Signalfarbe Orange: Münchens Kommunalreferentin Kristina Frank mit Arbeitern auf dem Wertstoffhof Nymphenburg. (Foto: G.Dolak)
OB-Kandidatin

Angriff auf den Rathaus-Thron

Die CSU schickt 2020 Kommunalreferentin Kristina Frank ins Rennen um das Amt des Münchner Oberbürgermeisters. Eine Top-Juristin mit ökologischem Bekenntnis: Sie will weniger Abfall und mehr Fahrräder auf den Straßen der Landeshauptstadt.

Die Kommunalreferentin entsteigt dem Dienstwagen und läuft über den „Wertstoffhof Plus“ in Langwied, tief im Münchner Westen. Ihr Ziel: die Männer und Frauen in Orange. Kristina Frank schüttelt Hände. Jedem einzelnen Arbeiter, der ihr im signalfarbenen Zwirn der Abfallwirtschaftsbetriebe begegnet, und jeder einzelnen Mitarbeiterin. Die Vorgesetzte von insgesamt 2000 städtischen Beschäftigten lässt sich erklären, wie hochgiftige Chemieabfälle entsorgt und Elektroschrott wiederverwertet wird.

Dann wieder: Händeschütteln. Die Referentin Frank eilt noch mal über den gesamten Hof, um keinen zu übergehen. „Der Kollege da hinten, den darf ich nicht vergessen“, sagt sie wie zu sich selbst. Für die Chefin eine Frage der Höflichkeit – aber schon in diesem Moment auch eine Normalität des Wahlkampfs. 2000 Mitarbeiter, das sind potenziell auch 2000 Wähler.

Eine Frau im Rennen

Seit dieser Woche Mitte November ist mehr oder weniger klar, dass Kristina Frank, 37, als CSU-Kandidatin für das Amt des Oberbürgermeisters in den nächsten Wahlkampf ziehen wird. Das Gremium der Münchner Kreisvorsitzenden hat sich einstimmig für sie ausgesprochen, das muss allerdings von einem Nominierungsparteitag noch bestätigt werden. Bezirkschef Ludwig Spaenle hatte die Richtung vorgegeben: eine Frau solle ins Rennen gehen.

Die ambitionierte Ex-Staatsanwältin hatte schon zuvor keinen Zweifel daran gelassen, dass sie im Jahr 2020 – mit Rückenwind aus der Staatskanzlei – den SPD-Amtsinhaber Dieter Reiter im Rathaus herausfordern will. Angesichts des mittlerweile stark ökologisch bewegten Publikums in der Millionenstadt kann beiden Bewerbern aus der derzeitigen rot-schwarzen Stadtratsregierung ein wenig mehr Grün nicht schaden. Bei der Landtagswahl im Oktober haben die Grünen in der Landeshauptstadt fünf der neun Direktmandate geholt. „Und ich bin das Grünste, was die CSU in München zu bieten hat“, verkündet Frank selbstbewusst.

Ich bin das Grünste, was die CSU in München zu bieten hat.

Kristina Frank

Die Referentin aus dem Stadtteil Neuhausen radelt täglich, auch bei Schnee und Eis, ins Büro am Rossmarkt. Zwei Mal hat es sie im vergangenen Winter auf glattem Untergrund sogar vom Velo geschmissen. Das hält sie aber nicht ab. In der vom Autoverkehr überrollten Metropole entspricht es ihrer Überzeugung und ihrem eigenen Lebensstil: „Mit dem Radl komme ich am besten und schnellsten ans Ziel.“ Ausdrücklich wünscht sie sich eine „Blaue Plakette“, um womöglich drohende Fahrverbote für Diesel-Wagen auch umsetzen zu können. Ebenso ausdrücklich kann sie sich im Rathaus eine schwarz-grüne Koalition gut vorstellen.

Mikroplastik aus dem Kompost holen

Von Amts wegen beschäftigt sich die junge Chefin der Münchner Müllabfuhr-Leute damit, wie möglichst viel Abfall vermieden oder wiederverwertet werden kann. Ihre aktuelle Werbe-Kampagne auf den orangen Mülllastern schärft den Bürgern ein, den Biomüll nicht in Plastiksäckchen in die Tonnen zu werfen. „Wir produzieren daraus hochwertigen Kompost“, erklärt sie. Die recycelte „Münchner Erde“ verkaufen die Abfallwirtschaftsbetriebe zu 7,90 Euro je Sack – ein profitables Geschäft. „Aber die Kunststoff-Tüten aus den Drogeriemärkten, in denen viele Obst- und Gemüsereste sammeln, sind entgegen der Verpackungsaufschrift nicht abbaubar“, warnt Frank. So lande Mikroplastik im Kompost.

München und der Müll, die Kommunalreferentin ersinnt auch trendige Arten, die Stadt sauber zu halten. „Plogging“, heißt die Hipster-Sportart, die Frau Frank an die Isar geholt hat. Der Begriff setzt sich zusammen aus dem herkömmlichen Jogging und dem schwedischen Begriff „plocka“. Das bedeutet „aufheben“: Plogger bekommen orange Warnwesten und sammeln beim Laufen im Park und entlang der Gehsteige Weggeworfenes aus dem Gebüsch.

Radln, joggen, Müll sammeln

Natürlich freut die Initiatorin, wenn ein Dutzend Münchner tatsächlich zum Abfallrennen kommt. Aber auch ein hintergründiger Gedanke läuft mit. Kristina Frank wünscht sich mehr Referats-übergreifende Kooperation: „Am Plogging war auch das Baureferat beteiligt, dem die Straßenreinigung untersteht.“

Auf ihrem Weg über die Wertstoffhöfe entwickelt die 37-Jährige spontan neue Ideen, die sie mit ihren Mitarbeitern weiter verfolgen will. In der Niederlassung an der Arnulfstraße gleitet ihr Blick über den fast 2000 Quadratmeter großen Parkplatz vor den Containern. „Da geht viel Raum verloren – wenn wir daran denken, dass die Stadt Stück um Stück verdichtet wird“, ruft sie aus, „können wir Wertstoffhöfe nicht künftig mehrstöckig bauen?“ Unten die Behälter für Metall-, Plastik- und Sperrmüll, auf einer Ebene darüber ein Kunstrasen-Fußballplatz. Oder Bandprobenräume.

Die Münchner wollen Lösungen und die liefern wir.

Manuel Pretzl, CSU-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat

Katarina Frank wirft Einfälle in die Luft wie bunte Herbstblätter. „Wie machen die das mit dem Recycling eigentlich in New York?“ Die mit ihr tourenden Mitarbeiter reißen erstaunt die Augen auf. Dabei weiß die gebürtige Münchnerin genau, wie sie die kosmopolitische Eitelkeit ihrer Mitbürger idealerweise bedient: „Am besten wäre natürlich, wenn wir weltweit die Ersten sind, die so einen mehrstöckigen Wertstoffhof bauen.“