Eine Seilbahn für München. (Bild: StMB/bauchplan)
Verkehr

Eine Seilbahn für München

Im Norden Münchens könnte in den kommenden Jahren eine urbane Seilbahn einen wichtigen Lückenschluss im öffentlichen Nahverkehrssystem bilden. Die Idee für dieses Projekt stellten Verkehrsministerin Ilse Aigner und Münchens OB Dieter Reiter vor.

Gemeinsam stellten Bayerns Verkehrsministerin Ilse Aigner, Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter und Jürgen Büllesbach, Vorstandsmitglied der Schörghuber Unternehmensgruppe, die Idee für eine Seilbahn für München vor.

Schweben über der Straße

Im Norden Münchens könnte in den kommenden Jahren eine urbane Seilbahn einen wichtigen Lückenschluss im öffentlichen Nahverkehrssystem bilden. Auf etwa 4,5 Kilometern Länge könnte über dem Frankfurter Ring – einer der verkehrsreichsten Straßen Münchens – eine schnelle und umsteigefreie Direktverbindung zwischen dem Osten und dem Westen der Landeshauptstadt entstehen. Diese Seilbahn wäre europaweit die erste, die nicht touristischen Zwecken dienen würde, sondern in das öffentliche Nahverkehrssystem integriert werden könnte.

Jede kreative Idee, die uns hilft, Verkehrsinfarkte zu verhindern, verdient eine ernsthafte Prüfung.

Ilse Aigner

„Die Idee einer Seilbahn als Teil des öffentlichen Nahverkehrs für München ist wirklich innovativ. Wir sollten schnell herausfinden, ob sich ein solches Projekt verwirklichen lässt“, erklärte Aigner. „Die Staatsregierung steht urbanen Seilbahnen grundsätzlich positiv gegenüber. Jede kreative Idee, die uns hilft, Verkehrsinfarkte zu verhindern, verdient eine ernsthafte Prüfung.“

OB Reiter ergänzte: „Ich finde die Idee einer Seilbahn spannend, weil sie ganz neue Perspektiven bietet. Eine Seilbahn könnte überraschend viele Passagiere in kurzer Zeit transportieren und wäre gleichzeitig schnell und verhältnismäßig kostengünstig zu realisieren. Zu unserer bereits gestarteten Offensive für den Öffentlichen Nahverkehr, mit neuen U- und Trambahnlinien und Express-Busrouten, gehört auch, neue Mobilitätsformen zu prüfen und München für die Zukunft gut aufzustellen.“

Zunächst als Teststrecke

Bei dem von der Schörghuber Unternehmensgruppe vorgeschlagenen Projekt handelt es sich zunächst um eine Teststrecke, die die Umsetzbarkeit einer Seilbahn im urbanen Raum nachweisen soll.

Die Seilbahn könnte direkt über dem Frankfurter Ring fahren. Hier steht der öffentliche Raum für Strecke und Stationen zur Verfügung, die technische Machbarkeit einer in bis zu 50 bis 60 Meter Höhe fahrenden Seilbahn wäre aufgrund der geraden Streckenführung dort gegeben. Um das Nahverkehrsnetz im Münchner Norden sinnvoll zu ergänzen, könnten vier Stationen auf der Strecke entstehen, die alle Anschlüsse an bereits bestehende U-Bahn- und Tram-Strecken besitzen: Von der östlichen Endstation „Studentenstadt“ ginge es zur ersten Zwischenstation „Schwabing Nord“, dann zur Station „Frankfurter Ring“ und schließlich zur Station „Oberwiesenfeld“. Die beiden Zwischenstationen könnten über dem Straßenraum errichtet werden.

Viele Vorteile der Seilbahn

Eine Urbane Seilbahn bietet gegenüber konventionellen Nahverkehrsmitteln viele Vorteile. So sind nicht nur Energieverbrauch und Lärmbelästigung sehr gering, die Seilbahnkonstruktion an sich benötigt lediglich kleine, abgegrenzte Baufelder für Stützen und Stationen. Bei einer Geschwindigkeit von 8 m/s und einer Kapazität von 32 Personen pro Kabine können 4000 Personen pro Stunde und Richtung transportiert werden – 50 Prozent mehr Kapazität, als sie eine Münchner Tram bietet. Die Kabinen sind barrierefrei zugänglich und entsprechen in Anmutung und Komfort dem Innenraum einer neuen U-Bahn. Planung und Bau dürften schneller zu realisieren sein, als etwa der Bau einer U- oder Tram-Bahn.

Urbane Seilbahnen könnten in Zukunft zum Beispiel dabei helfen, neue Wohngebiete zu erschließen.

Jürgen Büllesbach, Bayerische Hausbau

Die Errichtungskosten für eine derartige Seilbahn dürften bei einer Länge von 4 bis 5 Kilometern mindestens 50 Millionen Euro betragen, deutlich unter den Kosten einer U-Bahn. Genauere Werte können nur in Abhängigkeit von der örtlichen Situation ermittelt werden und im Wesentlichen von Gestaltung und Ausstattung der Stationsbauwerke nebst zugehöriger Seilbahntechnik (Stärke und Anzahl der Elektromotoren, Notfalleinrichtungen) bestimmt. Dies soll die Machbarkeitsstudie klären.

Herausforderung beim Wohnungsbau: Der Verkehr

Die Schörghuber Unternehmensgruppe, seit mehr als 60 Jahren mit ihrem Bau- und Immobilienbereich Bayerische Hausbau in München aktiv, stößt, wie auch viele andere Projektenwickler, bei Neubauvorhaben zunehmend auf verkehrliche Herausforderungen. Diese sind oft innerhalb einer angemessenen Zeitspanne schwer zu lösen. Die Folge: Dringend benötigter Wohnraum kann nicht schnell genug realisiert werden. „Urbane Seilbahnen könnten in Zukunft zum Beispiel dabei helfen, neue Wohngebiete zu erschließen“, sagt Jürgen Büllesbach, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bayerischen Hausbau.

Die Ideenskizze zu dem Projekt finden Sie unter:

http://bauen.bayern.de/vum/seilbahn/index.php

Auch Stuttgart will Seilbahnen

Welche Möglichkeiten urbane Seilbahnen bieten, sollte auch in Stuttgart in einem Pilotprojekt untersucht werden, empfiehlt die vor wenigen Wochen fertig- und jetzt vorgestellte Machbarkeitsstudie „Hoch hinaus in Baden-Württemberg“ des dortigen Verkehrsministeriums. Aufbauend auf der aktuellen Landesstudie will die Stadt jetzt eine Machbarkeitsstudie zu vier möglichen Seilbahnstrecken vergeben.

Für eine mögliche Realisierung hat das Land im Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz eine Fördermöglichkeit geschaffen. In Baden-Württemberg wurde deutlich, dass die öffentliche Auseinandersetzung mit Potenzialen und Schwierigkeiten der Seilbahnen Voraussetzung für das Vertrauen der Bürger in das neue Verkehrsmittel ist. Zwar zeigt die Studie, dass Seilbahnen kein Allheilmittel sind, aber abhängig von den lokalen Gegebenheiten kann sich der Bau dennoch lohnen.