Markus Söder ist CSU-Parteivorsitzender und Bayerischer Ministerpräsident.. (Foto: CSU-Fraktion)
Föderalismus

„Vielfalt ist besser als Einfalt“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat Pläne vorgestellt, den Einfluss der Länder gegenüber dem Bund wieder zu stärken. Er will den Bundsrat aufwerten, Kompetenzen zurückholen und die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern ausbauen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat eine umfassende Reform des deutschen Föderalismus vorgeschlagen. Auf der Klausur der CSU-Landtagsfraktion in Kloster Banz stellte er erste Grundzüge vor.

Söder will die Länder gegenüber dem Bund deutlich stärken. Unter anderem fordert er wieder mehr Kompetenzen für die Länder und eine Aufwertung des Bundesrats. Es gehe um das Selbstverständnis der Länder, sagte Söder: „Brauchen wir noch einen Landtag oder wird künftig alles in Berlin und Brüssel entschieden.“

Freiwillige Hilfe für schwache Länder

Zudem plädiert der bayerische Ministerpräsident  für einen Föderalismus der zwei Geschwindigkeiten: Länder, die mehr Eigenständigkeit wollen, sollen wieder mehr Aufgaben selbst übernehmen dürfen. Kleinere Länder, die bestimmte Aufgaben nicht selbst übernehmen können, sollen dagegen auf die Hilfe des Bundes vertrauen können.

Wir wollen eine Kompetenz-Schutzklausel im Grundgesetz für den Erhalt der Länderkompetenzen.

Markus Söder

„Zentralismus löst keine Probleme, Vielfalt ist immer besser als Einfalt“, sagte Söder. Föderalistische Länder hätten ein höhere Akzeptanz als zentralistisch organisierte Staaten. Es brauche „einen lebendigen Föderalismus in Deutschland“, deshalb sei die neue Initiative dringend notwendig.

Auf Augenhöhe mit dem Bund

„Die Länder sind keine nachgeordnete Behörde des Bundes, sondern sie sind nach unserer Verfassungsidee auf gleicher Augenhöhe. Diese gleiche Augenhöhe soll es auch wieder geben“, sagte Söder. „Deswegen ist uns ganz wichtig, dass die Länder mehr Möglichkeiten haben und sozusagen wieder auf gleicher Augenhöhe agieren können.“

Söder beklagte, dass es in den vergangenen Jahren eine schleichende Abwanderung von Kompetenzen an den Bund gegeben habe, bei der Schul- und Hochschulfinanzierung oder der Gemeindeverkehrsfinanzierung etwa. Damit müsse Schluss sein. „Wir wollen eine Kompetenz-Schutzklausel im Grundgesetz für den Erhalt der Länderkompetenzen“, sagte Söder.

Digitalpakt als Auslöser

Als Auslöser für seine Initiative nannte Söder die Verhandlungen über den Digitalpakt. Mit diesem Pakt, für den das Grundgesetz geändert werden müsste, wollen Bund und Länder die Digitalisierung an den Schulen finanzieren. Die Länder lehnen das Abkommen in seiner aktuellen Form allerdings ab, da sie eine zu große Einflussnahme des Bundes auf ihre Bildungshoheit fürchten – unter anderem, weil der Pakt eine 50-zu-50-Finanzierung vorsieht.

Wir wollen über die Umsatzsteuer eine faire Verteilung. Die Länder brauchen für die Aufgaben Geld.

Markus Söder

Söder sagte, es bestehe schon länger die Tendenz des Bundes, Kompetenzen der Länder an sich zu ziehen. Es müsse Schluss damit sein, dass Länder quasi immer nur dann Geld vom Bund bekämen, wenn sie Kompetenzen abgeben. Das Prinzip „Kompetenz gegen Geld“ nannte er „zutiefst unföderal“ und warnte vor dem „goldenen Lasso“ des Bundes. Über Mischfinanzierungen würden zunehmend Erfolge der Föderalismusreformen zurückgenommen. „Wir wollen über die Umsatzsteuer eine faire Verteilung. Die Länder brauchen für die Aufgaben Geld“, sagte er.

Freiräume für die Länder

Söder verlangt zudem neue Freiräume und Öffnungsklauseln, etwa bei regionalen Themen wie Brauchtum oder Kleingewerbe. „Und es gibt eine Reihe von Rechtsvorschriften, die in den Länderbereich übergehen könnten.“  Er nannte Umweltzonen, Lärmschutz, Jagdrecht, Nahverkehr, Landschaftspflege, Jugendhilfe sowie Grund- und Erbschaftsteuer als Beispiele.

Am Anfang waren die Länder. Dann kam der Bund.

Markus Söder

Söder plädiert auch für eine Stärkung der Landesverwaltung gegenüber der Bundesverwaltung. „Wir wollen dezentrale Verwaltungsstrukturen“, sagte er. Bestimmte Einrichtungen wie die Bundesnetzagentur oder das Eisenbahn-Bundesamt sollten deshalb regionalisiert werden.

Aufwertung des Bundesrats

Und schließlich will Söder den Bundesrat stärken: „Wir möchten, dass der Bundesrat nicht mehr ein Verfassungsorgan zweiter Klasse ist“, sagte er. Als Beispiel nannte er, dass der Bundesrat, wenn der Bundestag etwas wolle, immer innerhalb bestimmter Fristen antworten müsse. Umgekehrt gebe es dagegen keine Fristen, deshalb blieben Beschlüsse des Bundesrates oft länger liegen. Dies führe dazu, dass ein Großteil der Bundesratsbeschlüsse vom Bund nicht angenommen würde. Der Einfluss der Länder sei dadurch sehr gering. Dies müsse sich ändern, sagte er: „Am Anfang waren die Länder, dann kam der Bund.“

Neue Länder-Kooperationen

Der Ministerpräsident kündigte zudem an, die Zusammenarbeit Bayerns mit anderen Bundesländern wieder stärken zu wollen. Er werde „neu-alte“ Achsen wieder beleben, sagte er. So werde Bayern gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen eine Zukunftskommission zur Digitalisierung gründen. Mit Baden-Württemberg wolle er die „Südschiene“ wieder beleben. Gemeinsame Themen seien unter anderen Mobilität, Energieversorgung und Finanzen. Auch mit Sachsen möchte Söder enger zusammenarbeiten. Hier nannte er besonders den Bereich „Sicherheit“.

Politik aus einem Guss

Söder, der an diesem Samstag zum neuen CSU-Vorsitzenden gewählt werden soll, rief seine Partei in Banz auch zu neuer Geschlossenheit auf. Sein Ziel sei es, dass alle politischen Ebenen der CSU „Politik aus einem Guss“ machten.

Er rief die CSU-Abgeordneten auf, sich gegenseitig zu stärken. „Dass wir uns gegenseitig unterstützen, uns unterhaken und an einem Strang ziehen, das ist unsere neue Stärke“, sagte Söder. „Lasst uns gut übereinander reden“, verlangte er.  Er forderte einen „guten Umgang“ nach außen und innen. „Profil mit Stil“, müsse künftig das Motto der CSU sein. Die Partei müsse einen „optimistischen Ansatz“ vertreten.

Söder nannte den ihm angetragenen Parteivorsitz eine „große Ehre und eine große Verantwortung“. Er versprach, sich der neuen  Aufgabe mit „voller Kraft und ganzer Leidenschaft“ zu widmen.