Die Sitzverteilung im neu gewählten Bayerischen Landtag. (Grafik: Infratest Dimap/BR)
Landtagswahl

Immer noch einzigartig

Kommentar Die Landtagswahl in Bayern hat zu herben Verlusten für die CSU geführt. Kein Grund, in Sack und Asche zu gehen, denn immer noch kann die CSU eine bürgerliche Regierung bilden und gute Politik für den Freistaat machen. Veränderungen inklusive.

Die CSU hat bei der Wahl nicht nur ihre Mehrheit verloren, sie hat auch rund 10 Prozent eingebüßt und ihr schlechtestes Ergebnis seit 1950 eingefahren. Da gibt es nichts schönzureden, das Wahlergebnis ist aus CSU-Sicht schmerzhaft schlecht, auch wenn manche Umfragen noch deutlich niedrigere Werte vorhergesagt haben.

Bürgerliche Mehrheit in Bayern bleibt

Wenn man einen guten Punkt daran finden kann, dann, dass die CSU immer noch die stärkste Partei in Bayern ist, mit weitem Abstand vor den zweitplatzierten Grünen. An den Christsozialen führt in Bayern auch künftig kein Weg vorbei. Außerdem gibt es in Bayern nach wie vor eine bürgerliche Mehrheit unter den Wählern.

Personelle oder inhaltliche Ratschläge aus der viel schwächeren CDU sind deshalb fehl am Platze. Diese Ablenkungsmanöver von der eigenen Schwäche sind Realitätsflucht. Wenn Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) angesichts eigener schlechter Umfragewerte (48 Prozent hielten ihn laut Forsa im August für keinen guten Ministerpräsidenten, die CDU liegt unter 30 Prozent) schon vor der anstehenden Wahl nun der CSU die Schuld an Verlusten seiner schwarz-grünen Koalition zu geben versucht, so ist das sicher nicht hilfreich.

Ebenso wenig angebracht sind Zwischenrufe aus dem hohen Norden. Wer wie Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) noch kürzlich bürgerliche Wähler mit Gedankenspielen über eine möglichen Zusammenarbeiten von Union und Linkspartei verschreckt hat, soll besser erst einmal über seine eigene Position nachdenken.

Polarisierte Politik

37,2 Prozent – davon können alle anderen Volksparteien in Deutschland und Europa nur noch träumen. Denn der Trend in Europa seit Beginn der Migrationskrise 2015 zu rechts-, links- und sonstwie populistischen Parteien ist unverkennbar. Die massenhafte Migration hat die Gesellschaft auf dem ganzen Kontinent polarisiert, das ist in allen Wahlen von Italien bis Schweden zu beobachten. Die Folgen: überall Verluste traditioneller Volksparteien, die ja immer den schwierigen Spagat wagen müssen, die ganze Bandbreite der Meinungen abzubilden.

Aber gerade in der Asylfrage ist die Bandbreite der Meinungen besonders groß. Einerseits ist es der Kern des Christentums, Menschen in Not zu helfen, andererseits darf man die Einheimischen und die eigenen Ressourcen nicht überfordern. Wunsch und Wirklichkeit im Zwiespalt. Hier inmitten einer teilweise chaotischen Situation und eines komplizierten Rechtssystems einen praktikablen Mittelweg zu finden, das war schwer. Auch wenn es der CSU nun gelungen ist. Aber die lange Suche mit all den Debatten sowie die zähen Kompromisse und die Verweigerungshaltung in Berlin haben dennoch Wählerstimmen gekostet, auch wenn nicht die CSU daran die Hauptschuld trägt. Das Dilemma einer Volkspartei der Mitte zeigen auch diese Zahlen der Wahl: 190.000 Stimmen gingen von der CSU an die Grünen, 160.000 Stimmen an die AfD verloren.

Was folgen muss

Jetzt geht es darum, dass dieser Trend zu Partikularparteien sich nicht verfestigt. Der Aufstieg der Grünen ist in erster Linie auf den Absturz der SPD zurückzuführen, deren Spitzenfunktionäre das Stimmungsbild der eigenen Wählerschaft konsequent ignorieren. Gut ist, dass die Mehrheit der Bayern bürgerliche Parteien gewählt hat, während der linke Block sogar leicht geschrumpft ist. Es ist möglich, die bürgerlichen Wähler wieder zurückzugewinnen.

Das geht mit weiter guter und moderner Politik – und respektvollem Politikstil. Letzteres gilt übrigens für alle Parteien. Und auch die Medien sollten sich angesichts ihres eigenen Ansehensverlustes bewusst sein: Wer Politik und Politiker immer nur schlecht oder lächerlich macht, sollte sich nicht hinterher wundern, wenn die Demokratie erodiert. Streit in der Sache ist Teil der Demokratie, aber eben mit Respekt voreinander. So hätte der Streit mit der CDU über die Lösung des Migrationsproblems die sachliche Ebene nie verlassen dürfen, zumal konservative Wähler internen Streit nicht gern sehen. Zudem hätte klarer herausgestellt werden müssen, dass sich hier dank der CSU viel verbessert hat und die CDU mittlerweile weitgehend den CSU-Positionen folgt.

Erfolg reicht nicht mehr aus

Veränderungen muss es aber auch geben, Aufarbeitung tut Not. Bayern geht es von allen Bundesländern in fast allen Bereichen klar am besten, aber das reicht eben nicht mehr. Es gibt Themen, die wurden – von fast allen Parteien und keineswegs nur in Bayern – zu lange als Randthema angesehen. Dazu gehört etwa der Bau bezahlbarer Wohnungen. Dazu gehören die Digitalisierung, die Veränderungen in der Gesellschaft. Dazu gehören Umwelt- und Klimaschutz, Themen wie Plastikmüll, Bienensterben, Diesel-Ärger und Luftreinhaltung in den Städten. Denn gerade in den Großstädten gab es große Verluste der CSU. In diesem Milieu spielt natürlich auch der Zuzug von rund zwei Millionen Menschen in den Freistaat eine Rolle, die seit 1990 aus den anderen Bundesländern und EU-Staaten insbesondere in die Städte kamen.

Die CSU muss sich wie 2008 einen Koalitionspartner suchen, das ist keine Tragödie in einer Demokratie. Schon, weil sich mit den Freien Wählern eine Partei anbietet, deren Positionen weitgehend mit denen der CSU übereinstimmen. Klar sollte aber jedem sein: Ohne Kompromisse wird es keine Koalition geben. Auch das gehört zu einer Demokratie.