Panikmache durch Desinformation: Die Grünen werfen der CSU vor, Bayern zuzubetonieren. Dabei geht es um 0,006 Prozent der Landesfläche. (Foto: Imago/ZUMA)
Zersiedelung

Die grüne Mär vom Flächenfraß

Kommentar Die Grünen schüren mit dem Vorwurf Sorgen, das Land werde zubetoniert. Nun hat das Statistikamt nachgerechnet: Es geht um weniger als 0,006 Prozent der Landesfläche. Bayern bleibt ein naturnahes, land- und forstwirtschaftlich geprägtes Land.

Was war das für ein Theater, das die Grünen im jüngsten Landtagswahlkampf aufführten! „Die CSU betoniert Bayern zu!“, „fortschreitende Zerstörung der Natur“, „Bayern verliert sein Gesicht!“, „Flächenfraß stoppen!“, „Bayern hat beim Fläschenverbrauch jegliches Maß und Ziel verloren!“ lauteten die Parolen, mit denen die Grünen die Wahrheit vernebelten. An der Spitze eines Volksbegehrens „Betonflut eindämmen!“ versuchten die Grünen zudem, zentralistisch eine strenge Deckelung der jährlichen Flächenumwidmung durchzusetzen, was der Bayerische Verfassungsgerichtshof als unzulässigen Eingriff in die Planungshoheit der Kommunen ablehnte.

Wer Verbote erteilt, lebt rückwärtsgewandt.

Hans Reichhart (CSU), Bauminister

Nun hat das Statistische Landesamt nachgerechnet: Es geht um gerade einmal 42,66 Quadratkilometer. Das ist die Fläche, um die die Siedlungs- und Verkehrsfläche im Jahr 2017 zugenommen hat. Das sind 0,006 Prozent der Landesfläche – eigentlich ist es sogar noch weniger. Sechs Hunderstel Promill. Oder 60 „Parts per Million“ (ppm; Teile pro Million).

Der angebliche „Flächenfraß“

42,66 Quadratkilometer, minus einem großen X. Denn man muss wissen, dass Siedlungs- und Verkehrsfläche eben nicht mit „Versiegelung“ (also Überbauung, Betonierung, Asphaltierung) verwechselt werden darf, wie das Statistikamt auf Anfrage des BAYERNKURIER extra betont.

Denn zu Siedlungs- und Verkehrsfläche gehören auch Gartenflächen, Parks, Grün- und Freiflächen, Friedhöfe, Sport- und Freizeitanlagen und so weiter. Bei jedem Wohngebäude – außer eventuell in absoluten Innenstadtlagen – und jedem Gewerbegebäude ist bekanntlich ein mehr oder weniger großer Grün- oder Gartenanteil dabei. Diese Flächen sind für die Natur also nicht verloren, sondern bieten Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen.

Zubetonierung der Landschaft?

Die gesamten Siedlungs- und Verkehrsflächen Bayerns betragen jetzt 8475 Quadratkilometer, das sind 12,0 Prozent der Landesfläche. Dieser Flächenanteil ist weit, weit geringer als die Vegetationsfläche (60.697 Quadratkilometer, 86,0 Prozent), darunter Flächen für Landwirtschaft (32.795 Quadratkilometer, 46,5 Prozent) und Wald (24.886 Quadratkilometer, 35,3 Prozent). Nach wie vor ist der Anteil der bayerischen Wälder an der Landesfläche also rund dreimal (!) so hoch wie der der Siedlungs- und Verkehrsfläche, der Anteil der Landwirtschaft knapp viermal (!) so hoch. Die Waldfläche nahm seit Jahren kontinuierlich zu: 2017 entfielen rechnerisch auf jeden Einwohner Bayerns rund 2000 m² Wald.

Von einer Zersiedelung oder Zubetonierung der Landschaft kann mithin überhaupt keine Rede sein. Dass Bayern nach wie vor aus 86 Prozent Vegetationsflächen besteht und insgesamt ein sehr grünes, naturnahes Land ist, davon kann man sich auch leicht persönlich überzeugen, wenn man einmal die eigene Stadt hinter sich lässt und durch Wald und Flur wandert. Die Grünen mit ihrer Großstadt-Fixierung dürften ihren Horizont durchaus einmal in dieser Richtung erweitern.

Grüne Trickserei

Die Grünen haben einen beliebten Kommunikationstrick verwendet, um bei der Bevölkerung Betroffenheit und Sorge zu schüren: Sie haben nicht die riesige gesamte Landesfläche von 70.542 Quadratkilometern als Grundlage genommen, sondern nur die absolute Zahl der umgewidmeten Fläche betrachtet: Also 42,66 Quadratkilometer geteilt durch 365 Tage macht 0,1168 Quadratkilometer oder 11,68 Hektar pro Tag. Nett umgerechnet in Fußballfelder, weil der Bürger sich das besser vorstellen kann.

16 Fußballfelder würden jeden Tag zubetoniert, so lautete die grüne Mär. Doch erstens bedeuten Siedlungs- und Verkehrsflächen eben nicht, dass diese Fläche „zubetoniert“ ist, wie oben gezeigt. Zweitens erweckt die dramatische Aussage „16 Fußballfelder pro Tag“ beim Konsumenten unweigerlich den Eindruck, als verschwände diese Fläche in diesem Moment in seiner unmittelbaren Umgebung, in seiner Gemeinde, in seinem Stadtviertel. Das ist grüne Desinformation. Denn die Angabe bezieht sich ja auf das ganze Bayern.

Bayern bleibt naturnah

Tatsache ist auch: Bayern und seine Kommunen benötigen angesichts starker Zuwanderung neue Wohn- und Gewerbeflächen, da beißt die grüne Maus keinen Faden ab. Die Bevölkerung Bayern stieg aufgrund des wirtschaftlichen Erfolges, der besseren Bildung und Sicherheit seit 1990 um mehr als eineinhalb Millionen Menschen, von 11,4 auf mittlerweile mehr als 13 Millionen, ein Zuwachs von 12 Prozent in 27 Jahren, mit wachsender Dynamik in den letzten Jahren. Unterbringung und Versorgung der Neubürger braucht logischerweise Platz, ebenso der Ausbau erfolgreicher Unternehmen.

Dass Bayern angesichts solcher Zahlen seinen Charakter als grünes, naturnahes, land- und forstwirtschaftlich geprägtes Land behalten hat, ist allein schon eine Leistung, die die Grünen ignorieren. Wie die Grünen außerdem die versprochenen 50.000 neuen Wohnungen bauen wollen, ohne Flächen zu verbrauchen, das ist nicht mehr Politik, sondern Zauberei.

Reichhart packt an

Dass Bayern diesen Charakter auch behält, dafür hat die CSU-geführte Staatsregierung viel getan, und sie verstärkt diese Bemühungen noch. „Wer Verbote erteilt, lebt rückwärtsgewandt“, erklärt der neue bayerische Bauminister Hans Reichhart (CSU). Augenmaß und Qualität bei der Planung seien besser.

Wir wollen die wachsende Wirtschaft und den Bevölkerungszuwachs dabei nicht ausbremsen.

Hans Reichhart

„Um unser Zuhause auch zu bewahren, wollen wir die bestehenden Entwicklungspotentiale nutzen – und dabei mit den Flächen behutsam umgehen. Wir wollen die wachsende Wirtschaft und den Bevölkerungszuwachs dabei nicht ausbremsen.“ Reichhart: „Ich will, dass Kommunen erst ihre Ortskerne auf Bebaubarkeit und Leerstand überprüfen, bevor unverbaute Natur mit neuem Baurecht versehen wird. Die Innenentwicklung ist ein ungehobener Schatz.“

Leerstände analysieren und nutzen

In einem ersten Schritt sollen die Kommunen ihren Leerstand kartieren. Hierfür gibt es Geld vom Staat. Damit können die Städte und Gemeinden dann einen Maßnahmenkatalog erstellen. In einem zweiten Schritt sollen Kommunen dann für die unbebauten Flächen Baurecht ausweisen und ihre Ortskerne beleben. Wer bestehende Flächen wie Gewerbebrachen oder ein altes Industriegelände entsiegeln möchte, bekommt ebenfalls Geld vom Freistaat.

Auch diese entsiegelten Flächen stünden aber immer noch unter „Siedlungs- und Verkehrsflächen“ in der Statistik – und würden von den Grünen propagandistisch missbraucht.