Innenminister Joachim Herrmann (l.) stellt die neue Schutzausrüstung der Polizisten vor: Ballistische Helme, schusssichere Westen, Bodycams und neue Dienstpistolen. (Foto: Wolfram Göll)
Sicherheit

Erschreckendes Ausmaß an Gewalt

Immer mehr Polizisten werden in Bayern tätlich oder verbal angegriffen – mehr als 16.500 allein 2017. Die CSU-geführte Staatsregierung tut alles, um Polizisten zu schützen: Mehr als 500 Millionen Euro werden 2018 in modernste Ausrüstung investiert.

Immer mehr Polizisten in Bayern werden Opfer von Gewalt und Angriffen. Die Zahl der Fälle ging dagegen leicht zurück, wie Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in Nürnberg sagte. 2017 wurden im Freistaat mehr als 16.500 Beamte körperlich oder verbal angegriffen, das waren 80 Betroffene mehr als 2016. Landesweit wurden mehr als 7300 Fälle gezählt – knapp 90 weniger als im Vorjahr. Die Zahlen blieben damit dennoch auf „bedenklich hohem Niveau“, sagte Herrmann. Die Staatsregierung schützt die Polizisten mit besserer Ausrüstung und spezieller Ausbildung.

Ein solches Ausmaß an Hass und Gewalt gegen unsere Einsatzkräfte ist absolut inakzeptabel.

Joachim Herrmann (CSU), Bayerns Innenminister

„Besonders erschreckend ist, dass 14 versuchte Tötungsdelikte erfasst wurden“, sagte Herrmann. Ihm bereite die Entwicklung große Sorgen. „Ein solches Ausmaß an Hass und Gewalt gegen unsere Einsatzkräfte ist absolut inakzeptabel.“ Der Angriff auf eine 26 Jahre alte Beamtin im Juni 2017 am S-Bahnhof in Unterföhring bei München zeige, welch „erschreckende Dimension“ die Gewalt gegen Polizisten erreicht habe. Ein psychisch kranker 38-Jähriger hatte damals einem Polizisten die Dienstwaffe entrissen und dessen Kollegin damit in den Kopf geschossen.

Zuwanderer besonders aggressiv

Besonders nahmen die Angriffe auf Polizisten 2016 und 2017 zu, also nach der Flüchtlingskrise. Parallel verzeichnet die Polizei einen erschreckeden Anstieg ausländischer Tatverdächtiger, davon immer mehr Zuwanderer, also Asylbewerber, Geduldete und Flüchtlinge. Der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen beträgt 28,1 Prozent – sie sind im Vergleich zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung also weit überrepräsentiert. Während die Zahl der tatverdächtigen Deutschen um 5,3 Prozent sank, nahm die Zahl der tatverdächtigen Ausländer um 7,1 Prozent zu. 2017 wurden 633 tatverdächtige Zuwanderer erfasst, die Polizeibeamte physisch oder verbal angegriffen haben. Das ist ein starker Anstieg von 42,2 Prozent im Vergleich zu 2016. Insgesamt lag der Anteil der Zuwanderer unter den tatverdächtigen Angreifern auf Polizisten bei 10,4 Prozent – auch dies im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ein erschreckend hoher Wert.

Dann hat er mit den Füßen auf uns eingetreten. Mich traf er im Gesicht.

Ferdinand Prösl, Polizist aus Regensburg, über den Angriff eines Asylbewerbers

Der Regensburger Polizist Ferdinand Prösl berichtete von einem Angriff im August 2017: Ein 20 Jahre alter Dieb – ein irakischer Asylbewerber, der eine Wasserpfeife aus einem Geschäft gestohlen hatte – habe sich heftig gegen seine Festnahme gewehrt, auf Prösl und dessen Kollegen mit beiden Fäusten eingeschlagen. Die beiden Polizisten hätten den Mann dann rücklings zu Boden geworfen. „Dann hat er mit den Füßen auf uns eingetreten. Mich traf er im Gesicht“, erzählte der 32-jährige Polizist. Prösl habe Prellungen im Gesicht und am Handgelenk davongetragen, mehrere Blutergüsse sowie Rückenprobleme. Auch der Kollege sei verletzt worden.

Polizei oft zwischen den Fronten

Der mittelfränkische Polizeipräsident Roman Fertinger erläuterte, die Situation eskaliere oft „aus dem Stand“. Die Kollegen, die gerufen würden, um einen Konflikt zu klären, hätten es mit „Gewalttätern zu tun, die sich eruptionsartig an den Einsatzkräften ausleben“. Die Streithähne solidarisierten sich oft gegen die eintreffende Polizei, die ja eigentlich den Streit schlichten sollte. Mehr als drei Viertel der etwa 6100 registrierten Verdächtigen waren schon zuvor polizeibekannt. Mehr als zwei Drittel hatten vor der Tat Alkohol oder Drogen konsumiert.

Zwar sind nach wie vor die allermeisten Angreifer Männer (86 Prozent), aber die Zahl der Frauen, die Polizisten verbal oder tätlich angreifen, steige merklich, so Herrmann. Auch Frauen nähmen immer öfter an Demonstrationen und Großveranstaltungen teil und konsumierten Alkohol und Drogen, was die Hemmschwelle sinken lasse. 90 Prozent der Fälle waren einfache Körperverletzungen, Widerstandshandlungen und Beleidigungen. In 24 Fällen nutzten die Angreifer eine Schusswaffe. Mehr als 2300 Beamte wurden verletzt, was bayernweit zu mehr als 3100 Ausfalltagen führte. Polizisten des Wach- und Streifendienstes wurden am häufigsten angegriffen – meist in der Nacht und an Wochenenden sowie in den größeren Städten. Allerdings würden auch immer mehr Feuerwehr- und Rettungskräfte angegriffen, so der Innenminister.

Gerade die Gewalteskalation beim G20-Gipfel in Hamburg hat uns erneut gezeigt, wie wichtig die bestmögliche Schutzausstattung für unsere Einsatzkräfte ist.

Joachim Herrmann

Der Freistaat Bayern schütze seine Polizisten besonders, betonte Herrmann – durch moderne Ausrüstung, aber auch durch Ausbildungsmaßnahmen. 2018 erreiche die Investition in moderne Polizeiausrüstung durch die beiden Nachtragshaushalte einen absoluten Höchststand von erstmals über 500 Millionen Euro, genau 507,6 Millionen, so der Minister. Neu seien unter anderem die Dienstpistolen vom Typ Heckler&Koch SFP 9-TR mit 15 statt acht Schuss im Magazin. Außerdem ballistische Helme, Schlagschutzhelme, schusssichere Westen, Distanz-Elektroschockgeräte (Taser) und Bodycams. „Gerade die Gewalteskalation beim G20-Gipfel in Hamburg – wo viele unserer bayerischen Einsatzkräfte eingesetzt waren – hat uns erneut gezeigt, wie wichtig die bestmögliche Schutzausstattung für unsere Einsatzkräfte ist“, erklärte Herrmann. Zudem zeige die Strafrechtsverschärfung des Paragraphen 113 („Angriff auf Vollstreckungsbeamte“) mit einer Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten, die Bayern 2017 angeschoben habe, eine positive Wirkung, so der Minister.