik auch Keile in die Anhängerschaft der CSU: Ein Teil der Christsozialen und der kirchennahen Bürger forderte eine liberalere Position zur Zuwanderung. Die Konservativen waren inhaltlich auf Seiten der CSU, sahen aber, dass Bayern allein die Grenzen nicht schließen konnte. Und alle Unionsanhänger zusammen wollten vor allem eines nicht: Streit im eigenen Lager. So lässt sich ein Teil der Wählerverluste der CSU bei der Bundestagswahl 2017 erklären – die CSU sackte auf 38,8 Prozent ab, während die AfD in Bayern auf 12,4 Prozent anstieg.

Derweil allerdings hatten Seehofer und seine Staatsregierung im Dezember 2016 ein humanitäres Leitkultur- und Integrationsgesetz geschnürt, das bis heute seinesgleichen sucht. Kein Land leistet so viel für Unterbringung und Integration wie Bayern: Allein von 2015 bis 2018 wurden dafür neun Milliarden Euro ausgegeben – das ist mehr als die Etats für Gesundheit, Umwelt und Wirtschaft zusammen. Im Gegenzug schrieb die CSU die deutsche und bayerische Leitkultur als Ziel der Integration fest.

Wechsel nach Berlin

Im Sommer 2018, nachdem nach langer Hängepartie im Bund endlich eine neue CDU/CSU-SPD-Koalition gebildet worden war, legte Seehofer als neuer „Minister des Innern, für Bau und Heimat“ seinen „Masterplan Asyl“ vor. Er hatte im Koalitionsvertrag einen Zuwanderungskorridor von 180.000 bis 220.000 pro Jahr durchgesetzt, also letztlich doch in etwa die CSU-Obergrenze. Neben der Einrichtung der Ankerzentren, in denen Asylverfahren zügig abgearbeitet werden können, sah dieser Masterplan insgesamt 63 Maßnahmen vor, von denen 62 die Unterstützung der Kanzlerin fanden. Doch der 63. Punkt, die Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze, die bereits in einem anderen EU-Land registriert worden waren, löste erneut Streit aus. In diesem einen Punkt verweigerte Merkel ihre Zustimmung und beharrte auf einer „europäischen Lösung“.

Der Asylstreit im Sommer 2018 hatte zwei Effekte: Er spaltete, vor allem wegen des verheerenden Medienechos, erneut die CSU-Anhängerschaft. Gleichzeitig führte er in Verbindung mit den Maßnahmen des Masterplans und der Asylpolitik des neuen Ministerpräsidenten Markus Söder auch dazu, dass die AfD bei der Landtagswahl deutlich schlechter abschnitt als prognostiziert. 10,2 Prozent holten die Rechtspopulisten in Bayern. Noch kurz vor der bayerischen Landtagswahl hatten Medien wie „Zeit“ und „Spiegel-Online“ die AfD in Niederbayern auf bis zu 25 Prozent taxiert.

Die Fakten überzeugen

„Nicht durch Reden, sondern durch Handeln überzeugen“, so lautet ein wichtiger politischer Leitsatz Horst Seehofers. Das hat sich jahrelang bewährt, wie Seehofers große Erfolge zeigen. Doch die Kommunikation der Menschen hat sich offenbar überraschend stark verändert. Das Verhetzungspotenzial durch Falschmeldungen und Verleumdungen in sozialen Netzwerken wurde lange unterschätzt. Wenn nur harte politische Fakten zählen würden, müsste der CSU aufgrund ihrer hervorragenden Bilanz in Bayern auf Jahrzehnte die absolute Mehrheit sicher sein.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat die Verdienste von CSU-Chef Horst Seehofer nach dessen Rücktrittserklärung gewürdigt. „Respekt für die Entscheidung von Horst Seehofer. Er hat die Partei in schwierigen Zeiten als Vorsitzender übernommen und sie über zehn Jahre mit großem Einsatz geführt“, erklärte Söder. „Danke für diese Leistung für unsere CSU und für Bayern.“ Für Generalsekretär Markus Blume reiht sich Seehofer „nahtlos in die Reihe der großen Parteivorsitzenden“ ein. Dem ist nichts weiter hinzuzufügen.