Biolandwirtin und Wahlsiegerin: Petra Loibl mit Ehemann Rudi auf der Gelbvieh-Weide daheim in Prunn. (Foto: G. Dolak)
Umweltschutz

Schwarz mit grünem Gen

Die Landtags-Neueinsteigerin Petra Loibl bringt aus Niederbayern eine bodenständige Ökologie ins Parlament. Mit der Natur müsse ebenso behutsam umgegangen werden wie mit den Bauern, findet die Tierärztin und Bio-Rinderzüchterin.

Den Kuli hat’s erwischt. Solange die neu gewählte Landtagsabgeordnete Petra Loibl im niederbayerischen Stimmkreis Dingolfing für ihren langjährigen Vorgänger Erwin Huber Wahlkampf betrieb, erinnert sie sich an: die Kugelschreiber. Blaue Kunststoff-Schreiberlinge mit weißem CSU-Aufdruck, die Huber an den Werbeständen verteilte. Für ihn zählte das politische Argument – nicht so sehr die Originalität der Wählergeschenke. Die kleinen Präsente, die Nachfolgerin Loibl dagegen im Wahlkampf 2018 verteilt hat, sind selbst ein politisches Argument: kleine Tütchen mit Pflanzensamen, neben dem Parteilogo der Aufdruck „Blühwiese“. Wo immer sie die verteilte, schauten die Menschen fragend. „Für die Bienen, die wollt’s doch auch retten“, antwortete Frau Loibl. Und die Leute griffen zu, säten zu Hause am Balkon und im Beet.

Blumenwiese Dingolfing

Die Saat ist auch für die 53-jährige Tiermedizinerin aus Eichendorf bei Landau an der Isar aufgegangen. „30.909 Erststimmen“, die Zahl kann sie seit dem 14. Oktober auswendig aufsagen. Inklusive Ausrufezeichen! Mit 39,4 Prozent hat sie das Direktmandat erobert, das seit 1978 der heurige Landtags-Aussteiger Huber gehalten hatte. Mit der Nachfolgerin gelangt ein behutsamer ökologischer Aufbruch in den Landtag.

Mag auch eine schwarz-grüne Koalition nicht zustande kommen. An umweltpolitischen Themen sei die Sondierung gar nicht mal gescheitert, versichert Ministerpräsident Markus Söder. Auch eine Regierung mit den Freien Wählern solle angesichts der Stimmengewinne der Grünen „erkennbare Schwerpunkte im Bereich Umwelt- und Naturschutz“ haben.

Ich habe ein grünes Gen.

Petra Loibl, Landtagsabgedordnete

Petra Loibl, Leiterin des Veterinäramtes Dingolfing und Bio-Rinderzüchterin, kommt neu ins Parlament und erklärt: „Ich habe ein grünes Gen.“ Aber sie möchte „niemals dieser Partei angehören“. Sie meint die mit der Sonnenblume im Logo. Loibl zieht die Wiesenblumen und Kräuter aus ihren Wahlkampf-Tütchen vor. In der neuen Legislatur-Periode will die Niederbayerin eine eigenständige CSU-Ökologie vertreten.

Sehr zum Ärger mancher Parteifreunde hat die grüne Schwarze sich schon in der Vergangenheit gegen den Donau-Ausbau ausgesprochen. Frau Loibl ist Mitglied im Bund Naturschutz und im „Naturland“-Verband. Mit ihrem Mann Rudi züchtet sie im Bio-Betrieb in ihrem Heimatdorf Prunn vom Aussterben bedrohte Rinderrassen. Fränkisches Gelbvieh und Pustertaler Sprinzen. Vier Ochsen schlachten sie im Frühjahr und vier im Herbst, vermarkten das Ökofleisch direkt an eine circa 100-köpfige Kundenschar aus der Region.

Auf 30 Hektar rund um ihr Wohnhaus weiden an diesem warmen Oktober-Tag 60 Tiere, die auch im Winter nur ungedüngte Grassilage zu futtern bekommen. Den Klimawandel haben die Loibls in diesem extrem heißen und trockenen Jahr als direkte Bedrohung erlebt. Schon im Sommer mussten sie die Winterreserve an ihre Kühe und Ochsen verfüttern, später Öko-Mais zukaufen. Einen pfleglicheren Umgang mit der Natur wünscht sich die Nebenerwerbs-Landwirtin: „Dinge, die nicht beliebig vermehrbar sind, müssen wir erhalten.“

Mit offenen Augen durch die Welt

Anders als die Grünen, die einen „Systemwechsel“ in der Lebensmittel-Herstellung propagieren, zielt Frau Loibl auf einen zurückhaltenden Umbau der Landwirtschaft – im Zusammenspiel mit den Bauern. „Nicht grüne Ideologie nachplappern. Aber die CSU kann mit offenen Augen durch die Welt gehen, Anregungen aufnehmen und muss nicht gleich alles verteufeln, was aus dieser Ecke kommt“, findet sie. Es fällt ihr nicht schwer zuzugeben, dass das Herbizid Glyphosat womöglich wirklich gesundheitsschädlich ist. „Die Diskussion ist wertvoll, damit wir uns Gedanken machen über den Gebrauch.“ Aber verbieten will sie den Stoff dennoch nicht gleich.

Dinge, die nicht beliebig vermehrbar sind, müssen wir erhalten.

Vielmehr sollen Institute wie die Landesanstalt für Landwirtschaft das Thema Bodenbearbeitung erforschen, damit die Bauern möglichst bald auf solche Mittel verzichten können. „Der Ackerboden muss noch viele Jahre fruchtbar sein“, betont die Landtags-Neueinsteigerin. In diesem Bereich sieht sie noch viel Potenzial, wie die Chemie sukzessive von den Feldern verschwinden kann. Forschung habe die neue Staatsregierung zu einem Kernanliegen erklärt. „Das muss ja nicht nur in der Raumfahrt sein“, lächelt sie.

Die Sauereien der Schweinemast

Überdüngung ist gerade in Niederbayern ein gravierendes Problem für das Grundwasser. In manchen Regionen ist die Nitratbelastung besonders hoch, auch wegen großer Schweinemastbetriebe, die viel Gülle auf die Felder ausbringen. Frau Loibl verweist auf die neue Düngemittel-Verordnung, die den Eintrag von Stickstoff-Verbindungen in den Boden verringern soll. Dabei will sie es erst mal belassen. „Es muss machbar sein, dass eine Partei Umweltthemen mitnimmt, ohne die Bauern zu verkaufen“, sagt sie. Dass die Zahl der Schweine in den Mastbetrieben abnimmt, hält sie für wünschenswert. Aber der Züchter müsse davon leben können. Dafür müsse bei den Verbrauchern das Bewusstsein wachsen, dass ökologisch hergestelltes Fleisch seinen Preis hat und nicht nur billig, billig, billig sein kann.

Sagt es und schlendert über die Weide zu ihren Öko-Rindern. Sofie, eine schwarz-weiß gescheckte Pustertaler-Kuh, wird von mehreren zudringlichen Gelbvieh-Ochsen verfolgt. „Mei, für euch geht doch nix mehr“, ruft Petra Loibl den kastrierten männlichen Tieren ein bissl mitleidig zu. Ihr Ehemann Rudi macht sich Sorgen, welcher Tierarzt die Muttertiere künftig besamt, wenn die hauseigene Veterinärin nun häufig – mit dem Zug, nicht mit dem Auto – zu Parlamentssitzungen nach München reist. „Des werd schon“, beruhigt sie ihn. Und das meint sie für den eigenen Betrieb ebenso wie für den ökologischen Aufbruch in der CSU.