Blick vom Kranzhorn auf das Inntal und Oberaudorf. Links vom Inn ist die österreichische Seite. (Bild: Imago/Imagebroker)
Verkehr

Der Dauerbrenner

Die Bayerische Staatsregierung will den Schienengüterverkehr über den Brenner jährlich um zehn Prozent steigern. Dazu müssen Transporte von der Straße auf die Schiene gebracht werden. Problem: die nördliche Zulaufstrecke zum Brennerbasistunnel.

Die Bayerische Staatsregierung will den Schienengüterverkehr über den Brenner jährlich um zehn Prozent steigern. Das erklärte Bayerns Verkehrs- und Bauministerin Ilse Aigner. „Wir müssen Transporte weg von der Straße bringen“, so die Ministerin.

Wir müssen Transporte weg von der Straße bringen.

Ilse Aigner

Das Problem dabei sind die Zulaufstrecken über das Inntal, das durch Autobahnen, Schienenstrecken und die Enge des Tals ohnehin schon eine sehr hohe Verkehrsbelastung hat. Dort ist die Neigung, eine zweigleisige Zulaufstrecke zum Brennerbasistunnel neu zu bauen, sehr gering. Dies wird auch noch Jahre bis zur Realisierung dauern. Aigner sucht nun auch nach anderen Wegen.

Güterverkehr über den Brenner mit gemischtem Intermodalzug

Als kurzfristige Lösungsmöglichkeit sieht die Ministerin auch einen gemischten Intermodalzug für den Brenner-Korridor. Der so genannte „BRECO.Train“ (Brenner Corridor Train) mit Containern, kranbaren Sattelanhängern, Wechselbrücken und nicht-kranbaren Sattelanhängern mit innovativen Umschlagtechnologien könne eine kurzfristige Lösung für den Transitverkehr über den Brenner darstellen. Da etwa 95 Prozent der Sattelanhänger derzeit nicht-kranbar sind, könnte hier mit verschiedenen Technologien ein großes Verlagerungspotential erschlossen werden, wie etwa mit CargoBeamer, einem Verladesystem für Sattelauflieger. „Wir begrüßen deren Einsatz auch im Brenner-Transit“, sagte die Ministerin.

Bereits auf einem Brenner-Gipfel im Juni in Bozen hatte Aigner als kurzfristige Maßnahme für den Brennertransit mehr Züge des unbegleiteten kombinierten Verkehrs vorgeschlagen. Dabei werden nur die Ladeeinheiten ohne die Zugmaschinen umgeschlagen. Nicht-kranbare Sattelanhänger könnten dabei unter anderem mit der NiKRASA-Umschlagplatte verladen werden. Diese habe sich „bewährt“, so Aigner. Das System sei „kurzfristig verfügbar und einsatzfähig“, zudem kostengünstig. Es bedürfe keiner Änderung bestehender Systeme in Bezug auf Terminals, Umschlaganlagen, Sattelanhänger und Taschenwagen.

Kein Zwang zur Schiene

Freiwilligkeit ist bei der Staatsregierung auch hier das Ziel. Die Verkehrsministerin erteilte jeglichem regulatorischen Eingriff in den freien Güterverkehr eine klare Absage. Derzeit stünden dem Transportgewerbe noch keine ausreichenden Alternativen zum Straßengüterverkehr zur Verfügung – angefangen von einer bedarfsgerechten Schieneninfrastruktur inklusive Umschlagterminals bis zu einem attraktiven Angebot im kombinierten Verkehr.

Rollende Landstraße

Als kurzfristige Lösung für den Gütertransit über den Brenner wurde auch eine langlaufende Rollende Landstraße (RoLa) zwischen Regensburg und Italien geprüft. Laut der Task Force RoLa kann das Terminal in Regensburg zügig reaktiviert werden. Das Terminal in Trient verfügt über ausreichende Kapazitäten, auch stehen zusätzliche Zugtrassen zur Verfügung. Allerdings kann aufgrund der derzeit nicht ausreichend verfügbaren RoLa-Niederflurwaggons kurzfristig nur ein geringer Verlagerungseffekt erreicht werden. Zudem könne, so Aigner, die neue RoLa-Verbindung nicht wirtschaftlich betrieben werden. Auch unter Berücksichtigung der möglichen Förderung der Länder, darunter Deutschland, verbleibe eine Kostenlücke von mehr als 200 Euro pro Lkw-Stellplatz.

Vielmehr müssten also die Defizite im Schienengüterverkehr bekämpft werden, forderte Aigner. Bayern unterstützt unter anderem den schnellstmöglichen Ausbau der Infrastruktur und begrüßt die Halbierung der Trassenpreise durch den Bund. Eine bessere Vernetzung der Verkehrsträger und der bedarfsgerechte Ausbau eines landesweiten Netzes von Umschlaganlagen und Güterverkehrszentren sind hier wichtige Ziele der Staatsregierung.

Der Zulauf zum Brennerbasistunnel

Der Planungsdialog für die nördliche Zulaufstrecke zum Brennerbasistunnel läuft in der Region Rosenheim seit nunmehr dreieinhalb Jahren und hat wie kein anderes Thema zuvor kontroverse Diskussionen hervorgerufen. Am 18. Juni 2018 hat die Bahn die Grobtrassen vorgestellt. Gemeinden und Bürger sollen nun die Chance haben, auf Bedenken hinzuweisen und alternative Vorschläge zu unterbreiten. Sämtliche vorliegende Prognosen gehen von einer Zunahme des Güterverkehrs auch auf der Brennerstrecke aus.

Die Ungewissheit ist den Menschen hier nicht mehr zumutbar.

Daniela Ludwig

Die Rosenheimer CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig hat von Anfang an einen „ergebnisoffenen Diskurs“ gefordert, da eine zweigleisige Neubaustrecke ein erheblicher Eingriff in die Landschaft wäre. „Die Natur mit ihrer Schönheit und ihren verfügbaren Flächen ist für unsere Region von außerordentlich hoher Bedeutung“, so die Abgeordnete. Ludwig forderte zusammen mit der großen Mehrheit der Bürgermeister ihres Wahlkreises, darunter Rosenheims Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer und Landrat Wolfgang Berthaler (beide CSU), auch verlässliche Verkehrsprognosen – die aufgrund der Komplexität und des Umfangs aber bis heute noch nicht vorliegen. In einem Schreiben an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bat die Abgeordnete nun erneut, so schnell wie möglich belastbare Zahlen vorzulegen. „Die Ungewissheit ist den Menschen hier nicht mehr zumutbar“, betonte Ludwig. Da nicht absehbar sei, wann es konkrete Zahlen gebe, müsse man auch andere Möglichkeiten in Betracht ziehen, die Region für den ansteigenden Güterverkehr zu wappnen.

Sie schlägt deshalb ein Konzept mit Alternativen zum Vollausbau vor – den „Inntalplan“. Dessen Kernpunkte sind ein voller Lärmschutz an der Bestandsstrecke, die Prüfung eingleisiger Ortsumfahrungen an stark belasteten Stellen und eine intelligente überregionale Verkehrsführung.