Der technologische Ausverkauf Deutschlands durch chinesische und andere Investoren soll beendet werden. (Bild: Imago/Ralph Peters)
Investitionen

Kampf gegen Technologiediebe

Die Bundesregierung hat die Regeln für ausländische Investoren verschärft, die Anteile an deutschen Unternehmen kaufen wollen. Für sensible Bereiche werden künftig bereits ab dem Kauf von 10 Prozent der Anteile alle Einstiegsversuche geprüft.

Es ist schon lange kein Geheimnis mehr: Staaten wie China, die USA oder Russland kopieren ungeniert deutsche und europäische Technologien. Dabei führt der Weg heute oft nicht mehr über Industriespionage, sondern völlig legal über den Kauf der Erfinder-Firmen. Insbesondere China verfolgt hier ganz offen das Ziel des Technologietransfers.

Begehrtes Wissen

Seit langem gibt es Bemühungen, diesen Diebstahl geistigen Eigentums zumindest für technologisch wichtige und sensible Bereiche zu beenden. Nun handelt die Bundesregierung, indem sie die Regeln für ausländische Investoren verschärft, die Anteile an deutschen Unternehmen kaufen wollen.

Mit einer Änderung der Außenwirtschaftsverordnung wird für sensible Bereiche die Schwelle, ab der die Bundesregierung einen Anteilserwerb durch einen Investor prüfen und ablehnen kann, von derzeit 25 Prozent auf zehn Prozent gesenkt. Das bezieht sich nur auf Investoren außerhalb der EU. Auch wenn im zuständigen Bundeswirtschaftsministerium betont wurde: „Es ist keine Lex China“, sorgten zuletzt vor allem Einstiegsversuche chinesischer Investoren für Diskussionen. Allerdings wird aus Wirtschaftskreisen auch immer wieder die USA als hemmungsloser Ideen- und Technologiedieb genannt.

Kritische Infrastrukturen schützen

Die Regelung bezieht sich etwa auf die Bereiche Verteidigung oder kritische Infrastrukturen – und soll auch Spionageversuche abwehren. So hatte die Bundesregierung den Einstieg eines chinesischen Konzerns beim Stromnetzbetreiber 50Hertz nur mit Mühe verhindern können. Ziel ist, dass die Bundesregierung frühzeitig mitreden kann, ob legitime Sicherheitsinteressen Deutschlands betroffen sein könnten. Zunächst war von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eine 15-Prozent-Schwelle geplant, der Wert wurde nun verschärft – er orientiert sich an Vorschlägen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Damit stärken wir unsere nationale Sicherheit.

Peter Altmaier, CDU, Bundeswirtschaftsminister

„Unternehmen investieren gerne in Deutschland und so soll es bleiben. Aber wir müssen bei sensiblen Infrastrukturen genau schauen können, wer sie kauft und welche Folgen das hat“, betonte Altmaier. „Denn gerade Unternehmen, die uns mit Strom, Gas, Trinkwasser versorgen oder unsere Telekommunikation sicherstellen, sind für unser aller Zusammenleben überragend wichtig. Das gilt auch für die Medienbranche. Deshalb haben wir heute beschlossen, dass wir hier und in allen anderen sicherheitsrelevanten Bereichen schon früher prüfen können. Damit stärken wir unsere nationale Sicherheit.“

Sicherheitsinteressen wahren

Nach dem Außenwirtschaftsgesetz und der Außenwirtschaftsverordnung kann bisher jeder Erwerb von Unternehmensanteilen geprüft werden, durch den ausländische beziehungsweise unionsfremde Investoren mindestens 25 Prozent der Stimmrechte an einem in Deutschland ansässigen Unternehmen erlangen. Prüfungsmaßstab ist bisher, ob der konkrete Erwerb die öffentliche Ordnung oder Sicherheit oder wesentliche Sicherheitsinteressen Deutschlands gefährdet.

Für die strengeren Prüfverfahren kommen nun unter anderem folgende Bereiche in Frage: Telekommunikation, IT-Sicherheit, Kraftwerke, Stromnetze, Trinkwasser- und Lebensmittelversorgung, Zahlungsverkehr, Wertpapier- und Derivatgeschäfte, Krankenhausinformationssysteme, Luftverkehr, Schienenverkehr, See- und Binnenschifffahrt und der Softwarebereich. Auch der Medienbereich wurde in die Regelung aufgenommen, um Gefährdungen der Demokratie durch Propaganda und Falschinformationen zu vermeiden.

Auch die EU handelt

Parallel läuft derzeit auf EU-Ebene – auf Betreiben von Deutschland, Frankreich und Italien – ein Gesetzgebungsverfahren zum Thema Investitionsprüfungen weiter. Dabei geht um die Schaffung einer Rechtsgrundlage im europäischen Sekundärrecht, um national im Einzelfall gegen staatlich gelenkte oder staatlich finanzierte, strategische Direktinvestitionen einschreiten zu können.

Wir dürfen im Handel nicht naiv sein.

Manfred Weber, CSU

Der EVP-Spitzenkandidat für die kommende Europawahl, Manfred Weber (CSU), hatte erst jüngst gewarnt, dass man im Handel nicht „naiv“ sein dürfe. Man brauche offene Märkte und dürfe sich nicht abschotten. Aber Europa müsse europäische Schlüsselindustrien besser vor dem Aufkauf etwa durch China schützen. „Der Roboterhersteller Kuka, das portugiesische Stromnetz, der griechische Hafen Piräus, all das gehört bereits China.“ Meist werden die Firmen aus dem Reich der Mitte durch chinesische Staatsgelder bei ihren Einkäufen unterstützt.

Auch Allianz-Chef Oliver Bäte hatte sich zuletzt für klarere Regelungen für ausländische Investoren und eine industriepolitische Strategie ausgesprochen. „Man sollte grundsätzlich darüber nachdenken, welche Sektoren für uns in Hinblick auf Technologie, Beschäftigung und andere Themen strategisch wichtig sind“, sagte Bäte der Welt am Sonntag: „Egal ob Chinesen oder amerikanische Partner, wichtig sind klare Regeln, die sich nicht ändern.“

Chinas fragliche Offenheit

Vor ein paar Tagen hatte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping trotz anhaltender Skepsis bei ausländischen Firmen eine weitere Öffnung der chinesischen Wirtschaft in Aussicht gestellt. „Offenheit bringt Fortschritt, Zurückgezogenheit führt zu Rückständigkeit“, sagte er in einer Rede zum 40-jährigen Jubiläum der chinesischen Reformpolitik. Dies dürfte jedoch auch dem Handelskrieg mit den USA geschuldet sein.

Denn viele Kritiker beklagen, dass sich das Land seit der Machtübernahme von Xi vor sechs Jahren rückwärts bewegt. Beschrieben wird ein Präsident, der sich zwar als verbaler Vorkämpfer des freien Welthandels inszeniert. Doch Maßnahmen zum Abbau von Marktbarrieren, gegen die Diskriminierung ausländischer Firmen oder den Technologieklau blieben weitgehend aus. Es gebe immer größere Einflussnahme der Politik, etwa durch die Einrichtung von immer mehr Parteizellen in ausländischen Unternehmen, sagte Max Zenglein vom China-Institut Merics in Berlin. „Von einer wirklichen Öffnung kann daher nicht die Rede sein.“

(dpa/BK)