Wer finanziert die Moscheen? Eine Steuer könnte helfen. Im Bild die DITIB-Zentralmoschee in Köln. (Foto: Imago/C. Hardt/Future Image)
Moschee-Steuer

Vom Ausland abkoppeln

Moscheen in Deutschland sind oft aus dem Ausland gesteuert, nicht nur ideologisch, sondern auch finanziell. Um das zu ändern, fordern Politik und liberale Muslime eine Art Kirchensteuer oder eine freiwillige Abgabe für Muslime.

Schon im April hatte der CSU-Bundestagsabgeordnete Alexander Radwan in der Zeitung Die Welt gefordert: „Wir müssen den Mut haben, den starken Einfluss von ausländischen Staaten zu kappen.“ Er forderte deshalb die Einführung einer „Moschee-Steuer“. Im August sagte zudem Bayerns Finanzminister Albert Füracker, der Freistaat wolle mit einer Bundesratsinitiative für mehr Klarheit bei den Geldflüssen für Moscheebauten sorgen.

Liberale Muslime fördern

Nun hatte sich scheinbar auch die Berliner Moschee-Gründerin Seyran Ates für eine „Moschee-Steuer“ für Muslime ähnlich der Kirchensteuer ausgesprochen. „Alles, was die Gemeinden brauchen, kann in Zukunft von den Mitgliedern selbst aufgebracht werden“, sagte Ates der Zeitung Die Welt. Die Anwältin ist Initiatorin der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee im Berliner Stadtteil Moabit, die für einen liberalen Islam steht und für eine geschlechtergerechte Auslegung des Koran eintritt. Als solche hat sie bisher aber eine Außenseiterrolle unter den Muslimen. Wie schwierig und gefährlich die Einrichtung eines „europäischen Islams“ sein kann, zeigte sich auch bei ihr sehr deutlich: Seit der Gründung ihrer Berliner Gemeinde hat Ates Dutzende von Morddrohungen erhalten und sie wird deshalb rund um die Uhr von der Polizei geschützt.

Später korrigierte Ates diese Interpretation des Welt-Interviews. „Es ist keine gute Idee, die aktuellen (Islam-)Verbände zu Körperschaften öffentlichen Rechts zu erklären und eine Kirchensteuer-ähnliche Moschee-Steuer einzuführen“, sagte sie am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“. „Es gibt bei den fünf Säulen des Islams die sogenannte Zakat, die soziale Pflichtabgabe. Darüber könnte man das besser regeln.“ Die Pflichtabgabe im Islam bedeute, vom ruhenden Kapitalvermögen 2,5 Prozent abzugeben. Richtig sei es aber, die Finanzierung aus dem Ausland zu stoppen.

Das Ziel muss eine eigenständige Finanzierung sein, um die Unabhängigkeit der Moscheegemeinden zu gewährleisten.

Michael Frieser, CSU

Über das Steuer-Thema wurde auch schon im Zuge der Islamkonferenz vor einigen Wochen diskutiert. Bundesinnenminister Horst Seehofer forderte damals die islamischen Gemeinden in Deutschland auf, sich schrittweise von ausländischen Geldgebern frei zu machen. Die Moscheegemeinden sollten nicht nur Organisation und Finanzierung weitgehend selbst stemmen, sondern auch die Ausbildung von Predigern, sagte der CSU-Politiker.

Viele muslimische Verbände und Gemeinden in Deutschland werden aus den arabischen Golfmonarchien oder aus der Türkei finanziert. Sie sehen sich deshalb zunehmend dem Vorwurf ausgesetzt, sie vermittelten politisch fragwürdige Werte und beförderten die Entstehung von Parallelgesellschaften. Dafür gibt es auch schon zahlreiche Beispiele und Belege. Kritik hatte es in den vergangenen zwei Jahren unter anderem an Predigten und Aktivitäten von Imamen des türkischen Islam-Dachverbandes Ditib gegeben. Einigen Predigern war vorgeworfen worden, sie hätten Gläubige für den türkischen Diktator Recep Erdogan bespitzelt. Weiterer Stein des Anstoßes waren Gebete für türkische Soldaten im Syrien-Einsatz. Die staatliche Religionsbehörde in Ankara, Diyanet, schickt Prediger nach Deutschland, die hierzulande auf Türkisch predigen und oft keine Ahnung von hiesigen Wertvorstellungen haben.

Bisher keine Steuern

Anders als bei den zentral organisierten Kirchen treibt der Staat für die Islam-Verbände keine Steuern ein. Wenn deutsche Moscheegemeinden Geld vom Staat erhalten, dann nur für konkrete Projekte, etwa die Integration muslimischer Flüchtlinge oder die Deradikalisierung salafistischer Jugendlicher. Aus der Finanzierung des laufenden Betriebs hält sich der Staat heraus, wie auch bei den Kirchen.

In der Regierungskoalition plädierte nun auch Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) für eine „Moschee-Steuer“. „Unser Ziel muss es sein, dass sich der Islam in Deutschland von der Einflussnahme ausländischer Staaten emanzipiert und eine stärkere Inlandsorientierung gewinnt“, sagte Frei der Zeitung Welt. „Die Moschee-Steuer wäre dazu ein wichtiger Schritt.“ Auch der CSU-Innenexperte Michael Frieser unterstützt die Idee. „Das Ziel muss eine eigenständige Finanzierung sein, um die Unabhängigkeit der Moscheegemeinden zu gewährleisten.“ Er gehe zudem davon aus, dass eine solche Steuer für mehr Transparenz sorgen werde.

Der im Bundesinnenministerium zuständige Staatssekretär Markus Kerber (CDU) äußerte sich zurückhaltend. Eine Steuer, die ja nur von den Mitgliedern der jeweiligen Religionsgemeinschaft erhoben würde, könne eine Lösung sein, das sei „Sache der Religionsgemeinschaften selbst“. Dafür müssten die Moscheen aber die Anforderungen des Religionsverfassungsrechts an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts erfüllen, sagte er dem Blatt. Doch genau davon sind die in ihrer Ausrichtung ethnisch, sprachlich und theologisch sehr unterschiedlichen und nicht zentral organisierten Moscheen weit entfernt. Kerber betonte, „dass es vor einer eigenen Steuer einfachere Wege gibt, die auf mehr Eigeninitiative beruhen, um sich vom Ausland unabhängig zu machen“.

Auch die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor lehnte im Deutschlandfunk eine Moschee-Steuer ab. Es gebe keine zentrale Stelle, die das Geld dann verteilen könne, argumentierte sie. In Deutschland gibt es viele unterschiedliche islamische Gemeinschaften und Verbände, aber bislang keinen einheitlichen Ansprechpartner für den Staat.

Österreich als Vorbild

Dennoch freute sich der CSU-Abgeordnete Radwan in der Welt darüber, dass sein Vorschlag jetzt Unterstützer findet. Leitfaden könnte laut Radwan das Islamgesetz in Österreich sein, das 2015 verabschiedet worden war. In §6 heißt es darin: „Die Aufbringung der Mittel für die gewöhnliche Tätigkeit zur Befriedigung der religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder hat durch die Religionsgesellschaft, die Kultusgemeinden bzw. ihre Mitglieder im Inland zu erfolgen.“ Gefordert wird außerdem in §4 „eine positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat“. Anfang 2017 hatte auch der damalige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und heutige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Erhebung von Steuern zur Finanzierung der Moscheen ins Spiel gebracht.

Auch der deutsche Zentralrat der Muslime, eine Gruppierung aus eher konservativen Verbänden, will über das Thema Moschee-Steuer bei der nächsten Sitzung der Islamkonferenz beraten. „Dort sollte es sachkundig und vernünftig diskutiert werden“, sagte der Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek der Rheinischen Post. Die derzeit zumeist unterfinanzierten Moscheegemeinden sollten in die Lage versetzt werden, vernünftige, hier ausgebildete und deutschsprachige Imame zu beschäftigen. Dafür wäre jedoch auch eine durch Spenden finanzierte Moscheestiftung denkbar, erklärte Mazyek.

Ali Ertan Toprak von der neuen „Initiative Säkulare Muslime“ plädiert für eine „Halal-Steuer“, wie sie in Frankreich aktuell diskutiert wird. Gläubige Muslime, die Lebensmittel kaufen, die den islamischen Halal-Kriterien entsprechen, sollen beim Kauf dieser Waren einen kleinen Zusatzbeitrag zahlen, der dann an die Moscheegemeinden verteilt wird.

Spenden anzeigen

Auch die Bundesregierung will nach einem Medien-Bericht den Geldfluss aus Golfstaaten an radikale Moschee-Gemeinden in Deutschland kontrollieren. Wie der Rechercheverbund aus NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung berichtete, hat das Auswärtige Amt mehrere Länder in der Region darum ersucht, beabsichtigte Spenden oder staatliche Zuwendungen an religiöse Einrichtungen in Deutschland zuvor dem Auswärtigen Amt zu melden. Kuwait solle ein solches Verfahren selbst vorgeschlagen haben, weitere Staaten wie Saudi-Arabien oder Katar habe das Außenamt um Kooperation gebeten.

Schwierige Rechtslage

Das Problem in Deutschland ist die Rechtslage, die wegen der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit bei Religionsgemeinschaften nur schwer einen Einblick des Staates in deren Finanzierung gestattet. Durchleuchten darf man Konten religiöser Vereine erst, wenn etwa ein Terrorverdacht besteht, auch Verbote nach dem Vereinsrecht müssen umfassend begründet sein.

Pläne der CDU für ein Islamgesetz 2017 inklusive eines Finanzierungsverbotes aus dem Ausland und eines Moscheenregisters wurden nicht weiter verfolgt. Bis zu einem fertigen Konzept dürfte es ohnehin noch ein weiter Weg sein, denn Kirchensteuern sind Ländersache.

(dpa/BK)